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Den Uhu mit dem Steinbruch versöhnen

Natur und Industrie - zwei unversöhnliche Feinde? Nicht unbedingt, sagt eine Gruppe von Unternehmen die beschlossen haben, sich die erst jüngst reformierten Ziele der Europäischen Union zum Schutz der Artenvielfalt zu eigen zu machen. Neben eigenen Aktionen arbeiten sie gezielt mit Naturschutzverbänden zusammen.

Von Verena Kemna |
    Straßen- und Siedlungsbau sowie die Abholzung von Regenwald gelten weltweit noch immer als Hauptursachen dafür, dass täglich bis zu 130 Arten aussterben. Allein in Deutschland ist jede achte Vogelart gefährdet. Die EU-Kommission benennt in ihrer neuen Strategie sechs Ziele, die bis 2020 erreicht werden sollen. Im Grundsatz positiv, erklärt Ulrich Stöcker von der Deutschen Umwelthilfe:

    "Es soll eine Ökologisierung der Agrar- und der Fischereipolitik geben, es soll Managementpläne für alle FFH- und Vogelschutzgebiete geben und eine Finanzierung, die sich am tatsächlichen Bedarf orientiert."

    Er kritisiert, dass viele der hehren Ziele unkonkret bleiben. Da heißt es zum Beispiel, dass sich in den nächsten neun Jahren im Vergleich zum Status quo die Qualität der Lebensräume um 100 Prozent verbessern soll. Für mehr Artenvielfalt im Bereich der Land- und Forstwirtschaft fordert die EU-Kommission Managementpläne sowie den entsprechenden Einsatz von EU-Geldern. Doch das Strategiepapier der EU-Kommission bleibt allgemein.

    "Es wird auch nach wie vor kein eigenes Finanzierungsinstrument für Biodiversität in der EU geben. Es gibt das Life Programm, wo ausgewählte Projekte vor Ort durchgeführt werden können. Dieses Budget liegt aber im Einprozentbereich dessen, was beispielsweise in der gemeinsamen Agrarpolitik umgesetzt wird."

    Andere Bereiche wie Energiewirtschaft, Verkehr und Chemie werden überhaupt nicht erwähnt. Welchen Beitrag die Wirtschaft zum Erhalt der Artenvielfalt leisten kann, bleibt außen vor. Das kritisieren auch Wissenschaftler vom Netzwerkforum zur Biodiversitätsforschung in Deutschland. Dabei zeigt eine Kampagne des Global Nature Fund, dass es positive Ansätze gibt. Uwe Brendle ist beim Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport zuständig für Fragen der Nachhaltigkeit. Hochwertige Waldflächen umgeben den Frankfurter Flughafen. Fast 300 Hektar Wald mussten für den Ausbau gerodet werden. Auf einer ebenso großen Fläche werden nun entsprechend den naturrechtlichen Vorgaben, Wälder wieder aufgeforstet. Maßnahmen für etwa 160 Millionen Euro.

    "Beispielsweise fällt darunter die Einrichtung von Auwäldern am Rhein. Da werden jetzt 300.000 Bäume, die mindestens zwei Meter hoch sein müssen, die extra gezogen werden mussten, weil sie so nicht zu bekommen sind, werden da gepflanzt."

    Nachhaltigkeit sei festgeschriebenes Unternehmensziel, erklärt Uwe Brendle. Über einen Umweltfonds unter dem Motto aktiv für die Region investiert der Frankfurter Flughafenbetreiber jährlich zwei Millionen Euro in Naturschutzprojekte in der Region. Die Angebote reichen von Zoobesuchen für die Mitarbeiter bis hin zu Umweltpädagogen, die in den Schulen der Region kostenlos über Artenvielfalt informieren. Gesellschaftliches Engagement, von dem Kommune und Flughafenbetreiber gleichermaßen profitieren. Christian Haeser vom Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg berichtet von wirkungsvollen Renaturierungsmaßnahmen etwa in Steinbrüchen. Geplant sei eine Datenbank, um die Artenvielfalt vor und nach dem Eingriff in die Natur festzuhalten.

    "Zum Teil ist es ja so, dass wir im Steinbruch auch den Uhu dort leben haben, der sich da wohlfühlt, gerade weil dort die Steine abgebrochen werden. Oder aber die Gelbbauchunke, dass die sich dort ansiedeln, weil die sich dort wohlfühlen bei unserer Tätigkeit."
    Workshops für die Mitarbeiter, Veröffentlichung des Monitorings im Internet, ein Biodiversitätssiegel für Baden-Württemberg, all das sind konkrete Maßnahmen und Projekte für gesellschaftliches Engagement von Wirtschaftsunternehmen. Stefan Hörmann vom Global Natur Fund fordert von der EU konkrete Anreize.

    "In dieser Hinsicht glauben wir, dass im Moment, Unternehmen, die sich für biologische Vielfalt einsetzen, sich fast noch in der Phase des Pioniertums bewegen und solange die politischen Rahmenbedingungen hier nicht noch stärker fördernd wirken, wird das auch in nächster Zeit so bleiben."