Sandra Schulz: Türland oder Deutschkei. Für viele steht der Gewinner schon vor der Begegnung Deutschland-Türkei bei der EM heute Abend in Basel fest, nämlich beide, was natürlich nichts daran ändert, dass nur eine Mannschaft ins Finale kommen kann. Auf ein fröhliches deutsch-türkisches Volksfest hofft - wohl als Stellvertreter für viele - Bundesaußenminister Steinmeier, aber auch darauf, dass niemand den Versuch unternehme, das Fest zu stören. Auch von einem Integrationstest ist die Rede. Mehr als zwei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln leben in Deutschland, rund 200.000 davon in der Hauptstadt. Dort hängen schon seit Tagen deutsche und türkische Flaggen nebeneinander in den Vorgärten und mit Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bin ich jetzt verbunden. Guten Morgen!
Klaus Wowereit: Guten Morgen Frau Schulz!
Schulz: Herr Wowereit, unter welcher Überschrift wird der 25. Juni 2008 in die Geschichte der deutsch-türkischen Integration eingehen?
Wowereit: Ich denke es wird ein großes Fußballfest werden, wo zwei Mannschaften um den Sieg kämpfen, aber die Fans, egal wer gewinnt, friedlich miteinander feiern werden.
Schulz: Die SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten Gesine Schwan hofft, dass es zu keinerlei Feindseligkeiten komme. An wen richtet sich dieser Appell denn mehr, an die deutsche oder an die türkische Seite?
Wowereit: Ich glaube an jeden, weil Fußball verbindet wie man sieht. Es ist ein großes Ereignis: die Europameisterschaft. Da gibt es Emotionen und Emotionen sind nicht immer zu beherrschen. Aber ich glaube es gibt insgesamt eine sehr, sehr versöhnliche friedliche Stimmung, weil erstens die türkische Mannschaft stolz darauf sein kann, im Halbfinale zu sein, und die Fans freuen sich darüber. Wer hätte das geglaubt, dass die Türkei mit so fulminanten Siegen vor allen Dingen immer in der letzten Sekunde ins Halbfinale kommt. Und die Deutschen können auch stolz sein, im Halbfinale zu sein. Deshalb glaube ich sind die Voraussetzungen ganz gut.
Schulz: Fürchten Sie Ausschreitungen?
Wowereit: Nein, die fürchte ich nicht und da wo sie passieren sollten, wird die Polizei sofort einschreiten. Aber ich gehe mal davon aus, das wird ganz friedlich werden. Ich habe da überhaupt gar keine Befürchtungen.
Schulz: Wie unterscheidet sich das Sicherheitskonzept 1,2 Kilometer Fanmeile am Brandenburger Tor vom Sicherheitskonzept vor zwei Jahren zur WM?
Wowereit: Es ist alles nicht so hochgerüstet, weil das war damals eine ganz andere Situation. Es gab auch gar keine Erfahrungen mit so großen Fanmeilen. Jetzt gibt es die Routine. Wir können auch nicht davon ausgehen, dass heute eine Million Menschen dort hinkommen, aber 500.000 werden es sicherlich werden. Das heißt die Veranstalter wissen, worauf es ankommt. Sie wissen, was sie zu tun haben. Deshalb wird das ganz entspannt sein.
Schulz: Sie wissen, was sie zu tun haben. Sie sagen aber auch, wenn es Ausschreitungen gibt wisse die Polizei, was sie zu tun habe. Heißt das, dass Sie Ausschreitungen nicht ausschließen?
Wowereit: Na gut, wer kann bei Fußball und Emotionen was ausschließen. Ich gehe aber wirklich davon aus, wir müssen uns keine Sorgen machen, die hier oberhalb des Maßes liegen, die bei sonstigen Fußballspielen irgendwo eine Rolle spielen. Im Gegenteil! Ich glaube, dass so eine Europameisterschaft anders als bei den Hardcore-Fußballfans abläuft, die manchmal aufeinander treffen. Das kennen wir aus Deutschland, wenn deutsche Mannschaften gegeneinander spielen, was da teilweise abgeht. Das ist schon ziemlich schlimm. Aber unsere Erfahrung ist bei der Weltmeisterschaft gewesen und bislang ja jetzt auch bei der Europameisterschaft: Das ist eine ganz andere Atmosphäre. Da lassen sich die Leute anstecken von Fußball, die sonst nie auf die Idee kämen, ins Stadion zu gehen. Also auch ein Familienfest im weitesten Sinne des Wortes. Dadurch kriegt das alles eine ganz andere und friedliche Atmosphäre.
