Vielleicht sollte sich einfach mal jemand einen Schal um die Augen binden und mal versuchen, zehn Minuten sich in seiner Wohnung zu recht zu finden.
Man taucht ja da irgendwie schon in eine andere Welt ein.
Wir haben auch immer im Kopf durchgespielt: was wäre, wenn ich nicht sehen könnte? Oder auf welches Sinnesorgan könnte man am ehesten verzichten?
Sich da überhaupt hineinzudenken. Das ist das Schwierige.
Alles begann mit einem Selbsttest. Bevor die Studierenden ein erstes Reichstags-Modell bastelten, mussten sie zuerst einmal ein Objekt genauso "begreifen" wie Blinde es tun. Anne-Marie Octave, Robert Niemann und Anne Knoth hatten mit geschlossenen Augen ein Mini-Haus zu ertasten - ein Haus mit einem Portal, einer schrägen Wand und zwei Kuppeln auf dem Dach. Das mussten sie dann "blind" zeichnen.
Tatsache ist einfach: Erstens haben die Linien sich zum Teil nicht getroffen (lacht), zweitens: die Kuppeln, die saßen irgendwie im, unterm Gebäude oder wo auch immer, aber nicht drauf, diese Schräge wurde halt gar nicht erfasst – wenn sie erfasst wurde, sogar falsch rum gezeichnet. Und das hat kein einziger begriffen von den Studenten.
Es war im Prinzip wie ein Kind, das Zeichnen lernt.
Ja man merkt doch, wieweit man sich doch immer wieder auf seine Augen verlässt, so als Sehender. Das war halt wahnsinnig witzig.
Dann wurden Test-Modelle des Reichstages entworfen – und "echten" Blinden präsentiert. Die Studierenden merkten bald, dass sie vieles, was sie zuvor an der Uni gelernt hatten, nun vergessen konnten. Etwa ihre typischen Querschnittsmodelle von Bauwerken.
Also für die Blinden ist es so, dass die ne Schwierigkeit haben, einen Raum zu ergänzen. Also die können halt besser eine Form von außen, ne Gesamtform ertasten, aber zu verstehen, wenn man durch ein Gebäude durchschneidet, dass dann aufklappt, also etwas was ganz ist, auf einmal nur zur Hälfte da zu haben und dann zu ergänzen im Kopf - also ich glaub` das ist wirklich etwas, was schwierig ist.
Weiteres Problem: Der Sandstein des Reichstages. Einfaches Schleifpapier reicht Blinden nicht aus, um ein Gefühl für die Oberfläche des Bauwerks zu bekommen. Spezielle Sand-Kunststoffmischungen mussten gemixt werden. Reiner Delgado vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, der das Projekt begleitet, war außerdem irritiert über die Modellierung des Tiergartens. Der Tiergarten grenzt an den Reichstag und wurde von den Studierenden zum Teil durch einzelne Bäume, zum Teil aber auch als geschlossene, homogene Waldfläche dargestellt.
Da gab es diese Kugeln, einfach mehrere Kugeln nebeneinander, wo relativ eindeutig für mich, der das befühlt hat, war, das könnten jetzt Bäume sein. Und diese Waldfläche, also das hat sich so ein bisschen angefühlt wie ein Naturschwamm. Wie so mehrere Bäume nebeneinander wahrscheinlich auch aussehen, aber was für mich dann nicht mehr so ohne weiteres als Wald zu erkennen war.
Dennoch: Die Blinden sind begeistert von der Kooperation mit der TU Berlin.
Für mich war es super aufschlussreich, diese Modellansätze, die es bisher gab, mal zu betasten und zu wissen, das sind vier Türme an den Ecken, da ist in der Mitte ne Kuppel, da gibt’s Innenhöfe, also alles Sachen, die ich vorher nicht wusste und ich hab jetzt ne Vorstellung von dem Gebäude, die ich vorher nicht hatte. Das finde ich super.
Viele Fragen sind noch zu klären. Soll die Inschrift am Reichstag "Dem Deutschen Volke" in Blindenschrift oder in lateinischen Buchstaben aufgeklebt werden? Soll man die Kuppel so gestalten, dass man sie abnehmen und von oben in den Wandelgang hineingreifen kann? Und welches Material hält Millionen Berührungen stand? 2006 wird es dann soweit sein: Dann wird das zwei Quadratmeter große Modell im Reichstag stehen. Ganz zentral.
Ich glaube, es würde dann wenig Sinn machen, wenn dieses Modell in einem separaten Raum stehen würde, wo man die Blinden hinein führen würde.
Und das ist halt auch ein Faktor, den wir halt irgendwie versuchen mit einzubeziehen: die Sehenden werden das ja auch sehen. Und dass das für die selbst auch so ein bisschen so eine Verknüpfung in Richtung Blinde wird.
