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Dem Knochenschwund Einhalt gebieten

Medizin. – In Wiesbaden findet noch bis Mittwoch der Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin statt. Heute stand auf der Agenda der Fachärzte vor allem die Osteoporose. Galt der Knochenschwund noch vor Jahren als typisches Leiden von Frauen jenseits der Wechseljahre, so zeichnet sich immer mehr ab, dass auch Männer von der Osteoporose nicht verschont bleiben. Wie dem Abbau der Knochensubstanz Einhalt geboten werden kann und welche neuen Medikamente dazu zur Verfügung stehen, wurde heute auf dem Treffen erörtert.

28.04.2003
    "Verglichen mit Diabetes Mellitus ist die Osteoporose eine ausgesprochene Volkskrankheit. In Deutschland sind etwa sechs Millionen Frauen und Männer davon betroffen", erklärt Walter Fassbender, vom Netzwerk Osteoporose und Oberarzt am Universitätsklinikum Frankfurt. Ein Grund für die weite Verbreitung des Leidens sei nicht zuletzt die Zunahme der Lebenserwartung. So müssten sie heute während eines wesentlich längeren Anteils ihres Lebens auf den Knochen schützenden Effekt der Östrogene verzichten. "Dazu wird der Knochenschwund immer noch als ein typisches Frauenleiden wahrgenommen, obwohl beispielsweise 30 Prozent der Schenkelhalsbrüche am Oberschenkelknochen sowie 20 Prozent von Wirbelsäulenbrüche Männer betreffen", so der Mediziner. Ursache hierfür sei einerseits ebenfalls die gestiegene Lebenserwartung sowie ein Mangel an Bewegung und falsche Ernährung.

    Ein weiterer Grund für das vermehrte Auftreten der Osteoporose auch bei Männern liege überdies in verschiedenen Grunderkrankungen: "So kann ein vermehrter Knochenabbau Folge einer Schilddrüsenüberfunktion oder einer Überfunktion der Nebenschilddrüse sein, die zu einem Entzug von Kalzium aus dem Knochen führt. Aber auch bestimmte Krebsformen sowie Erkrankungen der Niere, die mit einer Funktionseinschränkung des Organs einhergehen, sowie eine verminderte Kalziumaufnahme können Osteoporose herbeiführen." Heute stünden Medizinern im Kampf gegen die Krankheit allerdings eine Reihe von therapeutischen Hilfen zu Verfügung. "Dazu gehört etwa die Gruppe der so genannten Bisphosphonate, die sich speziell im Knochen anreichern und seinen Abbau vermindern. Daneben interagieren synthetische Substanzen gezielt mit Hormonrezeptoren der Frau und rufen einen ähnlichen, Knochen aufbauenden Effekt wie Östrogene hervor. Eine weitere vielversprechende neue Entwicklung ist seit einigen Tagen in den USA zugelassen: "Das Parathormon der Nebenschilddrüse wird einmal pro Tag eingenommen und besitzt eine starke Knochen aufbauende Wirkung", berichtet Fassbender.

    Der Frankfurter Fachmann setzt für die Zukunft aber vor allem auf eine bessere Vorbeugung: "Ärzte müssen gemeinsam mit Patienten und Selbsthilfegruppen zusammenarbeiten und Fortbildungen organisieren, weil wir nicht den ersten oder weitere Knochenbrüche verhindern, sondern vor allem die Primärprävention der Osteoporose voranbringen wollen." Derzeit werde der Vorbeugung ein zu geringer Stellenwert eingeräumt. Walter Fassbender rät daher Betroffenen zu viel Bewegung und dem Konsum von Milchprodukten: "Es ist sehr wichtig, dass man zwischen 1000 und 1500 Milligramm Kalzium pro Tag zu sich nimmt. Auch sollte der Vitamin D Haushalt ausgeglichen sein, weil damit Kalzium aus dem Darm aufgenommen wird."

    [Quelle: Grit Kienzlen]