Schulz: Trotzdem fällt ja auf, dass es diese Warnungen vor Feindseligkeiten, vor Provokation, diese ganz ausdrücklichen Warnungen ja gibt. Solche Töne haben wir vor der Partie Deutschland-Portugal ja nicht gehört. Werfen nicht gerade solche Warnungen auch einen Schatten auf das deutsch-türkische Verhältnis?
Wowereit: Nein, das glaube ich nicht. Es liegt hier einfach schlichtweg daran, dass viel mehr natürliche Fans der türkischen Mannschaft in Deutschland leben. In einer Stadt wie Berlin, wo wirklich viel mehr als 200.000 Menschen türkischer Herkunft sind, ist doch völlig klar: Da sind die für ihre Mannschaft, genauso wie die deutschstämmigen Berliner für die Deutschen sind. Da gibt es ja gar nichts zu vertun, sondern es ist normal. Dann gibt es aber auch sehr viele - und das ist das schöne. Ich sehe dauernd in Berlin Autos, wo beide Flaggen zu sehen sind. Das ist ja das schöne. Ich kenne viele Deutsche, die tragen die Trikots der türkischen Nationalmannschaft und umgekehrt. Ich bin auch stolz und zufrieden darüber, dass sehr viele türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger hier immer erklärt haben, egal wer gewinnt, wir gewinnen ja sowieso. Wir sind Vertreter beider Mannschaften und das ist ein schönes Zeichen.
Schulz: Was ist denn wichtiger, die Partie heute Abend oder Integrationsgipfel?
Wowereit: Man darf das auch heute nicht überhöhen. Wir haben millionenfach gelebte Integration, die wunderbar funktioniert, und wir haben aber auf der anderen Seite auch große Probleme, weil in der zweiten, dritten Generation leider noch eine Parallelwelt stattfindet und eben keine Integration - vor allen Dingen aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse.
Schulz: Welches Signal geht davon aus, Herr Wowereit, dass in Deutschland geborene Spieler - zum Beispiel Hamit Altıntop - für die türkische Mannschaft antreten?
Wowereit: Das ist doch aber ein schönes Zeichen. Das war aber bei der kroatischen Mannschaft auch. Da waren drei Spieler aus Berlin dabei. Das ist heute international so. Ich denke wo ist das Problem? Ich sehe es überhaupt gar nicht, sondern erst mal steht der sportliche Wettbewerb im Mittelpunkt. Und wenn damit bewiesen wird - das sehe ich jetzt mal positiv -, dass alle Befürchtungen, die da sind, völlig vergebens waren, dann ist das auch ein schönes Zeichen.
Schulz: Der türkische Trainer soll nach dem Spiel gegen Kroatien gesagt haben, dass Allah das Tor zur Ehre der Nation geschenkt habe. Was kann man tun gegen solche Überhöhungen?
Wowereit: Es gibt natürlich auch eine Rhetorik und wir wissen auch immer, dass Politik auch mit im Spiel ist - in der Türkei genauso wie in Deutschland. Warum zeigen sich Politiker immer gerne auch in der Nähe des Fußballs? Es wird ja auch heute in Basel wieder eine große Demonstration von Politik geben und erst recht dann beim Finale in Wien. Das ist auch klar! Heute ist so ein Spiel, so eine Auseinandersetzung auch irgendwo ein Teil der Politik. Das können wir gar nicht mehr verhindern. Man sollte es aber wie gesagt runterfahren auf das, was es ist. Es ist ein Fußballspiel, wo zwei Mannschaften gewinnen wollen. Das sollen sie mit fairen Mitteln tun und die Fans sollen das respektieren und dann gemeinsam feiern, weil es wird ein großes Fußballfest werden.
Schulz: In Basel wird Bundeskanzlerin Merkel neben dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan auf der Tribüne sitzen. Welche Gespräche erwarten Sie?
