Dienstag, 30. April 2024

Archiv


Deckel als Lärmschutz

In Köln-Lövenich verläuft die Autobahn 1 in unmittelbarer Nähe zu Wohngrundstücken. Ein Pilotprojekt des Bundesverkehrsministeriums soll für Lärmminderung sorgen - mit Einhausungen. Auf 1,5 Kilometern Länge verschwindet die A1 nun unter einem Kasten aus Beton, Blech und Glas.

Von Franziska Badenschier | 29.01.2013
    So klingt es auf der Standspur der Autobahn A1 in Köln Lövenich, wenn die allmorgendliche Rush-Hour vorbei ist. Und so klingt es ein paar Meter weiter in der angrenzenden Siedlung:

    "Hier ist es deshalb so leise, weil wir eine Lärmschutzeinhausung gebaut haben. Das hört sich etwas kompliziert an, kann man sich aber ganz einfach vorstellen wie einen oberirdischen Tunnel."

    Der Ingenieur Dirk Klarmann leitet dieses Lärmschutz-Projekt. Es ist erst das zweite seiner Art in ganz Deutschland. Auf 1,5 Kilometern Länge verschwindet die A1 im Westen von Köln unter einem Kasten aus Beton, Blech und Glas. Ein paar Schritte links und rechts davon stehen Häuser. An den Küchen- und Schlafzimmerfenstern ihrer Bewohner brettern mittlerweile mehr als 120.000 Fahrzeuge pro Tag vorbei. Ständig staut sich der Berufsverkehr. Nun soll der Kölner Autobahn-Ring eine dritte Spur für jede Fahrtrichtung bekommen. Dann wird der Lärmpegel weiter steigen. Dabei darf es am Tag nicht lauter als 55 Dezibel werden. In der Nacht gelten 45 Dezibel als Lärmgrenze. So sieht es das Bundesimmissionsschutzgesetz vor, sagt Dirk Klarmann.

    "Die ursprüngliche Planung hatte vorgesehen, dass entlang der Autobahn sechs Meter hohe Schallschutzwände gebaut werden. Man hat dann festgestellt in Simulationen, dass noch über 1600 Wohneinheiten oberhalb dieses Schallschutzpegels liegen werden."

    Deshalb entschied man sich für die Einhausung, in die der Projektleiter nun geht. Mit dabei ist auch der Bauleiter Norbert Heinker.

    "Wir haben zwei Außenwände, eine Mittelwand. Und die sind dann schön überspannt mit Betonbindern, Bogenbinden; die sind also leicht gekrümmt."

    Der nackte Beton allein schützt nicht vor Lärm. Im Gegenteil: Er reflektiert Schall und würde den Lärm im Tunnel nur verstärken. Deswegen sind die Betonwände im Tunnel mit gelochten Blechen verkleidet, erklärt Heinker:

    "Das sind fein gerasterte, gelochte Bleche, die nach hinten hin, rückseitig, eine Glaswolle haben, ein Vlies aus Glaswolle, die direkt die einzelnen Schallwellen bricht und in sich dann auffängt."

    Dirk Klarmann schaut nach oben und zeigt auf eine Reihe von grauen, schmalen Metallkästen:

    "Dort oben sehen Sie Schalldämm-Lüfter. Davon haben wir insgesamt 188 Stück verbaut. Das ist die natürliche Belüftung vom Tunnel. Die Schalldämm-Lüfter sind nach oben offen und sorgen dafür, dass die Abgase entweichen können."

    Außerdem schluckt auch diese Konstruktion Schall, sodass weniger Lärm nach draußen gelangt. Die beiden Männer gehen nun aufs Dach.

    "Das Dach ist also als eine Stahl-Glasdach-Konstruktion ausgebildet. Das heißt: Das kann man sich vorstellen wie eine Hochhausfassade, die wir horizontal auf die Drahtkonstruktion von dieser Lärmschutz-Einhausung legen zwecks Abdeckung."

    Momentan fehlt aber noch die Hälfte der Scheiben. Das Dach darf erst dann geschlossen werden, wenn alle Brandschutzvorschriften erfüllt sind. Dirk Klarmann zählt auf, was alles noch zu erledigen ist: Fluchtwege kennzeichnen, Brandmeldeanlage installieren, Videokameras montieren und noch einiges mehr.

    "Und wenn das alles in Betrieb genommen worden ist und der Tunnel aus der Leitzentrale auch eingesehen und gesteuert werden kann von den Bauherren, dann werden wir die restlichen 10.000 Scheiben einlegen."

    Im Februar soll es so weit sein. Bis dahin hören die Anwohner in Köln Lövenich noch den Verkehr im halboffenen Tunnel. Einer von ihnen, Heinrich Pesch, führt in sein Schlafzimmer und öffnet das Fenster. Keine 30 Meter entfernt steht der Betonkasten mit dem halb offenen Glasdach.

    "Wenn das alles zu ist, da gehe ich mal von aus, dass es ruhiger wird."