"Interview der Woche"
De Maizière fordert Vereinfachungen des Sozialstaates

Der frühere Bundesinnenminister de Maizière mahnt Reformen und Vereinfachungen im deutschen Sozialstaat an. Allein auf der Ebene des Bundes gebe es rund 500 staatliche Leistungen, die von mehr als 30 Behörden abgewickelt würden, sagte der CDU-Politiker im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. Das könne kein effektiver Sozialstaat sein.

    Das Bild zeigt einen lächelnden Thomas de Maizière.
    Der ehemalige Bundesinnen- und Verteidigungsminister Thomas De Maizière (CDU) (picture alliance / Bonn.digital / Marc John)
    De Maizière nannte mehrere weitere Beispiele für Ineffektivität. So habe man etwa im Sozialgesetzbuch, das mehr als 3.000 Paragrafen habe, verschiedene Begriffe von Einkommen. Sogar der Begriff Kind werde unterschiedlich definiert, beklagte de Maizière. Darüber hinaus gebe es Behörden, die ihre Daten nicht austauschten, nicht austauschen dürften oder es technisch nicht könnten. Er fügte hinzu, wenn man dem Sozialstaat einmal seine Daten gebe, sei es nicht zu viel verlangt, dass diese Daten von den verschiedenen Behörden so genutzt würden, dass für den Bürger die günstigste Sozialleistung herauskomme. Das klinge banal, wäre aber eine Revolution, betonte de Maizière.
    Der ehemalige Minister begrüßte, dass Anfang des Jahres die Kommission zur Reform des Sozialstaates ihre Ergebnisse veröffentlichen will. Gemeinsam mit der Unternehmerin Jäkel, dem früheren Bundesfinanzminister Steinbrück und dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Voßkuhle hatte de Maizière die Initiative für einen handlungsfähigen Staat ins Leben gerufen, die ebenfalls Vorschläge gemacht hatte.

    Kritik an Zweckentfremdung des Sondervermögens

    De Maizière äußerte sich ebenfalls zum sogenannten Sondervermögen für Infrastruktur. Als richtig bezeichnete der CDU-Politiker, durch Schulden eine bessere Infrastruktur zu fördern. Dass aber Mittel aus dem Sondervermögen in den Kernhaushalt verschoben worden seien, das bereite ihm Sorgen, sagte de Maizière. Er verstehe die Finanznöte von Ländern und Kommunen, aber ein Sondervermögen für marode Infrastruktur sollte diesem Zweck dienen und nicht allen möglichen anderen.

    Aufnahme von Afghanen

    Mit Blick auf die Debatte um die Aufnahme von gefährdeten Menschen aus Afghanistan kritisierte der frühere Bundesinnenminister, Deutschland sei nicht schnell genug gewesen. Als Minister hatte de Maizière bereits 2014 eine Aufnahme von Ortskräften in Afghanistan zugesagt für den Fall, dass sie bedroht würden. Dass nun Zusagen auch aus dem Ortskräfteverfahren zurückgenommen werden, wollte er nicht bewerten. Er habe Verständnis dafür, dass es schwer sei, die Gefährdung der Personen jetzt, viele Jahre nach dem Abzug, zu prüfen. Stattdessen hätte man schon rund um den Abzug der westlichen Kräfte aktiv werden müssen, betonte de Maizière.
    Das ganze Interview mit Thomas de Maizière können Sie am Sonntag, den 28. Dezember ab 11:05 Uhr im Deutschlandradio hören.
    Diese Nachricht wurde am 26.12.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.