Archiv


Den Titel zurückgeholt

Lecker soll es sein, mit einem netten Service serviert und in einem angenehmen Ambiente genossen: das Mensaessen. Jedes Jahr wieder sucht die Unicum Zeitschrift die Mensa des Jahres in Deutschland. Dazu werden 22.000 Studierenden in Deutschland befragt. Gewonnen hat die Mensa, die schon vor zwei Jahren als beste Mensa in Deutschland galt, die Mensa des Studentenwerks Osnabrück im kleinen beschaulichen Vechta im Nordwesten Niedersachsens. Heute wird die Mensa in Vechta mit fünf goldenen Tabletts ausgezeichnet.

Von Carolin Hoffrogge |
    Die große weiße Schiebetür zur Mensa Vechta öffnet täglich um 11:45 Uhr. Hunderte Studenten strömen in die Licht-durchflutete, aus Backsteinen solide gebaute Universitätskantine. Die Stimmung ist fröhlich. Seine Mitarbeiter ziehen an einem Strang, freut sich Küchenchef Rudi Böhmer über die Auszeichnung "Mensa des Jahres 2004".

    Das ist ja unsere große Stärke, das wir Teamarbeit haben, das jeder jeden unterstützt. Da wird jetzt ganz schnell mitgeholfen. Er ist jetzt bei den Schnitzeln und kann trotzdem eben die Friteuse mit den Röstinchen befüllen. So geht das.

    Schnell reißt Lehrling Markus Siefke einen Beutel mit Röstinchen auf und schmeißt die hellgelben, gefrorenen Kartoffeltaler in die heiße Friteuse.

    Jeder übernimmt das dann eben vom anderen mit. Das ist so ein Hand-in-Hand-Arbeiten hier. Wenn jetzt zum Beispiel einer dringend weg muss und was auf dem Herd hat, dann rühren wir das eben auch mit um.

    Hightech an allen Ecken und Enden in der hellen, weißgekachelten Mensaküche in Vechta. Schälmaschine, Friteuse, Dampfgarer - zur Mittagszeit läuft bei Chef Böhmer alles auf Hochtouren.

    Das ist jetzt das Signal, dass der Dampfgarer sein Garvorgang beendet hat. Ich weiß jetzt gar nicht was drin ist. Sie hat das gerade befüllt. So ist das den ganzen Mittag, es wird immer frisch auf den Punkt nachbereitet. Das Ausgabepersonal weiß genau, wann das nächste gebraucht wird, und dann rufen die rein: Einmal Pommes, einmal Schnitzel oder einmal Tortilla oder einmal Soße. Und wer den Nachschub macht, hört das sofort und bringt das nach vorne.

    Schweineschnitzel auf tomatigen Nudeln, Weizentortillas mit Gemüsefüllung oder Steckrübeneintopf mit Würstchen: die Auswahl an Hauptmenüs ist vielfältig. Jürgen Howe, Professor für Alterswissenschaften, hat sich einen gelb-orangen Steckrübeneintopf genommen.

    Weil der absolut hervorragend ist, der Eintopf. Insgesamt kommt man ja immer in Schwierigkeiten mit der Wahl, weil es nur gute Alternativen gibt. Das ganze Mensaessen ist ein Segen für die Hochschule. Ich würde fast sagen, es ist das stabilste Element hier. Gerade die ökologische Ausrichtung in der letzten Zeit und die Vielfalt der Geschmäcker, die so geboten wird - international - ist wirklich beeindruckend.

    Auch das Salatbuffet von Anna Stuckenborg ist beeindruckend. Weißer Chicoree, rote Beete, grüner Blattsalat, orange Möhren. In Scheiben, in Steifen oder geraspelt. Aus Stuckenborgs Glastheke leuchtet alles bunt. Bei ihr holt sich Professor Howe noch schnell einen Salat.

    Dabei weiß Anna Stuckenborg genau, was ihre Kunden wünschen. Mit ihrer großen Salatgabel befüllt die 60-Jährige die weißen Schälchen:

    Wird gern gegessen. Ist ja gesund. Man weiß schon von vielen, was die gerne essen. Ich weiß schon, wenn die kommen, was die gerne hätten.

