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David gegen Goliath

Technik. – Das Internet könnte durchaus das Verbreitungsmedium für bewegte Bilder werden. Schon stellen sich kapitalkräftige Unternehmen auf, um dem Zukunftsmarkt ihre Standards aufzuprägen. Ein Open-Source-Projekt mit elf Mitarbeitern tritt gegen sie an.

Von Mariann Unterluggauer |
    "Video dominiert den Medienmarkt. Aber von jeher wird dieses Format von ein paar wenigen Unternehmen kontrolliert. Seitdem Video und Fernsehen im Netz verfügbar ist, gibt es aber die Möglichkeit, es zu einem Medium weiterzuentwickeln, an dem sich die Masse beteiligen kann."

    Miro wurde 2005 gegründet und versucht, als Open-Source-Projekt den Online-Videomarkt aufzumischen. Denn nicht nur das Fernsehen wird von nur wenigen Sendern kontrolliert, sondern auch im Online Video Geschäft zeichnet sich ein ähnliches Szenario ab. Dafür entwickelte Miro einen eigenen Videoplayer, mit integriertem Bit Torrent Client. Damit können hochauflösende Videos wie auch frei verfügbare TV-Programme abgespielt und einfach heruntergeladen werden. Bis zu 4000 Fernsehprogramme hat Miro derzeit im Portfolio: Von Reuters Video-Podcast bis hin zu National Geographic. Auch die Deutsche Welle ist mit im Boot. Die Applikation ist für alle wichtigen Plattformen verfügbar und beherrscht die gängigen Videoformate.

    "”Ganz allgemein gesprochen wollen wir erreichen, dass immer mehr Menschen anfangen Videos zu produzieren, damit mehr und mehr Videos von Einzelpersonen und unabhängigen Filmproduzenten am Markt verfügbar sind.""

    Betrieben wird Miro von der gemeinnützigen amerikanischen Stiftung "Participatory Culture Foundation". Die Form der Stiftung wurde gewählt, um den nichtkommerziellen Charakter des Projekts festzuschreiben, und auch, um sich vor der Gefahr zu schützen, aus dem Markt gekauft zu werden. Das Ziel dieser Stiftung klingt so einfach wie eingängig: offene Videoformate zu verbreiten und freies Publizieren zu fördern. Dementsprechend wurde der Quellcode von Miro unter der GPL-Lizenz veröffentlicht, der General Public Licence. Die GPL ist ein rechtlicher Kniff der Freien Software-Szene, die dafür sorgt, dass Produkte und alle daraus entstehenden neuen Werke immer frei verfügbar bleiben. Mit Hilfe von Open Source Software und offenen Standards, so Holmes Wilson, Mitbegründer von Miro, will man die Möglichkeit des freien Publizierens im Web erhalten.

    Miro ist kein Hosting-Unternehmen, sondern versteht sich primär als Aggregator. Mit Hilfe des Bit Torrent Protokolls wird die Last der umfangreichen Video-Downloads auf die Benutzer aufgeteilt. Von diesem Vorteil des "peer to peer" Protokolls überzeugte sich vor kurzem auch das norwegische öffentlich rechtliche Fernsehen. Das startete Anfang Januar das Experiment, eigenproduzierte Inhalte via Bit Torrent-Protokoll frei zu verteilen und setzte dabei auf Miro. Auf diese Art, so Jesse Patel, Produktmanager von Miro, ersparte sich der Sender einige Tausend Dollars an Übertragungskosten. Im Gegensatz zu iTunes sind die Inhalte bei Miro gratis. Und im Gegensatz zur TV-Plattform Joost, erlaubt Miro jedem Videoproduzent seine Inhalte via RSS-Feeds anzubieten, solange sie frei zugängig sind und nicht mit DRM-Systemen, also Digitalen Kopierschutzverfahren versehen sind. Aber das sind nicht die einzigen Punkte, in denen sich Miro von der Konkurrenz unterscheidet.

    "”Joost verfügt über 45 Millionen Dollar an Venture Kapital. Adobe, vielleicht haben sie davon gehört, ist ein weiterer Konkurrent mit viel Kapital. Wir dagegen sind ein kleines Team mit wenig Geld; Trotzdem treten wir gegen große Unternehmen wie Apple an.""

    Um die europäische TV-Plattform Joost wurde es in letzter Zeit merklich ruhiger. Vor kurzem verkündete das in Amsterdam ansässige Unternehmen, dass es sich von nun an vor allem um den amerikanischen Markt kümmern werde. Ob das für Miro von Vorteil ist, bleibt abzuwarten. Obwohl Miro nicht mehr als 11 Mitarbeiter zählt, soll das Projekt zumindest in den Industriestaaten Präsenz beweisen. Um diesen Plan in die Realität umzusetzen, werben Jesse Patel und Holmes Wilson nicht nur um Programmierer, sondern sie suchen auch Kommunikatoren, Betreuer und Übersetzer. Gemeinsam soll eine Infrastruktur geschaffen werden, auf deren Basis das jetzt noch relativ kleine Open-Source-Projekt den Sprung zu einer größeren Bewegung bewältigen kann. Als großes Vorbild dient Holmes Wilson dabei die Mozilla Foundation, die vor kurzem der "Participatory Culture Foundation" und damit Miro eine großzügige Geldspende zukommen ließ.

    "”Bezüglich der Mission unterscheiden wir uns nicht wesentlich von Mozilla. Wir wollen genauso wie Mozilla ein Werkzeug schaffen, mit dessen Hilfe ein offener Videomarkt möglich ist. Wir wollen uns gegen zentralisierte Systeme zur Wehr setzen. Firefox trat erfolgreich gegen den Internet Explorer von Microsoft an; Wir wollen uns gegen große Medienhäuser und Konkurrenten wie Apple behaupten. Wir wollen einen Platz im Web schaffen der frei ist und ganz auf Open Source setzt.""