Sie ist der ganze Stolz der Einwohner von Porto Judeu, die Banda Filarmónica, die Dorfkapelle. Vor dem Rathaus wehen die Fahnen, nebenan läuten die Kirchenglocken. Wenn die Musiker in ihren schmucken, weißen Uniformen durch das Dorf ziehen, geht es rund, dann wird gefeiert. Und feiern tun sie gern auf der Azoreninsel Terceira. Vielleicht sogar zu gern, gibt der Ortsvorsteher Guilherme Melo zu:
"Wahrscheinlich haben wir zu viele Feste. Auf Terceira haben sogar manche Straßen ihr eigenes Fest. Manche Gemeinden feiern sieben, acht Feste im Jahr. Aber so sind wir eben, wir stellen in Null komma nix ein Fest auf die Beine."
So schnell, dass sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Inselregierung gezwungen sah, an Werktagen nur noch ein Fest pro Gemeinde zu genehmigen - meistens zu Ehren des Heiligen Geistes. Denn den feiert man seit hunderten von Jahren:
"Seit ihrer Besiedlung wurden die Azoren immer wieder von Erdbeben und schweren Stürmen heimgesucht. Es war sehr schwer, hier zu überleben. Da mussten die Menschen an ein sehr starkes, übernatürliches Wesen glauben. In unserem Fall war das der Heilige Geist. Der hat uns den Glauben und die Kraft gegeben, auf diesen Inseln zu überleben."
Zwischen Ostern und Pfingsten feiern die Bewohner von Porto Judeu ihren Heiligen Geist, da sind die "Impérios", die Heilig-Geist-Kapellen, mit Blumen und Fahnen geschmückt. Eigentlich gibt es sie auf allen Inseln, auf Terceira sind sie jedoch besonders schön und in Porto Judeu natürlich am schönsten. Stolz sticht das 1916 errichtete "Império do Terreiro" aus der Häuserzeile der Hauptstraße hervor.
Die fast barock geschwungene, bunte Fassade überragt eine mächtige Heilig-Geist-Krone. Das ganze Dorf ist auf den Beinen, sogar viele Emigranten sind eigens aus den USA gekommen. Die filmen alles mit ihren Video-Kameras, Englisch und Portugiesisch wird durcheinander gesprochen. Die Azoreaner lieben ihren Heiligen Geist, versichert Guilherme Melo:
"Der Heilige Geist ist eben wirklich ein Geist. Er ist immer da und beschützt uns. Aber er steht auch für Freude, Solidarität, Zusammenleben. Von der Heiligen Dreieinigkeit ist er derjenige, der am besten zum Volk passt."
Teilen sei der Grundgedanke des Heilig-Geist-Kultes auf den Azoren und im Dorf Porto Judeu, erklärt der Ortsvorsteher, während die Prozession vorbei zieht. Den Bedürftigen helfen. Und wegen der stets wiederkehrenden Naturkatastrophen gebe es immer Bedürftige auf den Azoren.
Darum werden bei den Heilig-Geist-Festen symbolisch Kälber geschlachtet, und ein Teil des Fleisches wird unter den Armen verteilt. Der Rest wird beim üppigen Festmahl aufgegessen. Den Schutz des Heiligen Geistes lässt man sich etwas kosten, betont der 40-jährige Ortsvorsteher:
"Einer meiner Brüder hat in diesem Jahr ein Fest ausgerichtet. Er hat die ganze Gemeinde und all seine Freunde und Arbeitskollegen dazu eingeladen. Da waren dann zum Festessen am Sonntag mehr als 600 Personen zu Ehren des Heiligen Geistes versammelt."
Natürlich gehen vorher alle zur Messe, natürlich segnet der Priester vorher Fleisch und Brot. Früher wurde bei den Festen schon mal über alle Stränge geschlagen, zu viel gefeiert, zu viel getrunken. Es gab Ärger mit der Amtskirche, berichtet Guilherme Melo schmunzelnd:
"Vor etwa 50 Jahren hat ein Bischof versucht, die Kirchenhierarchie auch in den Impérios durchzusetzen. Da kam es fast zum Aufstand, das hat das Volk sich nicht gefallen lassen. Es gab eben Leute, die mit der Amtskirche nichts am Hut hatten und die trotzdem an den Heiligen Geist glaubten."
