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Datenschützer befürchten ein Aufweichen des Fernmeldegeheimnisses

Gegen die Stimmen der Opposition hat der Bundestag vergangene Woche das sogenannte Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz verabschiedet. Darin ist die Einrichtung der Regulierungsbehörde geregelt, die zum Jahresanfang die Nachfolge des Bundespostministeriums antritt. Daneben sieht das Gesetz aber auch eine Reihe von Vorschriften zum Abhören von Kommunikationsdiensten vor.

Gernot Beißmann, Manuel Kiper, Klaus Rupert |
    Ab dem nächsten Jahr müssen auch private Netzbetreiber technische Überwachungsschnittstellen für Bundesbehörden einrichten - im Sinne der Verbrechensbekämpfung und auf eigene Kosten. Gefordert hatten den Zugriff auf interne Firmennetzwerke vor allem der BND und das Zollkriminalamt. Der postpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Manuel Kiper, sieht hingegen das Fernmeldegeheimnis schwinden und Grundrechte zur bloßen "Dekoration" verkommen. "Solch eine Schnittstelle ist immer auch eine Einbruchsstelle für die Konkurrenz und von daher schädlich für die Wirtschaft", so Kiper.

    Dem Bundesrat aber gingen die Änderungen noch nicht weit genug. Auf Initiative des bayrischen Innenministers Beckstein drängte die Länderkammer auf den Einsatz eines neuartigen Horchwerkzeugs, des sogenannten IMSI-Catchers. Das Gerät verhalte sich gegenüber einem digitalen Mobiltelefon wie eine Basisstation und könne einem aktiv gemeldeten Handy damit die sorgsam verborgene Teilnehmerkennung entlocken. Zur Ermittlung des Inhabers wäre es für die Strafverfolgungsbehörden nur ein kleiner Schritt. Außerdem könne der IMSI-Catcher durch Vortäuschen eines Fehlers die als sicher geltende Gesprächsverschlüsselung neutralisieren. Mobilfunkanbieter wie die Telekom-Tochter T-Mobil befürchten hingegen unkalkulierbare Störungen im Netzbetrieb, sollten IMSI-Catcher tatsächlich eingesetzt werden. Diese Gefahr sieht auch Klaus Rupert, Referatsleiter für zentrale Rechtsangelegenheiten beim Bundespostministerium: "Beim Einsatz ist nicht nur der Observierte betroffen. Alle Handies, die sich in der näheren Umgebung im Stand-By-Betrieb befinden, sind dann für kurze Zeit blockiert." Rupert weist aber darauf hin, daß nach Vorstellung der Regierung IMSI-Catcher nicht in das Fernmeldegeheimnis eingreifen sollen. Hinter vorgehaltener Hand räumen Experten aber die Gefahr von Industriespionage ein. Der Frankfurter Jurist und Datenschutzfachmann Johann Bizer rät deshalb zu einem drastischen Schritt: Man könne der Wirtschaft nur nahelegen, vorerst aufs Handy zu verzichten.