Wowereit: Soweit ich informiert bin kommt Erdogan gar nicht, aber das werden wir dann erst mal sehen, weil der Staatspräsident kommt. Ich denke mal, dass so viel Vertrauen auch da ist, dass es neben dem Fußball vielleicht noch Gesprächsstoff für das eine oder andere politische Thema gibt.
Schulz: Herr Wowereit, und wer kommt ins Finale?
Wowereit: Na Deutschland!
Schulz: Klare Sache! - Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Haben Sie vielen Dank!
Klaus Wowereit: Guten Morgen Frau Schulz!
Schulz: Herr Wowereit, unter welcher Überschrift wird der 25. Juni 2008 in die Geschichte der deutsch-türkischen Integration eingehen?
Wowereit: Ich denke es wird ein großes Fußballfest werden, wo zwei Mannschaften um den Sieg kämpfen, aber die Fans, egal wer gewinnt, friedlich miteinander feiern werden.
Schulz: Die SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten Gesine Schwan hofft, dass es zu keinerlei Feindseligkeiten komme. An wen richtet sich dieser Appell denn mehr, an die deutsche oder an die türkische Seite?
Wowereit: Ich glaube an jeden, weil Fußball verbindet wie man sieht. Es ist ein großes Ereignis: die Europameisterschaft. Da gibt es Emotionen und Emotionen sind nicht immer zu beherrschen. Aber ich glaube es gibt insgesamt eine sehr, sehr versöhnliche friedliche Stimmung, weil erstens die türkische Mannschaft stolz darauf sein kann, im Halbfinale zu sein, und die Fans freuen sich darüber. Wer hätte das geglaubt, dass die Türkei mit so fulminanten Siegen vor allen Dingen immer in der letzten Sekunde ins Halbfinale kommt. Und die Deutschen können auch stolz sein, im Halbfinale zu sein. Deshalb glaube ich sind die Voraussetzungen ganz gut.
Schulz: Fürchten Sie Ausschreitungen?
Wowereit: Nein, die fürchte ich nicht und da wo sie passieren sollten, wird die Polizei sofort einschreiten. Aber ich gehe mal davon aus, das wird ganz friedlich werden. Ich habe da überhaupt gar keine Befürchtungen.
Schulz: Wie unterscheidet sich das Sicherheitskonzept 1,2 Kilometer Fanmeile am Brandenburger Tor vom Sicherheitskonzept vor zwei Jahren zur WM?
Wowereit: Es ist alles nicht so hochgerüstet, weil das war damals eine ganz andere Situation. Es gab auch gar keine Erfahrungen mit so großen Fanmeilen. Jetzt gibt es die Routine. Wir können auch nicht davon ausgehen, dass heute eine Million Menschen dort hinkommen, aber 500.000 werden es sicherlich werden. Das heißt die Veranstalter wissen, worauf es ankommt. Sie wissen, was sie zu tun haben. Deshalb wird das ganz entspannt sein.
Schulz: Sie wissen, was sie zu tun haben. Sie sagen aber auch, wenn es Ausschreitungen gibt wisse die Polizei, was sie zu tun habe. Heißt das, dass Sie Ausschreitungen nicht ausschließen?
Wowereit: Na gut, wer kann bei Fußball und Emotionen was ausschließen. Ich gehe aber wirklich davon aus, wir müssen uns keine Sorgen machen, die hier oberhalb des Maßes liegen, die bei sonstigen Fußballspielen irgendwo eine Rolle spielen. Im Gegenteil! Ich glaube, dass so eine Europameisterschaft anders als bei den Hardcore-Fußballfans abläuft, die manchmal aufeinander treffen. Das kennen wir aus Deutschland, wenn deutsche Mannschaften gegeneinander spielen, was da teilweise abgeht. Das ist schon ziemlich schlimm. Aber unsere Erfahrung ist bei der Weltmeisterschaft gewesen und bislang ja jetzt auch bei der Europameisterschaft: Das ist eine ganz andere Atmosphäre. Da lassen sich die Leute anstecken von Fußball, die sonst nie auf die Idee kämen, ins Stadion zu gehen. Also auch ein Familienfest im weitesten Sinne des Wortes. Dadurch kriegt das alles eine ganz andere und friedliche Atmosphäre.
