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Datenschutz & Co.
Die Bundesregierung und die Netzpolitik

Mit dem neu benannten Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur will die Bundesregierung der Netzpolitik mehr Gewicht verleihen. Tatsächlich bleiben Themen wie Datenschutz und -sicherheit aber auch in Zukunft auf verschiedene Ministerien verteilt.

Von Falk Steiner | 30.12.2013
    Viel wurde 2013 über ein Internetministerium spekuliert, nun ist es irgendwie da – und auch nicht: Das Ministerium für Verkehr heißt nun Ministerium für Verkehr und Digitale Infrastrukturen – Hausherr ist der CSU-Minister Alexander Dobrindt. Der kündigte gegenüber der "Bild am Sonntag" an, dass er den Deutschen das "schnellste Netz der Welt" schaffen wolle. Das dürfte ein Kraftakt werden: bei den schnellsten Übertragungstechnologien, der Glasfasertechnologie, liegt die Bundesrepublik nur auf Rang 27 der 36 OECD-Staaten – nur 0,3 Prozent der Internetzugänge erfolgen über diese Technologie. Zum Vergleich: in Schweden sind es 10,9 Prozent, in Japan 18,5 und in Südkorea 22,3 Prozent.
    Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz sieht das Problem auch im Zuschnitt der Ministerien:
    "Jetzt hat man das Wort Internet ja nun einem Ministerium zugeordnet, dem Verkehrsministerium - und da kann man nur feststellen: es ist im Grunde ein Etikettenschwindel, das, was wir bisher erfahren haben an Zuständigkeit, geht wirklich nur um relativ triviale Infrastrukturfragen, nämlich Erde aufbuddeln, Kabel reinlegen, Erde zubuddeln."
    Kosten darf das Buddeln den Bund allerdings nichts. Während das Wirtschaftsministerium noch vor wenigen Wochen ausrechnen ließ, dass ein wirklich schnelles Internet je nach Technologie voraussichtlich 25 bis 85 Milliarden Euro Investitionen erfordern würde, konnte Finanzminister Schäuble schon dem vergleichsweise bescheidenen Wunsch der Netzpolitiker nach einer Milliarde Euro für den Netzausbau nicht zustimmen.
    Die sonstigen Zuständigkeiten für die Netzpolitik bleiben auch im Jahr 2014 kreuz und quer über die Ministerien verteilt. Datenschutz und Datensicherheit, darum sollen sich das CDU-geführte Bundesinnenministerium, aber irgendwie auch das Justiz und Verbraucherschutz-Ressort unter dem SPD-Minister Heiko Maas kümmern. Dabei dürfte gerade hier eines der größten Probleme liegen.
    Die NSA-Affäre hat alle bisherigen Bemühungen um einen besseren Datenschutz kalt erwischt. Die Bemühungen seitens der Bundesregierung tragen bislang kaum Früchte, und auch ein No-Spy-Abkommen, das die Kanzlerin, der ehemalige Innenminister und der ehemalige Kanzleramtsminister forcierten, dürfte das Problem kaum lösen, wie CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl erläutert:
    "Was nützt zum Beispiel ein No-Spy-Abkommen, das mehr oder weniger hochrangig unterzeichnet wird, an das sich aber niemand hält oder von niemandem kontrolliert und überprüft werden kann, ob man sich dran hält? Wenn Sie jetzt internationale Abkommen fordern, ist das von der Sache her richtig, aber der Realist weiß, dass es dazu in unseren Lebzeiten kaum kommen wird. Aber man kann es ja mal fordern."
    Die Zukunft des Datenschutzes dürfte daher auch eine der wirtschaftlichen Machtpolitik werden. Hans-Peter Uhl fordert:
    "Amerikanische IT-Firmen, die unsere Kommunikation bewerkstelligen und vom amerikanischen Gesetzgeber verpflichtet werden, alle Daten auszuleiten an die NSA, können in Deutschland keinen Auftrag mehr bekommen."
    Das umzusetzen wäre wiederum ein Fall für das Innenministerium, das für die Ausschreibungen der öffentlichen Hand verantwortlich ist – und zudem einer für das Wirtschaftsministerium. Dieses soll sich im neuen Kabinett insbesondere um die Belange der Internetwirtschaft kümmern. Doch Geld ist für keines der Vorhaben vorhanden.
    Still geworden ist es um das Urheberrecht. Hier dürfte die Debatte spätestens dann wieder aufkochen, wenn die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU weiter fortgeschritten sind – die Debatte um die ACTA-Verträge im Jahr 2012 könnte hier wiederkehren.
    Ob im Bundestag künftig ein speziell für Netzpolitik zuständiger Ausschuss die digitalpolitischen Fragen klären soll, ist derzeit noch offen: er solle kommen, hieß es erst – aber kein einziges Thema federführend bearbeiten, so die Einschränkung durch die Unionsfraktion. Damit wiederum sind die anderen Parteien nicht einverstanden: ohne eigene Zuständigkeit wäre der Ausschuss wertlos, sagen sie. Im Januar soll darüber nun weiterverhandelt werden.