Montag, 06. Mai 2024

Archiv


Das Wandern ist der Planeten Lust

Astronomie. - Die früheste Periode unseres Sonnensystems ist noch relativ unbekannt. Noch immer ist unklar, was genau bei der Entstehung unseres Sonnensystems und kurz danach passiert ist. In der heutigen "Nature" berichten Forscher aus den USA, wie sich die Bahnen der großen Planeten im Sonnensystem verändert haben.

Von Dirk Lorenzen | 26.02.2009
    Der Asteroidengürtel zwischen den Bahnen der Planeten Mars und Jupiter ist seit gut zwei Jahrhunderten bekannt. Zehntausende von steinigen Körpern kreisen dort um die Sonne – die größten haben Ausmaße von einigen hundert Kilometern. Den meisten Astronomen gilt der Asteroidengürtel als Inbegriff der Langeweile: Öde Körper, lange bekannt und beim Blick in die Tiefen des Kosmos allenfalls im Wege. Doch Ranu Malhotra, Astronomin an der Universität von Arizona in Tucson, hat sich den vermeintlich so langweiligen Asteroidengürtel einmal genauer angesehen – und dabei eine überraschende Entdeckung gemacht:

    "Es gibt Bereiche im Asteroidengürtel, in denen viel weniger Asteroiden um die Sonne laufen als von der Theorie her zu erwarten wäre. Schon lange ist bekannt, dass die großen Planeten Jupiter und Saturn mit ihrer Anziehungskraft die Bahnen der Asteroiden stark beeinflussen. Wir haben jetzt die Geschichte der Asteroiden simuliert: Wir sind von einem schön gleichmäßig besetzten Asteroidengürtel kurz nach der Entstehung des Sonnensystems ausgegangen. Dann haben wir in unserer Simulationen verfolgt, was sich im Laufe von vier Milliarden Jahren tut – und das mit den heutigen Beobachtungen verglichen: Es zeigt sich, dass die Planeten die heutige Verteilung der Asteroiden nicht voll erklären können."

    Jupiter und Saturn schubsen mit ihrer Anziehungskraft die Asteroiden aus bestimmten Bahnen. Manche Bereiche im Asteroidengürtel sind daher komplett leer gefegt. Diese Lücken im Gürtel lassen sich bestens erklären. Ranu Malhotra und ihr Team haben nun aber entdeckt, dass in anderen Bereichen des Asteroidengürtels viel mehr Objekte zu erwarten wären. Dass diese Asteroiden nicht da sind, lässt für die Astronomen nur einen Schluss zu:

    "Die Planeten waren nicht immer auf den Bahnen, auf denen sie heute laufen. Jupiter und Saturn müssen ihre Bahnen im Laufe der Geschichte des Sonnensystems deutlich verändert haben: Jupiter ist nach innen gelaufen, Saturn nach außen gedriftet. Wenn wir die sich ändernden Bahnen der Planeten im Sonnensystem berücksichtigen, stimmen unsere Simulationen genau mit den heutigen Beobachtungen des Asteroidengürtels überein!"

    Nach den Daten der Astronomen ist Jupiter etwa 30 Millionen Kilometer weiter von der Sonne entfernt entstanden und dann langsam nach innen gewandert. Saturn dagegen ist im Laufe der Zeit um gut 200 Millionen Kilometer weiter nach außen gedriftet. Die Bahnen der Planeten haben sich durch Kollisionen mit anderen Körpern oder sehr enge Vorbeiflüge verändert. Dass die großen Planeten einst auf anderen Bahnen liefen, zeigt sich noch heute in der Verteilung der Asteroiden. Was aber ist aus den fehlenden Asteroiden geworden? Malhotra:

    "Die Planeten müssen ihre Bahnen vor etwa vier Milliarden Jahren verändert haben, also sehr früh in der Geschichte des Sonnensystems. Von unserem Mond wissen wir, dass er vor 3,9 Milliarden Jahren einem starken Beschuss von großen Objekten ausgesetzt war. Dort sind vermutlich genau die Asteroiden eingeschlagen, die die Planeten bei ihrer Wanderung auf andere Bahnen aus dem Asteroidengürtel gelenkt haben."

    Heute sind die Bahnen von Planeten und Asteroiden sehr stabil. Aber die großen dunklen Flecken auf dem Mond und die fehlenden Asteroiden zwischen Mars und Jupiter zeigen noch immer, dass unser Sonnensystem eine buchstäblich sehr bewegte Anfangsphase hatte.