Den größten Moment in seiner Sportlerkarriere erlebte Wieland Schmidt am 30. Juli 1980 in Moskau. Es steht 23:22 für die Handball-Nationalmannschaft der DDR im Olympia-Finale gegen die UdSSR. Vier Sekunden sind noch zu spielen, als plötzlich Alexander Karsakjewitsch frei vor DDR-Torhüter Schmidt auftaucht. Karsakjewitsch wirft, doch Schmidt lenkt den Ball mit dem Unterarm auf den Boden, von wo aus er an die Unterkante der Latte prallt. Kein Tor – die DDR ist Olympiasieger. "Dann bin ich losgelaufen und war vollkommen außer Rand und Band, immer noch Gänsehaut-Feeling", sagte Schmidt 40 Jahre später im Dlf. "Das war ein Olympiasieg und das ist etwas ganz besonderes. Man wusste ja auch, wie viele Leute da an DDR-Bildschirmen hingen."
Heute gilt Schmidt in der Handball-Fachwelt als weltbester Torhüter. Neben dem Olympiasieg gewann er in seiner Karriere zwei Mal den Europapokal, wurde Vizeweltmeister und zwei Mal WM-Dritter. Er ist mehrfacher DDR-Meister und Pokalsieger und insgesamt drei Mal als DDR-Handballer der Jahres ausgezeichnet worden.
Trotz der vielen Auszeichnungen und dem historischen Sieg in Moskau fehlt auch der Name Wieland Schmidt in der virtuellen Hall of Fame der Deutschen Sporthilfe. Kein einziger Spieler der damaligen Olympia-Mannschaft ist bisher aufgenommen worden. "Das ist natürlich sehr schade", sagte der 67-Jährige, der heute als Torwarttrainer beim Frauen-Bundesligisten HC Leipzig tätig ist. "Da gab es schon sehr gute Einzelspieler wie Frank-Michael Wahl oder Trainer Paul Tiedemann, der hervorragendes geleistet hat. Da ist man schon ein bisschen traurig, dass wir da nicht berücksichtigt werden. Das kommt mir schon ein bisschen Spanisch vor."
Ein Vorbehalt könnte das nachgewiesene, flächendeckende Zwangsdoping in der DDR sein. Dem hält Schmidt entgegen: "Im Mannschaftssport gab es das überhaupt nicht. Es wird immer gesagt, der Osten habe nur gedopt und hätte deswegen Olympiasieger. Das ist immer noch den Köpfen drin und das finde ich sehr traurig. Die eigentliche super Leistung, die viele im DDR-Sport gebracht haben, wird dadurch nicht anerkannt."
"Wir haben nichts angeboten bekommen"
Laut Ex-DDR-Handballer Frank Hellmuth gehörte es jedoch zum Staatsplan der DDR, mittels Doping zu olympischen Medaillen zu kommen. Unter den Olympia-Siegern von 1980 sei das laut Schmidt aber kein Thema gewesen. "Wir haben nichts angeboten bekommen, wir konnten damit gar nicht umgehen", sagt er. "Im Trainingslager gab es zwar Getränke, aber da kann nichts drin gewesen sein. Wir beschäftigen uns nur damit, was für eine taktische Meisterleistung das damals von uns war und nicht welche medizinische Hochleistung das war." Schmidt beteuert weiter, er sei sich "100-prozentig sicher, dass wir nichts genommen haben. Ich bin ja nicht zur Apotheke gegangen und habe mir was geholt. Außerdem wurden wir auch kontrolliert."
Einer vollumfänglichen Aufarbeitung der Dopingvergangenheit stehe Schmidt aber positiv gegenüber. Die Handballer selbst könnten den Stein dafür aber nicht ins Rollen bringen, sagt er. "Ich wüsste gar nicht, mit wem ich da sprechen sollte und wie ich das anpacken sollte. Ich gebe meine sportlichen Erfahrungen weiter und nicht meine Erfahrung, die ich in diesen Bereichen gesammelt oder nicht gesammelt habe."