Doch das sind olle Kamellen, meint der Ortsvorsteher, der natürlich auch Mitglied der Heilig-Geist-Bruderschaft von Porto Judeu ist. Man habe sich längst arrangiert. In einer ruhigen Minute hat Guilherme Melo sich an die Ufermauer geflüchtet, blickt auf das Meer hinaus.
Am Horizont zeichnet sich die Nachbarinsel São Jorge ab. Er brauche diese Augenblicke der Besinnung, versichert der introvertierte Mann. Dann klagt er sein Leid, wie schwer es sei, die kleine 2500-Seelen-Gemeinde zusammenzuhalten. Es gebe viel Neid und Streitigkeiten in Porto Judeu. Selbst wenn es um den Heiligen Geist geht:
"Es gibt zwei weitere Impérios und Heilig-Geist-Bruderschaften im Ort. Die sind aus reiner Rivalität entstanden, die es bei solchen Anlässen eigentlich nicht geben sollte. Aber vor einigen Jahren haben die Mitglieder der ersten Bruderschaft sich zerstritten. Sie blieben zwar Freunde des Heiligen Geistes, gründeten aber neue Impérios. Ihr Glaube an das Göttliche blieb der gleiche. Nur mit den Bruderschaftsmitgliedern wollten sie nichts mehr zu tun haben."
Aber auch das ist längst vergeben und vergessen. Die Rakete knallt, das Fest auf dem Dorfplatz geht weiter. Ortsvorsteher Guilherme Melo schüttelt Emigranten die Hände, klopft Freunden auf die Schulter und fotografiert. Er wird weiter versuchen, sein Bestes für Porto Judeu zu geben.
Das ist er sich und den Gemeindemitgliedern schuldig. Und vielleicht hilft ihm ja auch der Heilige Geist ein bisschen dabei. Auf die Frage, ob er denn schon dessen Hilfe bei seinem schwierigen Amt erbeten hat, antwortet Guilherme Melo:
"Nein, eigentlich noch nicht. Aber alles, was mit Willenskraft zu tun hat, ist eine Tugend des Heiligen Geistes. Neben der Solidarität gibt er uns auch den Mut für das, was getan werden muss."
"Wahrscheinlich haben wir zu viele Feste. Auf Terceira haben sogar manche Straßen ihr eigenes Fest. Manche Gemeinden feiern sieben, acht Feste im Jahr. Aber so sind wir eben, wir stellen in Null komma nix ein Fest auf die Beine."
So schnell, dass sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Inselregierung gezwungen sah, an Werktagen nur noch ein Fest pro Gemeinde zu genehmigen - meistens zu Ehren des Heiligen Geistes. Denn den feiert man seit hunderten von Jahren:
"Seit ihrer Besiedlung wurden die Azoren immer wieder von Erdbeben und schweren Stürmen heimgesucht. Es war sehr schwer, hier zu überleben. Da mussten die Menschen an ein sehr starkes, übernatürliches Wesen glauben. In unserem Fall war das der Heilige Geist. Der hat uns den Glauben und die Kraft gegeben, auf diesen Inseln zu überleben."
Zwischen Ostern und Pfingsten feiern die Bewohner von Porto Judeu ihren Heiligen Geist, da sind die "Impérios", die Heilig-Geist-Kapellen, mit Blumen und Fahnen geschmückt. Eigentlich gibt es sie auf allen Inseln, auf Terceira sind sie jedoch besonders schön und in Porto Judeu natürlich am schönsten. Stolz sticht das 1916 errichtete "Império do Terreiro" aus der Häuserzeile der Hauptstraße hervor.
Die fast barock geschwungene, bunte Fassade überragt eine mächtige Heilig-Geist-Krone. Das ganze Dorf ist auf den Beinen, sogar viele Emigranten sind eigens aus den USA gekommen. Die filmen alles mit ihren Video-Kameras, Englisch und Portugiesisch wird durcheinander gesprochen. Die Azoreaner lieben ihren Heiligen Geist, versichert Guilherme Melo:
"Der Heilige Geist ist eben wirklich ein Geist. Er ist immer da und beschützt uns. Aber er steht auch für Freude, Solidarität, Zusammenleben. Von der Heiligen Dreieinigkeit ist er derjenige, der am besten zum Volk passt."
