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Delfine aus Stahl

Technik. - Was dem einen die Internationale Automobilausstellung, das ist dem anderen die im englischen Southampton. Hier werden allerdings Boliden präsentiert, die ferngelenkt oder ganz auf sich allein gestellt in die Schwärze der Tiefsee vordringen.

Von Wolfram Koch |
    Stromlinienförmig wie ein Delfin schwebt ein unbemanntes U-Boot völlig selbstständig über den Meeresgrund. Es hat die Aufgabe, Tiefseekabel zu warten oder auch Minen aufzuspüren. Eine Vision, die heute zum Teil schon Realität ist. Dazu haben Forscher verschiedenste Sensoren entwickelt, mit denen sie die Mini-U-Boote je nach Bedarf bestücken können. Zum Standard gehören Instrumente, die Temperatur, Strömung und Salzgehalt des Wassers ermitteln. Ein Projekt des Nationalen Ozeanografischen Zentrums in Southampton beschäftigt sich damit, die Fischpopulationen in der Nordsee zu analysieren. Die ermittelt Meeresforscher Stephen Hall mit zwei speziellen Echoloten im U-Boot:

    "Man benützt ein auf- und ein abwärts gerichtetes Echolot. Das ist das gleiche Prinzip, nach dem Delfine oder Orcas nach Fisch jagen. Mit gepulsten Schallwellen, wie man sie auch im Krankenhaus zum Ultraschall nimmt, wird die Fischanzahl in einer Wassersäule ermittelt. "

    Unbemannte U-Boote sollen in Krisengebieten oder auch zum Schutz von Häfen nach Minen und Sprengstoff suchen. Hier spielen verschiedene Sensoren eine Rolle. Zuerst müssen die Augen der Drohne das Umfeld zur Orientierung abtasten. Sensible Mikrofone registrieren leiseste Strömungsgeräusche von Schiffen oder Gegenständen im Wasser. Nur ein Metalldetektor und eine Mustererkennung reicht aber nicht aus, um eine Mine sicher zu erkennen so Keith Birch, Technikentwickler an der Universität Southampton:

    "Neue optische Sensoren werfen einen Blick auf den Prüfling. Sie können zum Beispiel Labels erkennen. Die werden dann zur Zentrale übermittelt. In der Zukunft werden wir aber noch chemische Sensoren haben, die Sprengstoff im Wasser erschnüffeln, genauso wie am Flughafen Explosivstoffe in Koffern aufgespürt werden. "

    Sollen die Sensoren in den selbständigen Unterwasser-Vehikeln einen ganzen Hafen überwachen, müssen sie wie Polizeihunde am Flughafen herumgeführt werden. Und das am besten ohne störende Leine. Die wurde bislang hauptsächlich zur Datenübermittlung und zum Lenken benutzt. Ohne muss sich das U-Boot selbst zurechtfinden. Weil das globale Positionierungssystem unter Wasser nicht funktioniert, ersetzten Schallquellen am Boden das satellitengestützte GPS. Wie ein Navigationssystem im Auto kann das U-Boot anhand der Laufzeitunterschiede der Signale die genaue Position ermitteln. Das funktioniert aber nur in kleineren Gebieten. Muss das U-Boot ein großes, ungekanntes Gebiet absuchen, ist es auf sich allein gestellt. Kurz vor dem Abtauchen bestimmt es noch mal via GPS die aktuelle Position. Dann übernehmen spezielle Sensoren das Kommando, erklärt Matt Blair vom schottischen Unterwasserspezialisten CDL:

    "Das Equipment überwacht die Bewegungen des Unterwasser-Vehikels wie Drehungen, Strömungen und die Fahrt über den Meeresboden. Von Zeit zu Zeit kommt es nach oben und holt sich ein GPS-Update. So kann es sich autonom über den Meeresboden bewegen. "

    Ein Sonar erkennt zudem im Weg liegende oder schwimmende Hindernisse. Der Bordrechner ermittelt in Windeseile einen Ausweichkurs und geht somit Kollisionen aus dem Weg. Kurskorrekturen und Befehle lassen sich mit einem akustischen Unterwassermodem übermitteln. Das haben sich die Ingenieure von Walen abgeschaut. Die kommunizieren über lange Entfernungen mit sehr niedrigen Frequenzen. Im Wasser kann das Mutterschiff so einfache Informationen senden und auch empfangen. Für alles andere ist die Datenrate zu gering. Navigationstechnik, die schon ganz gut funktioniert und die schon bei vielen Projekten professionell eingesetzt wird. Lediglich die Live Demonstration im Hafenbecken von Southampton ging daneben: Das schnittige U-Boot tauchte rasant ab - und ging verloren. Wahrscheinlich registrierte die Unterwassernavigation den schlammigen Meeresboden zu spät. Gerade mal 30 Meter vom Ufer im Schlick festsitzend, verweigerte das Unterwasser-Vehikel Auftauchbefehle via Akustik-Modem - dann mussten wieder menschliche Taucher ran.