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"Dein Computer ist möglicherweise infiziert, kümmere dich mal darum"

Die Bundesregierung und Branchenexperten beraten heute über die schnelle Breitbandversorgung und die Sicherheit im Netz. Manfred Kloiber sieht einen völlig neuen Markt: Internetprovider halten den PC ihrer Nutzer ferngesteuert frei von Viren und Trojanern.

07.12.2010
    Susanne Kuhlmann: Es gibt ein Recht auf Vergessen, auch im Internet. Das hat Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner der Rheinischen Post gesagt, die in Düsseldorf erscheint. Der Datenschutz im Internet ist eines der Themen heute beim nationalen IT-Gipfel in Dresden. Es ist das fünfte derartige Treffen der Internet-Branche. Die Bundesregierung hat dazu rund 600 Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft, Politik und Verwaltung eingeladen. Sie haben sich auch vorgenommen, dem Ziel schnelles Internet für alle näherzukommen und wollen ihre Zusammenarbeit verbessern. – Manfred Kloiber in Dresden, wie sieht es denn zurzeit aus mit der Breitbandversorgung in Deutschland?

    Manfred Kloiber: Glaubt man den Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums, dann haben 98,5 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Breitbandversorgung. Damit sind dann auch Menschen gemeint, die auf dem Land leben, nicht nur in der Stadt leben, dort, wo es meistens ja 15-, 16-Megabit-Anschlüsse zuhauf gibt. Aber diese Größe ist bemessen auf einen 1-Megabit-Anschluss, und wer heute im Internet surft weiß ja, dass 1 Megabit nicht so wahnsinnig viel ist, wenn man sich zum Beispiel ein Video herunterladen will. Also es gibt eine Grundversorgung, aber die wirkliche Versorgung mit schnellem Internet oder sehr schnellem Internet, die ist noch lange nicht geschafft. Telekom-Chef Obermann hat hier in Dresden angekündigt, dass bis 2018 Vollversorgung mit Gigabit-Anschlüssen sein soll, wo wir also dann mit mindestens 1000 Megabit surfen können. Ob das wirklich realistisch ist, kann man nicht sagen. Auch die EU-Kommission hat angekündigt, dass EU-Bürger mindestens bis zum Jahr 2020 30 Megabit haben sollen. Hier wird viel mit Zahlen gehandelt, Sie merken es schon. Das alles ist also eine Frage, die sich tatsächlich durch die Realität ergeben muss, und das größte Problem sind nach wie vor die Tiefbaukosten, die Erschließung eben halt der Wohnungen. Das macht die ganze Sache so teuer und hier hat dann auch der Telekom-Chef wiederum gefordert, dass diese Investitionen in irgendeiner Weise so gesichert werden müssen, dass die Kosten wieder zurückkommen.

    Kuhlmann: Um Datensicherheit geht es natürlich auch, wie schon beim IT-Gipfel 2009. Die mangelnde Datensicherheit ist ein Problem, mit dem immer mehr Internet-Nutzer zu tun haben. Vor einem Jahr war deshalb eine Initiative gegen schädliche Botnetze ein großes Thema und einige Monate später wurde tatsächlich eine Anlaufstelle für den Kampf gegen diese Computerschädlinge eingerichtet. Was ist das Problem mit Botnetzen?

    Kloiber: Botnetze sind Netze von gekaperten Rechnern, die dafür sorgen, dass Spam-Mails in Umlauf gebracht werden. Sie können ganz einfach als Computer-Nutzer unwissentlich Teil dieses Botnetzes werden. Ihr Rechner wird dann gekapert. Dagegen gibt es eine Informationsstelle und außerdem können die Internet-Provider feststellen, das merken die am Mail-Aufkommen, die stellen das fest, wenn Sie Teil eines Botnetzes sind, also infiziert und gekapert wurden. Diese Anti-Botnetz-Initiative, die soll dann dafür sorgen, dass die Internet-Provider Ihnen einen kleinen Wink geben, dann aber auch darauf hinweisen, wie man diese Bots wieder los wird beziehungsweise die Würmer wieder los wird. Die Initiative wurde hier noch mal vorgestellt, was seit September passiert ist. Seit Mitte September ist diese Initiative aktiv, auch die Seite botfrei.de ist aktiv, und der DE-Cleaner, also das Programm, mit dem man sich von den Bots befreien kann, aktiv. Das wurde schon vier Millionen mal besucht und 300.000 Downloads wurden schon verzeichnet.

    Was ein bisschen schwieriger ist, dass die Internet-Provider tatsächlich auf ihre Kunden zugehen und denen sagen, pass mal auf, dein Computer ist möglicherweise infiziert, kümmere dich mal darum. Die Internet-Provider haben ein bisschen Angst, einerseits ihre Kunden zu verschrecken, sie in Unsicherheit zu versetzen, oder zumindest sie aufzuregen. Auf der anderen Seite fragt man sich natürlich dann auch, woher wissen die das überhaupt, sprich werde ich da überwacht, kontrollieren die meinen E-Mail-Verkehr. Das alles führt dazu, dass da ein bisschen Vorbehalte bestehen. Der Vorstandsvorsitzende vom eco, dem Verband der Internetwirtschaft, Professor Michael Rotert, sagte mir aber, das kriegt man eigentlich ganz gut in den Griff. Und schließlich haben auch die Internet-Provider ein bisschen wirtschaftliches Interesse daran, ein bisschen mehr auf die Computer der Leute zu gucken, denn das könnte nämlich auch ein, ich sage mal, Geschäftsmodell sein, wenn sich demnächst die Internet-Provider um die Computer zu Hause per Fernsteuerung zum Beispiel kümmern. Da könnte man sich durchaus einen Markt vorstellen, der lukrativ sein könnte.

    Kuhlmann: So weit Manfred Kloiber vom IT-Gipfel in Dresden. Vielen Dank dafür!


    www.botfrei.de - Website der eco zum Schutz vor Botnetz-Attacken

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