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Dem kleinen Hunger nachgeben

Medizin. - Zuviel Disziplin beim Essen kann schaden. Besser ist es, hin und wieder dem Hungergefühl nachzugeben, das behaupten jetzt französische Ernährungsforscher: Laut einer Studie zu den Essgewohnheiten ihrer Landsleute halten gerade vier Mahlzeiten täglich schlank.

    Eigentlich stehen unsere Nachbarn in dem Ruf, den Gaumenfreuden ausgiebig, vor allem abends und gleich in mehreren Gängen zu frönen. Doch als Ernährungswissenschaftler der Universität Paris genauer hinschauten, stellten sie fest, dass zumindest ein Viertel ihrer Landsleute überdies regelmäßig bereits zu ungewohnter Stunde zwischen 15 und 18 Uhr dem Magenknurren nachgibt und zum so genannten "Gouter", dem kleinen Nachmittags-Snack, greift. "Diese vierte Mahlzeit besteht in erster Linie aus Getreideprodukten wie Brot oder Keksen. Hinzu kommt dabei meist ein nichtalkoholisches Getränk, Tee, Wasser oder Kaffee, sowie ein Joghurt oder Obst", berichtet Anne Lluck, Ernährungsforscherin beim Lebensmittelkonzern Danone.

    Dass ausgerechnet jene, die gleich viermal täglich speisen, damit offenbar überflüssige Pfunde vermeiden, belegt eine neue Studie des Labors für Ernährungsphysiologie der Universität Paris. Die Arbeitsgruppe des Mediziners und Ernährungsforschers Didier Chapelot überredete einige Landsleute dazu, auf den gewohnten Nachmittags-Imbiss für eine Weile zu verzichten und nur noch drei Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Das Ergebnis: Bei den Zwangsfastern nahm das Körpergewicht erkennbar zu, im Schnitt um 430 Gramm in vier Wochen. Auf den ersten Blick ein wenig einleuchtender Zusammenhang, denn vier Mahlzeiten bedeuten ja nicht unbedingt weniger aufgenommene Kalorien.

    Eine Erklärung für das Phänomen wäre, dass die "Öfter-Esser" mit ihrer Nahrungszusammenstellung eine Energieform wählen, die leichter verwertbar ist und dem Bedarf im Tagesrhythmus eher entspricht, so die Experten. "Das Gouter enthält viel kohlehydratreiches Getreide und drängt damit Fette als Energieträger im Kreislauf zurück. Weil der Nachmittags-Snack regelmäßig eingenommen wird, fallen dann Mittag- und Abendessen bei diesen Personen nicht so kalorienreich aus", sagt Lluck. Denn: Wer bei weniger Mahlzeiten mehr Energie zu sich nehme, als er eigentlich benötige, schlage beim nächsten Mahl ebenfalls leicht über die Stränge. Überdies bleibe der Blutzuckerspiegel - die hungerbestimmende Größe - dabei durchaus nicht länger hoch und vermindere so den Appetit. Vielmehr werde die überschüssige Energie in Form von Fetten in den gut bekannten Körperflecken eingelagert. Komme der Hunger dann wieder, werde aber nicht die Reserve verbrannt, sondern dafür etwa beim Abendessen ein saftiges Schnittchen mehr verdrückt.

    [Quelle: Volker Mrasek]