Zu den Vorzügen des Buches gehört ein gut geschriebener Überblick über die Themen und Kontroversen heutiger Sozialphilosophie. Das Thema und die Probleme der Globalisierung kommen dagegen erst am Ende zur Sprache. Man vermisst dabei ein wenig die Spannung zwischen Verfassungskonstruktion und Politik. Das von Höffe umkreiste Thema betrifft ja nicht nur die Verfassung des Weltstaates, sondern auch die Möglichkeiten einer globalen politischen Aktivität. Eine Weitverfassung läßt sich sicherlich entwerfen. Unser gesamtes Wissen über Vor- und Nachteile staatlicher Strukturen müsste in die Beschreibung einer Weltrepublik eingehen. Was jedoch niemand vorwegzunehmen schafft, ist der politische Gebrauch, der von den Strukturen gemacht werden kann- Gleichwohl ist das Interessante jedes politischen Großentwurfs die Mischung aus Strukturbeschreibung und vorwegnehmendem Test auf die Belastbarkeit des Entworfenen. Diesen Test versucht Höffe unter anderem dadurch zu leisten, dass er einen Weg zwischen den Kommunitariern und den Globalisten ansteuert. Die Kommunitarier halten einseitig an bestehenden Gemeinschaften fest. Die Globalisten dagegen wollen alle kulturellen Unterschiede in einen homogenen Gesamtstaat einschmelzen. Höffers Weltrepublik sucht hier eine Synthese: Bestehende Gemeinschaften sollen erhalten bleiben und nunnnehr zugleich einem Weltstaat angehören.
Hoffes Argurnentationsform bedient sich der Analogie und der Entkräftigung von Gegenargurnenten. Die Analogie soll die Notwendigkeit einer Weltrepublik dadurch begründen, dass der universalistische Gerechtigkeitsanspruch der bestehenden Demokratien nach einer Erweiterung im Weltmaßstab verlangt. Die Entkräftung von Gegenargumenten läuft unter anderem darauf hinaus, dass die Weltrepublik auch ethisch gesehen als möglich und wünschbar erscheint. Egoismus und Aggressivität der Menschen, so sieht es der Verfasser, könnten in einem Weltstaat in den Geist des Wettbewerbs unigeschtnolzen werden. Weise behielte die Weittepublik Leben und Kreativität.
Am Ende des Buches nennt Höffe die angestrebte Weltrepublik ausdrücklich eine Utopie", zu der wir verpflichtet und "schon ein wenig unterwegs" seien. In diesem Kontext hätte man sich jedoch eine Abgrenzung gegenüber einem globalen Zugriff gewünscht, zu dem wir in der Tat schon unterwegs sind, nämlich der idealistischen Wende der US-arnerikanischen Außenpolitik. Die Amerikaner beanspruchen nicht mehr primär nationales Interesse und setzen auf demokratische und ökonomische statt auf militärische Konfliktlösung. Dies verbinden sie mit einem politischen, sozialen und kulturellen globalen Hegemonieanspruch. Sie halten ihre Kompetenz für universal gültig und bestreiten die Notwendigkeit von supranationalen lnstitutionen zur Regelung des Völkerrechts und der Globalökologie.
Eine damit nicht übereinstimmende philosophisch konzipierte Weltstaat-UtOpie hätte zu begründen, warum sie von dem Anspruch der US-Hegemonie abweicht. Höffe meidet hier alle Bezüge. Es entsteht der Eindruck, er wolle nicht von dem derzeitigen globalpolitischen Bebauungsplan abweichen, sondern er weiche ihm aus.