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Datenreiten per Handy

Vollmundig waren die Versprechung in Zeiten des Internet-Booms, als mit UMTS das mobile Websurfen allerorten angepriesen wurde. Nach zögerlicher Umsetzung stehen jetzt diese Datendienste endlich zur Verfügung. Zwar mangelt es noch an Endgeräten, doch zumindest das Datenreiten per Laptop und Funkkarte klappt in der Praxis erfreulich zuverlässig. Der Deutschlandfunk machte sich auf zum Praxistest zwischen Köln und Bonn.

Von Dietmar Reiche |
    Die Installation des mitgelieferten Kommunikations-Programmes läuft auf dem Notebook reibungslos. Auch Computernutzer ohne große PC-Kenntnisse werden problemlos durch das Programmmenü geführt. In der Windows-Welt fühlt sich das Vodafone-Programm sichtlich wohl. Betriebssysteme für Apple oder Linux werden offziell nicht unterstützt. Nur kurz stockt die Installtionsroutine, weil das Programm die UMTS-Datenkarte bereits im Rechner vermutet. Nach einem Neustart geht es dann aber los. Das so genannte Dash-Board – die Kommunikationszentrale - erinnert stark an die GPRS-Zeiten. Rote Farben, altes Design, kaum Zusatzfunktionen – Vodafone knüpft hier an den bereits eingeführten Haus-Standard an und verwirrt nicht mit technischen Spielereien. Das Programm bleibt das Herzstück für E-Mail, SMS oder Messenger. Nach Eingaben der PIN-Nummer meldet sich der Rechner automatisch am UMTS-Netz an. Das dauert ein paar Sekunden – doch nach kurzer Zeit signalisieren kleine Empfangsbalken auf dem Display die Signalstärke. Im Kölner-Bonner Raum – ein durchaus überschaubares Testgebiet – war der Empfang auch in geschlossenen Räumen stets gut. Das Surfen im Internet dürfte für ISDN-geplagte Nutzer eine wahre Freude sein. Nach einer kaum spürbaren Verzögerung bauen sich die Internet-Seiten zügig auf. Beim Laden von großen Dateien kommt UMTS im Schnitt auf Geschwindigkeiten zwischen 240 und 310 Kilobit pro Sekunde. Das entspricht nicht ganz den versprochenen 384 Kilobit. Dazu Oliver Mauss Produktmanager von Vodafone:

    384 Kilobit ist der vom Standard angegebene Maximalwert. Die Geschwindigkeiten, die man in der Praxis erreicht, sind natürlich niedriger. Das ist klar und das sagen wir auch.

    Das reicht aber alle mal. Umso mehr glänzt UMTS mit Systemstabilität. Die Verbindung wird fast nie unterbrochen. Selbst das Laden einer knapp 100 Megabyte großen Datei schluckt das Netz ohne Probleme. Nach gut zwei Stunden ist der Spuk vorbei und die Datei sicher auf dem eigenen Rechner. Selbst die fleißigsten Außendienstmitarbeiter werden hier nicht enttäuscht. Beim Übertragen in die Gegenrichtung zeigen sich dann aber die Schwächen von UMTS, zumindest wenn der Standard nicht geändert wird. Magere 50 von möglichen 64 Kilobit pro Sekunde leistet die Testkarte. Wer schnell noch eine Powerpoint-Präsentation ins Büro schicken will, braucht da schon ein wenig Zeit. Doch so richtig interessant wird es erst bei Medien-Darstellungen. Der Deutschlandfunk lässt sich im Internet als Livestream ohne Probleme hören. Das konnte auch schon das deutlich langsamere GPRS. In Sachen Fernsehen hat UMTS aber die Nase vorn. Der Nachrichtensender N-TV war stets zu erreichen, allein bei der "Tagesschau" saß der Testkandidat ständig in der zweiten Reihe und kämpfte mit Verbindungsproblemen.

    Doch wie sieht es mit der eigenen Mobilität aus. Der Härtetest: Das Notebook kommt auf den Beifahrersitz des PKW, natürlich angeschnallt, und los geht die Fahrt. Radio hören mit dem Laptop ist kein Problem, Fernsehen ebenfalls - nur die Aufmerksamkeit im Verkehr lässt zu wünschen übrig. Ständig wandert der Blick zum Laptop. Ansonsten ist die UMTS Verbindung ist stabil, der Empfang störungsfrei. Mit 50 Kilometer pro Stunde geht es durch die Häuserschluchten in Richtung Stadtgrenze. Hier schlägt die letzte Stunde von UMTS. Unaufhaltsam rollt der Wagen unsichtbar aus der UMTS-Funkzelle. Dann schaltet die Karte in den langsamen GPRS Betrieb. Starke Störungsgeräusche im GPRS Betrieb lassen das Notebook wie ein altes Moped knattern. Produktmanager Oliver Mauss:

    Das sind Probleme, die mit der Abschirmung und Abstrahlung der Karte in das Notebook zu tun haben. Vielleicht ist das Notebook nicht so abgeschirmt, wie es andere Notebooks sind, die vielleicht unempfindlicher sind. Das sind Dinge, die wir in den kommenden Produkten abstellen wollen. Klar, natürlich ist das unschön. Was man kurzfristig tun kann, ist, dass man eine externe Antenne anschließt und dafür sorgt, dass die Abstrahlung eben nicht direkt am Notebook stattfindet, sondern die Antenne wird dann oben am Bildschirm befestigt und so gewinnt man etwas Abstand.

    Nach Angaben von Oliver Mauss handelt sich hierbei um Einzelfälle. Die Mehrzahl der Kunden könne problemlos mit ihren Laptops im UMTS-Netz arbeiten. Wie viele Anwender bereits so im Netz sind, darüber schweigt sich Vodafone aus. Nur soviel: Das Netz sei in dieser Phase nicht ausgelastet. Unklar bleibt auch noch die Frage, wie der Netzbetreiber in Zukunft die Prioritäten bei Sprach- und Datendienste setzt. Schärfster Konkurrent für UMTS und deren Datendienste könnten aber vielleicht schon bald die WLAN`s werden, die lokalen Funknetze mit schneller DSL-Internetanbindung. Auf der gut zweistündigen Testfahrt quer durch Köln entdeckte das Laptop über zehn Funknetze, die Hälfte überdies offen wie ein Scheunnentor und ungesichert.