Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Debatte um Gutachten der ARD
"Keine Sprachanweisung"

Die ARD hat ein sogenanntes "Framing-Manual" erstellen lassen. Kritiker sehen darin eine Einflussnahme auf die Wortwahl und Sprache der Mitarbeiter – und eine "Anleitung zur Manipulation". Es handle sich allerdings nur um einen Denkanstoß, sagte ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab im Dlf.

Susanne Pfab im Gespräch mit Mirjam Kid | 19.02.2019
    ARD-Logo am Münchner Funkhaus in der Arnulfstrasse in München (München). Foto: Winfried Rothermel
    Ein "Framing-Manual" der ARD hat viel Kritik ausgelöst (picture alliance / Winfried Rothermel)
    Mirjam Kid: Was entgegnen Sie den Manipulationsvorwürfen?
    Susanne Pfab: Vielleicht erst mal zur Einordnung dieses Framing Manuals, welches ja an die Öffentlichkeit gedrückt worden ist, obwohl es dazu wirklich weder gedacht noch geeignet ist, denn es handelt es sich um ein internes Arbeitspapier, welches als Diskussionsgrundlage verwendet wird. Also es stammt aus einem Diskussionsprozess, ist Teil eines Diskussionsprozesses und gehört auch in den Diskussionsprozess, den wir intern mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen wollen über die Frage, wie stellen wir uns in der Öffentlichkeit dar, wie reden wir über uns selbst. Insofern ist die Aufregung, die jetzt darum passiert, für mich ehrlich gesagt deutlich übertrieben, denn das ist ein ganz normaler Prozess, dass sich ein Unternehmen oder auch eine Institution damit beschäftigt, wie sprechen wir über uns selbst.
    Kid: Die Debatte entfacht sich ja sicherlich auch daran, dass Framing immer wieder insbesondere mit Blick auf rechte Parteien und antidemokratische Gruppierungen kritisch unter die Lupe genommen worden ist. Halten Sie es denn für legitim, sich diese Taktik als öffentlich-rechtlicher Sender zunutze zu machen, also diese bewusste Sprache, die auch bestimmte Welt- und Wertvorstellungen transportieren soll?
    Pfab: Framing ist erst mal gar keine Methode oder Taktik. Framing hat bei uns in Deutschland so eine Konnotation von Manipulation, aber an sich beschreibt es einfach schlicht und ergreifend kognitionswissenschaftliche Erkenntnisse, und genau diese kognitionswissenschaftlichen Erkenntnisse wollten wir uns eben auch anschauen. Ich halte es für richtig und gut, wenn wir uns auch als Medienhaus damit beschäftigen, was sind neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. Und da geht es auch darum, wirklich für Sprache zu sensibilisieren und darauf aufmerksam zu machen, welche Wirkkraft es entfalten kann, und dass man eben sehr verantwortungsvoll mit Sprache umgehen muss.
    "Eine Diskussionsgrundlage"
    Kid: Elisabeth Wehling hat Begriffe für Sie entwickelt, zum Beispiel "medienkapitalistische Heuschrecke", "Profitzensur" oder "ungezügelter Rundfunkkapitalismus", und sie schreibt, dass die Begriffe mit der ARD diskutiert und als stimmig eingestuft worden sind. Wollen Sie also in Zukunft auch mehr auf eine Art Dirty Campaigning setzen, bei der Sie mögliche von Ihnen so identifizierte Gegner in Debatten diskreditieren?
    Pfab: Auf gar keinen Fall. Also noch mal, das Papier ist eine Diskussionsgrundlage. Wie gesagt, es kommt aus einem Diskussionsprozess, und selbstverständlich müssen wir im Einzelnen dann eben uns auch daran reiben. Jede solche Unterlage, die geeignet ist für eine Diskussion, die auch eine Diskussion anregen soll, enthält immer Zuspitzungen. Aber wie die dann verwendet werden, in welchem Kontext es überhaupt auch nur ansatzweise passen könnte oder ob man es verwenden will, das bleibt sowieso jedem selbst überlassen. Aber sie dienen uns eben als Denkanstoß und auch als Auseinandersetzung mit uns selbst, mit unserem Auftrag, mit unserem Wert, mit unseren Leistungen. Und insofern eben, eines ist das Ding jedenfalls nicht und wird es nie sein, eine Sprachanweisung, und erst recht nicht fürs Programm.
    Kid: Darauf wollte ich Sie gerade ansprechen, an wen das nämlich genau gerichtet ist, dieses Gutachten, das ja dann übersetzt "Framing-Anleitung" heißt. Sie sagen also, dass es dezidiert nicht an Redakteure und Moderatorinnen gerichtet, die programmatisch-inhaltlich für die ARD arbeiten, sondern ist nur für die Öffentlichkeitsarbeit gedacht.
    Pfab: Ja. Wenn man sich das Manual anschaut, dann sieht man das auch. Es geht ausschließlich um die Unternehmenskommunikation, und darüber diskutieren wir. Das Papier ist nicht geeignet dazu, es einfach weiterzugeben, weil es eingeordnet werden muss in einen Workshop, in ein Seminar. Normalerweise würde man ja auch nicht Seminarunterlagen einfach weitergeben und verschicken und sagen, so, das ist jetzt ein Papier, das du umzusetzen hast. Man kann übrigens "Manual" auch mit "Handreichung" übersetzen und nicht mit "Anleitung".
    "Wir sind sehr gern transparent"
    Kid: Dass Sie das Gutachten nicht veröffentlichen wollten, das haben Ihnen einige ja auch vorgeworfen. Die journalistische Plattform netzpolitik.org hat es dann getan, sie haben das Gutachten veröffentlicht. Bereuen Sie jetzt im Nachhinein, nicht selbst diesen Schritt gegangen zu sein, auch um zu zeigen, wir sind transparent, und wir stehen zu dem Dokument.
    Pfab: Wir sind sehr gern transparent. Aber es muss auch uns möglich sein, dass wir interne Diskussionsprozesse haben. Dass wir erst mal mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern diskutieren, dass auch wir einen geschützten Raum haben für interne Diskussionen. Und das Papier beschreibt nicht unsere Unternehmenskommunikation, sondern es ist eine Diskussionsgrundlage rund um unsere Kommunikation über uns selbst. Es ist kein Geheimpapier, sondern es ist schlicht und ergreifend nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Und es ist auch nicht gedacht und nicht geeignet für die kommentarlose interne Weitergabe. Insofern, das bedaure ich, dass das überhaupt passiert ist und dass es passieren konnte. Auch die vielen Missverständnisse, die es ausgelöst hat, dadurch, dass es einen missverständlichen Titel trägt.
    Kid: Die ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab über das sogenannte "Framing Manual" der ARD und die Kritik daran. Vielen Dank für das Gespräch!
    Pfab: Sehr gern!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.