Man taucht ja da irgendwie schon in eine andere Welt ein.
Wir haben auch immer im Kopf durchgespielt: was wäre, wenn ich nicht sehen könnte? Oder auf welches Sinnesorgan könnte man am ehesten verzichten?
Sich da überhaupt hineinzudenken. Das ist das Schwierige.
Alles begann mit einem Selbsttest. Bevor die Studierenden ein erstes Reichstags-Modell bastelten, mussten sie zuerst einmal ein Objekt genauso "begreifen" wie Blinde es tun. Anne-Marie Octave, Robert Niemann und Anne Knoth hatten mit geschlossenen Augen ein Mini-Haus zu ertasten - ein Haus mit einem Portal, einer schrägen Wand und zwei Kuppeln auf dem Dach. Das mussten sie dann "blind" zeichnen.
Tatsache ist einfach: Erstens haben die Linien sich zum Teil nicht getroffen (lacht), zweitens: die Kuppeln, die saßen irgendwie im, unterm Gebäude oder wo auch immer, aber nicht drauf, diese Schräge wurde halt gar nicht erfasst – wenn sie erfasst wurde, sogar falsch rum gezeichnet. Und das hat kein einziger begriffen von den Studenten.
Es war im Prinzip wie ein Kind, das Zeichnen lernt.
Ja man merkt doch, wieweit man sich doch immer wieder auf seine Augen verlässt, so als Sehender. Das war halt wahnsinnig witzig.
Dann wurden Test-Modelle des Reichstages entworfen – und "echten" Blinden präsentiert. Die Studierenden merkten bald, dass sie vieles, was sie zuvor an der Uni gelernt hatten, nun vergessen konnten. Etwa ihre typischen Querschnittsmodelle von Bauwerken.
Also für die Blinden ist es so, dass die ne Schwierigkeit haben, einen Raum zu ergänzen. Also die können halt besser eine Form von außen, ne Gesamtform ertasten, aber zu verstehen, wenn man durch ein Gebäude durchschneidet, dass dann aufklappt, also etwas was ganz ist, auf einmal nur zur Hälfte da zu haben und dann zu ergänzen im Kopf - also ich glaub` das ist wirklich etwas, was schwierig ist.
Weiteres Problem: Der Sandstein des Reichstages. Einfaches Schleifpapier reicht Blinden nicht aus, um ein Gefühl für die Oberfläche des Bauwerks zu bekommen. Spezielle Sand-Kunststoffmischungen mussten gemixt werden. Reiner Delgado vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, der das Projekt begleitet, war außerdem irritiert über die Modellierung des Tiergartens. Der Tiergarten grenzt an den Reichstag und wurde von den Studierenden zum Teil durch einzelne Bäume, zum Teil aber auch als geschlossene, homogene Waldfläche dargestellt.
Da gab es diese Kugeln, einfach mehrere Kugeln nebeneinander, wo relativ eindeutig für mich, der das befühlt hat, war, das könnten jetzt Bäume sein. Und diese Waldfläche, also das hat sich so ein bisschen angefühlt wie ein Naturschwamm. Wie so mehrere Bäume nebeneinander wahrscheinlich auch aussehen, aber was für mich dann nicht mehr so ohne weiteres als Wald zu erkennen war.
Dennoch: Die Blinden sind begeistert von der Kooperation mit der TU Berlin.
Für mich war es super aufschlussreich, diese Modellansätze, die es bisher gab, mal zu betasten und zu wissen, das sind vier Türme an den Ecken, da ist in der Mitte ne Kuppel, da gibt’s Innenhöfe, also alles Sachen, die ich vorher nicht wusste und ich hab jetzt ne Vorstellung von dem Gebäude, die ich vorher nicht hatte. Das finde ich super.
Viele Fragen sind noch zu klären. Soll die Inschrift am Reichstag "Dem Deutschen Volke" in Blindenschrift oder in lateinischen Buchstaben aufgeklebt werden? Soll man die Kuppel so gestalten, dass man sie abnehmen und von oben in den Wandelgang hineingreifen kann? Und welches Material hält Millionen Berührungen stand? 2006 wird es dann soweit sein: Dann wird das zwei Quadratmeter große Modell im Reichstag stehen. Ganz zentral.
Ich glaube, es würde dann wenig Sinn machen, wenn dieses Modell in einem separaten Raum stehen würde, wo man die Blinden hinein führen würde.
Und das ist halt auch ein Faktor, den wir halt irgendwie versuchen mit einzubeziehen: die Sehenden werden das ja auch sehen. Und dass das für die selbst auch so ein bisschen so eine Verknüpfung in Richtung Blinde wird.