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Demenzerkrankungen und Technik

Der Verein "Aktion Demenz e.V." hat am vergangenen Freitag eine Konferenz mit dem Titel veranstaltet. Zwei Fragen wollten die Teilnehmer klären: Wie der Einsatz von Technik die Lebensqualität mit Demenz verbessern könnte und auf welche Weise Technik dazu beitragen kann, die Lebenssituation in Institutionen und im häuslichen Umfeld einfacher zu gestalten.

Von Wolfgang Noelke | 04.12.2007
    Am Ende der Veranstaltung waren alle Teilnehmer froh, dass offensichtlich das erste Mal dieses Thema auf dem Programm einer Fachtagung stand, so sehr haben sich offensichtlich Institutionen, sowie auch die pflegenden Angehörigen daran gewöhnt, zu akzeptieren, dass es für Pflegekräfte und Betroffene nur wenige technische Hilfen gibt.

    Diese beschränken sich auch eher in intelligente Schließsysteme, in Überwachungskameras und in weitere Geräte, die ein Weglaufen der Betroffenen verhindern sollen. Als ethisch untragbar bezeichnete Ulrike Knebel von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, dass es heute noch Kliniken gebe, die mit einer geschlossenen Abteilung werben:

    "Bauliche Gegebenheiten in Pflegeeinrichtungen können demenziell erkrankte Menschen überfordern, die den, nur körperlich Pflegebedürftigen keine Probleme bereiten, wie zum Beispiel, eine als Abwechslungsreich gedachte innere Wegeführung. An einer Demenz erkrankten Menschen reagieren dann oft mit großer Verunsicherung und Erregung, in deren Folge sie sich nur schwer beruhigen lassen,"

    wenn sie zum Beispiel immer wieder am selben Punkt vorbeigehen müssen, auf einem, wie eine Acht gestalteten Endlosweg. Man müsse weg, von den geschlossenen Abteilungen für Demenzerkrankte, hin zu einem sinnvollen Einsatz der Technik, die helfen könnte, die Merkmale der Erkrankung mit technischer Intelligenz auszugleichen. Hier existiere nur ein kleines Angebot seitens der Industrie und eher für Kliniken geeignet. Hierunter auch erste Lösungen, für den häuslichen Bereich, erklärt der, in der Keppler Stiftung für die strategische Entwicklung zuständige Christoph Häusel am Beispiel einer sogenannten Lichtrufanlage, dem, von jedem Klinikbett bekannten Notrufknopf:

    "Die Rufanlage hat natürlich noch diese Lichtruf-Systematik. Sie hat auf der anderen Seite eine Gegensprech-Möglichkeit, so dass natürlich auch erstmal gefragt werden kann: "Was ist los? Wünschen Sie noch irgendetwas? Bleiben Sie liegen, wir kommen in fünf Minuten vorbei ", um auch die Kommunikationsmedien ganz anders zu nutzen und - ganz wichtig: Natürlich können Sie über Rufanlagen heute eigentlich auch Videoverbindungen aufbauen. Unsere Rufanlage gibt es her, dass der Bewohner, wenn er das möchte, das Bild seines Gegenübers auf dem Fernseher empfängt. Ein weiterer Schritt wäre dann auch, wenn der Bewohner Interesse hätte, den Videokontakt auch andersherum zu gewährleisten, dass zum Beispiel eine Nachtschwester in das Zimmer schauen kann und eben nicht in das Zimmer herein muss, damit jemand dann geweckt wird."

    Eine vergleichbare Technik könnte mit Einverständnis der Betroffenen auch zuhause eingesetzt werden und würde Pflegediensten oder Notrufzentralen unnötige Fahrten bei einem eventuellen Fehlalarm ersparen. Für ethisch bedenklich hält die Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, Heike von Lützau- Hohlbein diese, zunächst im Klinik Bereich eingesetzte Kameraüberwachung, nicht:

    "Wenn ich eine Situation habe, dass ich für eine Station von 100 Bewohnern in einem Pflegeheim, in der Nacht zwei Menschen habe, die sich darum kümmern können, dann frage ich mich, ob das ethisch richtiger ist, als wenn ich sage, ich habe eine Möglichkeit nachzuschauen, bei ausgewählten Patienten, die ihr Einverständnis erklärt haben. - Aber das ist meine persönliche Meinung."

    Denn merkwürdigerweise scheint es ethisch bedenklicher zu sein, die Patienten zu überwachen, als die Tatsache zu diskutieren, dass nachts nur zwei Pflegekräfte Dienst tun und dass die auf Hilfe wartenden Patienten darüber im Ungewissen bleiben, ob ihr Notruf überhaupt empfangen wurde. Ethisch unbedenklich scheint auch zu sein, dass Demenzerkrankte, die sich durchaus noch selbstständig in ihrer häuslichen Umgebung zurechtfinden, weggesperrt werden, weil niemand die, für ein selbstständiges Leben notwendigen technische Hilfsmöglichkeiten entwickelt, moniert Doris Bredthauer, Professorin an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Dort macht man sich intensiv Gedanken darüber, wie man im Jahr 2030 lebt. Mit technischen Hilfen und der Hoffnung für heute,

    "dass sich zum Beispiel einfach konstruktiv Projekte vernetzen, um zu gucken, wo sitzt welches Know-how auf verschiedenen Seiten, oder dass die künftigen User - und auch Angehörige mit einbezogen werden, in Projekte und Technologien, die da sind oder weiterentwickelt werden können. Und dafür fand ich das eigentlich einen schönen Auftakt."