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Den deutschen Mittelstand im Visier

Putzmeister war die erste große Übernahme. Anfang des Jahres schluckte der chinesische Sany-Konzern den Betonpumpenhersteller aus Baden-Württemberg. Eine Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young zeigt, dass weitere Übernahmen wahrscheinlich sind.

Von Brigitte Scholtes |
    Chinesische Investoren sind immer stärker daran interessiert, in Europa Auslandsstandorte aufzubauen und Firmen zu übernehmen. Dabei sei Deutschland besonders attraktiv, sagt Yi Sun, für China zuständige Partnerin der Unternehmensberatung Ernst & Young:

    "Deutsche Produkte stehen für Qualität, und das wissen die Chinesen sehr zu schätzen. Und deshalb möchten sie auch weltmarktfähige Produkte haben, derzeit haben die Chinesen da noch nicht so viel. Und dadurch können sie das besser auf- und ausbauen. Dazu kommt Produktions-Know-how und sehr viel, was mit Innovation zu tun hat."

    Die Qualität der Ausbildung und der Mitarbeiter zählen dazu ebenso wie die deutsche Mentalität: Das ist ein Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung nach Gesprächen mit 400 chinesischen Investoren. China wolle nicht mehr länger nur Werkbank der Europäer sein, sondern strebe qualitatives Wachstum an, sagt Yi Sun. Dabei gehe es den Chinesen aber nicht darum, Produktion von Deutschland nach China zu verlagern und hier Arbeitsplätze abzubauen:

    "Die meisten Transaktionen, die wir jetzt in der letzten Zeit gesehen haben, die sind im Bereich der sehr hochkomplexen Industrie gewesen. Die chinesischen Investoren möchten durch diese Transaktionen auch ihr Know-how erweitern. Und ohne kompetente und motivierte Mitarbeiter geht dieser Grund oder auch Technologievorteil in kurzer Zeit schon verloren. Daher werden die chinesischen Investoren meistens auch nicht die Produktionsstandorte verlagern, sondern sie werden eher hier die Arbeitsplätze auch aufbauen."

    Interessiert sind die Chinesen vor allem an den Branchen Auto und Maschinenbau. Hier wollen sie am Weltmarkt konkurrenzfähig werden. Deshalb fließen viele Investitionen auch in mittelständische Zulieferer dieser Branchen. Eine Milliarde Euro haben sie zwischen 2005 und 2010 in Deutschland investiert – die deutschen Investitionen in China waren in diesem Zeitraum zwanzigmal so hoch. In den vergangenen Jahren seien Übernahmeversuche oft gescheitert – auch an der chinesischen Regierung, sagt die Unternehmensberaterin:

    "Wie wir jetzt unsere chinesischen Unternehmen erlebt haben, die Lernkurve ist ehr steil, die chinesische Regierung pusht das richtig. Von daher erwarten wir jetzt sowohl von der Anzahl der Transaktionen der chinesischen Investoren als auch vom Transaktionsvolumen: Es werden größere kommen und mehr."

    In den nächsten Jahren seien dabei, weitere große Übernahmen zu erwarten. Erst gestern hatte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler von großen Spielräumen für weitere Investitionen gesprochen. Das Geld dazu haben sie Chinesen offenbar:

    "Die Finanzierung ist eher eine nicht gravierende Frage für die Chinesen. Hauptsache, es gibt interessante und qualitative Assets, die zu den chinesischen Investoren passen."

    Die Eurokrise aber hält die Investoren aus Fernost dabei nicht ab. Sie sähen nach asiatischer Art die Krise eher als Chance.