Schulz: Trotzdem fällt ja auf, dass es diese Warnungen vor Feindseligkeiten, vor Provokation, diese ganz ausdrücklichen Warnungen ja gibt. Solche Töne haben wir vor der Partie Deutschland-Portugal ja nicht gehört. Werfen nicht gerade solche Warnungen auch einen Schatten auf das deutsch-türkische Verhältnis?
Wowereit: Nein, das glaube ich nicht. Es liegt hier einfach schlichtweg daran, dass viel mehr natürliche Fans der türkischen Mannschaft in Deutschland leben. In einer Stadt wie Berlin, wo wirklich viel mehr als 200.000 Menschen türkischer Herkunft sind, ist doch völlig klar: Da sind die für ihre Mannschaft, genauso wie die deutschstämmigen Berliner für die Deutschen sind. Da gibt es ja gar nichts zu vertun, sondern es ist normal. Dann gibt es aber auch sehr viele - und das ist das schöne. Ich sehe dauernd in Berlin Autos, wo beide Flaggen zu sehen sind. Das ist ja das schöne. Ich kenne viele Deutsche, die tragen die Trikots der türkischen Nationalmannschaft und umgekehrt. Ich bin auch stolz und zufrieden darüber, dass sehr viele türkische Mitbürgerinnen und Mitbürger hier immer erklärt haben, egal wer gewinnt, wir gewinnen ja sowieso. Wir sind Vertreter beider Mannschaften und das ist ein schönes Zeichen.
Schulz: Was ist denn wichtiger, die Partie heute Abend oder Integrationsgipfel?
Wowereit: Man darf das auch heute nicht überhöhen. Wir haben millionenfach gelebte Integration, die wunderbar funktioniert, und wir haben aber auf der anderen Seite auch große Probleme, weil in der zweiten, dritten Generation leider noch eine Parallelwelt stattfindet und eben keine Integration - vor allen Dingen aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse.
Schulz: Welches Signal geht davon aus, Herr Wowereit, dass in Deutschland geborene Spieler - zum Beispiel Hamit Altıntop - für die türkische Mannschaft antreten?
Wowereit: Das ist doch aber ein schönes Zeichen. Das war aber bei der kroatischen Mannschaft auch. Da waren drei Spieler aus Berlin dabei. Das ist heute international so. Ich denke wo ist das Problem? Ich sehe es überhaupt gar nicht, sondern erst mal steht der sportliche Wettbewerb im Mittelpunkt. Und wenn damit bewiesen wird - das sehe ich jetzt mal positiv -, dass alle Befürchtungen, die da sind, völlig vergebens waren, dann ist das auch ein schönes Zeichen.
Schulz: Der türkische Trainer soll nach dem Spiel gegen Kroatien gesagt haben, dass Allah das Tor zur Ehre der Nation geschenkt habe. Was kann man tun gegen solche Überhöhungen?
Wowereit: Es gibt natürlich auch eine Rhetorik und wir wissen auch immer, dass Politik auch mit im Spiel ist - in der Türkei genauso wie in Deutschland. Warum zeigen sich Politiker immer gerne auch in der Nähe des Fußballs? Es wird ja auch heute in Basel wieder eine große Demonstration von Politik geben und erst recht dann beim Finale in Wien. Das ist auch klar! Heute ist so ein Spiel, so eine Auseinandersetzung auch irgendwo ein Teil der Politik. Das können wir gar nicht mehr verhindern. Man sollte es aber wie gesagt runterfahren auf das, was es ist. Es ist ein Fußballspiel, wo zwei Mannschaften gewinnen wollen. Das sollen sie mit fairen Mitteln tun und die Fans sollen das respektieren und dann gemeinsam feiern, weil es wird ein großes Fußballfest werden.
Schulz: In Basel wird Bundeskanzlerin Merkel neben dem türkischen Ministerpräsidenten Erdogan auf der Tribüne sitzen. Welche Gespräche erwarten Sie?
Wowereit: Soweit ich informiert bin kommt Erdogan gar nicht, aber das werden wir dann erst mal sehen, weil der Staatspräsident kommt. Ich denke mal, dass so viel Vertrauen auch da ist, dass es neben dem Fußball vielleicht noch Gesprächsstoff für das eine oder andere politische Thema gibt.
Schulz: Herr Wowereit, und wer kommt ins Finale?
Wowereit: Na Deutschland!
Schulz: Klare Sache! - Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Haben Sie vielen Dank!