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Debütalbum von Imarhan
Tuareg mit "I"

Tuareg-Bands haben fast immer Namen mit "T": Tinariwen, Terakraft oder Tamikrest. Mit dieser Tradition brechen Imarhan auf ihrem gleichnamigen Debut - und auch musikalisch wollen sie ein bisschen weiter gehen als die Pioniere des Wüstenrock. Sie spielen mit Blues-, Rock und Funkelementen, öffnen sich für verschiedene Musikstile.

Von Marlene Küster | 23.04.2016
    Schwarz-Weiß Aufnahme der gesamten Band mit Sänger in der Mitte
    Die algerische Band Imarhan (Pressefoto, City Slang Records)
    "Wir sind die neue Generation der Tuareg. Mit viel Kraft und Energie entwickeln wir den Tuareg-Sound weiter und fügen Blues-, Rock- und Funk-Elemente hinzu - ein globaler Mix."
    Sadam, Anfang 20, Bart, dunkler Lockenschopf, Sänger und Gitarrist aus dem südalgerischen Ort Tamanrasset, spricht leise über das neue Album seiner Band Imarhan. Dieser Name bedeutet in Tamashek, der Berbersprache der Tuareg: Die, die mir etwas bedeuten. Sechs Musiker gehören zur Band. Sadam gibt noch nicht so viele Interviews. Doch je mehr er über seine Musik spricht, desto sicherer wird er:
    " "Tinariwen" sind unsere Vorbilder. Sie sind Pioniere und haben den Wüstenrock auf der ganzen Welt bekannt gemacht. Musikalisch knüpfen wir an ihre Klänge an."
    Sadam bezieht sich auf Tinariwen, eine der ersten Tuareg-Bands, die in den achtziger Jahren einen neuen Sound mit elektrisch verstärkten Gitarren kreierte. Mit ihren Gitarren kämpften sie für die Anerkennung und ein besseres Leben der Tuareg, einem ursprünglich nomadischen Volk in Teilen Algeriens, Malis und des Niger - und das tun sie immer noch. Sadam ist mit den Klängen von Tinariwen in einer Tuareg-Gemeinschaft nordmalischer Abstammung groß geworden. Doch seit den Anfängen von Tinariwen hat sich viel getan.
    Das Internet wird immer wichtiger
    "In unserer Generation spielt das Internet eine sehr große Rolle. Dort finden wir wichtige Inspirationen für unseren Sound."
    Die Band Imarhan leitet die Epoche der Tuareg-Musik im digitalen Zeitalter ein.
    "Übers Internet verbreiten wir unsere Musik. Wir haben unseren ersten Videoclip zum Song Tahabort mit einem Smartphone aufgenommen und ihn dann auf Youtube veröffentlicht. Für Musik gibt es keine Grenzen mehr."
    Tahabort - einer der ersten Songs über einen beliebten Treffpunkt der Musiker etwas außerhalb von Tamanrasset.
    "Im Song geht es um den Marktplatz Tahabort, wo wir uns immer regemäßig treffen, Ideen austauschen, diskutieren, feiern und zusammen Musik machen. Das ist ein sehr schöner und sehr populärer Ort mitten in der Wüste."
    Globale Musik
    Seit mehr als zehn Jahren kennen sich die sechs Musiker der Band Imarhan und sie machen, wie Sadam diese Klänge bereits definiert hat: globale Musik. Trockene Gitarrenriffs verschmelzen sie mit Pop-Melodien, panafrikanischen Rhythmen und traditioneller Tuareg-Musik, im Song Arodj- N-Inizdjam etwa Soul-Einflüsse:
    Es gibt auch eine reale Verbindung zwischen Imarhan und Tinariwen. Sadam ist der Cousin von Tinariwen-Bassist Eyadou Ag Leche, der die Band bei der Realisation und der Produktion des Erstlingswerks unterstützt hat. Imarhan führen die Tradition der Tuareg Musik fort, aber unter neuen musikalischen Vorzeichen. Auch thematisch setzen sie neue Akzente:
    "Wir konzentrieren uns nicht nur auf die Belange der Tuareg, sondern beschäftigen uns auch mit weltweiten Problemen und nehmen Anteil am Leiden aller Menschen. Wir sprechen über Themen, die alle jungen Leute auf der Welt beschäftigen. Im Titelsong Imarhan appellieren wir an die Solidarität und warnen vor egoistischem Handeln. Überall gibt es Probleme, Migration, Kriege, Leid, Flüchtlinge."
    "Imarhan" - ein rundum überzeugendes Debütalbum voller hypnotischer, überwältigender Gitarrenriffs, von einer innovativen Tuareg-Band, die ihren eigenen Weg eingeschlagen hat und von der bestimmt noch viel zu hören sein wird.