    Familiär und vertraut geht es in der Mensa Vechta zu, sagt Chef Böhmer. Seit 22 Jahren arbeitet sein Team aus 20 Leuten reibungslos zusammen. Die gute Betriebsstimmung kommt auch bei Lehramtsstudent Michael und seiner Freundin Lilly gut an.

    Sie: Ich wollte die Weizentortillas essen, das haben ich noch nicht gegessen. Schön abwechselungsreich. Gestern gab es Chili con Carne, das esse ich am liebsten, aber auch die einfachen Sachen, Nudeln oder so. Er: Ja, schmeckt hier gut. Gibt ja auch immer verschiedene Gerichte, da kann man sich ja immer was auswählen. Zwischen 2 und 3 Euro, das ist ein fairer Preis auf jeden Fall.


    Lecker, aber trotzdem preiswert, meinen Lilly und Michael. Denn für ihr komplettes Menü inklusive Getränk zahlen die beiden bei Kassiererin Karin Prüllage:

    bitte. Stimmt so. Ich bin seit 22 Jahren dabei, da weiß man das, wer so dazu gehört. Macht auf jeden Fall Spaß. Die Kiddies, die neue Generation die kommen dann mal mit den Eltern, das ist immer ganz schön. Also man kennt sich untereinander. Mal besuchen uns auch alte Studenten von vor 22 Jahren.

    Der helle Speisesaal ist fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Mittendrin sitzen Holger und Christan. Die beiden 20-Jährigen schauen aus den großflächigen Fenstern auf die grüne Umgebung der Vechtaraner Uni und lassen es sich schmecken.

    Holger: Das ist total klasse, schönes Schnitzel. Ne vegetarische Portion habe ich mir heute auch noch mal genommen. Gesund und lecker, wie jeden Tag. Im Vergleich zur Bundeswehr. Ist gar kein Vergleich, weil da war das Essen längst nicht so gut wie hier. Die hier ist wirklich klasse.

    Christian: Ich hab die Suppe probiert. Die ist schon mal sehr gut, wie jeden Tag. Ich hab es noch nie gehabt, das ich hier war und es nicht geschmeckt hat.

    Aber nicht nur der Geschmack ist entscheidend, sondern auch der Service, das Ambiente und die Sauberkeit. Dafür sorgen fünf fleißige Frau hinter den Kulissen. Ruck zuck räumen sie in der Spülküche das Geschirr von den orangen Tabletts. Bei 80 Grad spült Else Hunhorst die dreckigen Teller und Tassen, die Messer und Gabeln zweimal heiß ab. Dann nimmt sie die sauberen Stücke aus dem Spülkasten.

    Wir müssen reingucken, ob alles sauber ist. Da zum Beispiel, ist nicht sauber, das muss ich aussortieren. Und das Band darf nicht stehen, da muss man schon ein bisschen flott sein.

    Flott ist auch Ulla Karzmirski. Die hagere Frau leitet die Cafeteria der Mensa in Vechta. Sie hat sehr zum Gewinn "Mensa des Jahres 2004" beigetragen, lobt sie ihr Chef Rudi Böhmer. Denn bei Ulla, wie die 50-Jährige von allen genannt wird, fühlt sich jeder wohl. Ulla hat immer ein offenes Ohr, ist aber mit ihrer Kundschaft, den 2500 Studierenden der Universität Vechta, öfter mal streng. Das hat auch Studentin Alex erfahren müssen:

    Sie hier zum Beispiel ist auch schon mal so ein bisschen reingelegt worden. Wenn sie nicht pariert hat und Tassen abgeräumt hat, dann geht man da einmal hinterher, ob es jetzt ins Seminar ist oder nicht, dann holt mal sie mal kurz zurück. Und dann wissen die genau Bescheid, das machen sie kein zweites Mal wieder. Sonst zieht es hier aus wie bei Hempels unterm Sofa. Kippeln gibt es nicht mit den Stühlen. Die brauchen wir ja noch ein paar Tage länger. Wenn so was passiert, wird es hier mal kurz laut oder die Schuhe auf dem Stuhl haben.