Teilen sei der Grundgedanke des Heilig-Geist-Kultes auf den Azoren und im Dorf Porto Judeu, erklärt der Ortsvorsteher, während die Prozession vorbei zieht. Den Bedürftigen helfen. Und wegen der stets wiederkehrenden Naturkatastrophen gebe es immer Bedürftige auf den Azoren.
Darum werden bei den Heilig-Geist-Festen symbolisch Kälber geschlachtet, und ein Teil des Fleisches wird unter den Armen verteilt. Der Rest wird beim üppigen Festmahl aufgegessen. Den Schutz des Heiligen Geistes lässt man sich etwas kosten, betont der 40-jährige Ortsvorsteher:
"Einer meiner Brüder hat in diesem Jahr ein Fest ausgerichtet. Er hat die ganze Gemeinde und all seine Freunde und Arbeitskollegen dazu eingeladen. Da waren dann zum Festessen am Sonntag mehr als 600 Personen zu Ehren des Heiligen Geistes versammelt."
Natürlich gehen vorher alle zur Messe, natürlich segnet der Priester vorher Fleisch und Brot. Früher wurde bei den Festen schon mal über alle Stränge geschlagen, zu viel gefeiert, zu viel getrunken. Es gab Ärger mit der Amtskirche, berichtet Guilherme Melo schmunzelnd:
"Vor etwa 50 Jahren hat ein Bischof versucht, die Kirchenhierarchie auch in den Impérios durchzusetzen. Da kam es fast zum Aufstand, das hat das Volk sich nicht gefallen lassen. Es gab eben Leute, die mit der Amtskirche nichts am Hut hatten und die trotzdem an den Heiligen Geist glaubten."
Doch das sind olle Kamellen, meint der Ortsvorsteher, der natürlich auch Mitglied der Heilig-Geist-Bruderschaft von Porto Judeu ist. Man habe sich längst arrangiert. In einer ruhigen Minute hat Guilherme Melo sich an die Ufermauer geflüchtet, blickt auf das Meer hinaus.
Am Horizont zeichnet sich die Nachbarinsel São Jorge ab. Er brauche diese Augenblicke der Besinnung, versichert der introvertierte Mann. Dann klagt er sein Leid, wie schwer es sei, die kleine 2500-Seelen-Gemeinde zusammenzuhalten. Es gebe viel Neid und Streitigkeiten in Porto Judeu. Selbst wenn es um den Heiligen Geist geht:
"Es gibt zwei weitere Impérios und Heilig-Geist-Bruderschaften im Ort. Die sind aus reiner Rivalität entstanden, die es bei solchen Anlässen eigentlich nicht geben sollte. Aber vor einigen Jahren haben die Mitglieder der ersten Bruderschaft sich zerstritten. Sie blieben zwar Freunde des Heiligen Geistes, gründeten aber neue Impérios. Ihr Glaube an das Göttliche blieb der gleiche. Nur mit den Bruderschaftsmitgliedern wollten sie nichts mehr zu tun haben."
Aber auch das ist längst vergeben und vergessen. Die Rakete knallt, das Fest auf dem Dorfplatz geht weiter. Ortsvorsteher Guilherme Melo schüttelt Emigranten die Hände, klopft Freunden auf die Schulter und fotografiert. Er wird weiter versuchen, sein Bestes für Porto Judeu zu geben.
Das ist er sich und den Gemeindemitgliedern schuldig. Und vielleicht hilft ihm ja auch der Heilige Geist ein bisschen dabei. Auf die Frage, ob er denn schon dessen Hilfe bei seinem schwierigen Amt erbeten hat, antwortet Guilherme Melo:
"Nein, eigentlich noch nicht. Aber alles, was mit Willenskraft zu tun hat, ist eine Tugend des Heiligen Geistes. Neben der Solidarität gibt er uns auch den Mut für das, was getan werden muss."