Eine Amsel trillert unter dem Olivenbaum im 18. Stock. Vom Nussbaum aus der 15. Etage pfeift die Nachtigall herüber und gegenüber, von der Steineiche in Turm zwei krächzt eine schwarze Krähe zurück.
Soweit die Zukunftsmusik. Die Gegenwart an diesem Frühlingsmorgen in Mailand ist weniger lieblich. Auf den Straßen rauscht der Großstadtverkehr, es regnet.
Es sei ein einzigartiges Experiment, sagt Stefano Boeri. In keinem Hochhaus der Welt gäbe es eine solche Fülle von Vegetation, Bäumen und Sträuchern.
"Bosco Verticale", "vertikaler Wald". So hat der italienische Architekt Stefano Boeri seine beiden 80 und 112 Meter hohen Hochhaustürme genannt, deren Gerippe in der Nähe des Bahnhofs Porta Garibaldi in den Himmel ragen. Noch ist nicht Grün, sondern das triste Betongrau des Rohbaus die vorherrschende Farbe. In etwa einem Jahr sollen die Gebäude bezugsfertig sein.
Für das Aufforsten in luftigen Höhen ist die Agrarwissenschaftlerin Laura Gatti zuständig, die etwa 20 verschiedene Baumarten ausgewählt hat. Sie habe dabei auch ästhetische Gesichtspunkte berücksichtigt, etwa, was die Farben der Blätter und ihre Veränderung während der Jahreszeiten angeht. Die Blätter sollten die Fassade schmücken und in der ganzen Stadt zu sehen sein.
Steineichen, Oliven, Nussbäume, Birnen und Kirschen wurden für den vertikalen Wald ausgesucht, insgesamt 900 Bäume, von denen einige bis zu acht Meter hoch werden können. Dazu knapp 5.000 Sträucher und Büsche. Sie alle werden auf den insgesamt 400 größeren und kleinen Terrassen vom ersten bis zum 26. Stock gepflanzt. Wie Plattformen ragen sie nebeneinander und übereinander versetzt aus den Türmen als Fundamente für den durchgehenden grünen Mantel.
Ein Baustellenaufzug ruckelt mühsam nach oben. Hier ist in einem Vorzeigeapartment bereits zu besichtigen, wie der vertikale Wald von innen wirken wird: Man tritt aus der Wohnung durch eine Glastür auf eine etwa 15 Quadratmeter große Terrasse. Aus den in die Brüstung eingelassenen Wannen ragen Sträucher und ein paar dünne Baumstämme, an denen der Blick vorbei über die Stadt geht. Gewässert wird automatisch, ein Team von Gärtnern wird sich um die Waldpflege kümmern.
Laura Gatti erzählt, die Bäume seien eigens gezüchtet und zwei Jahre im Windkanal getestet worden. Die Pflanzen, aber auch die Erde und die Wannen seien so gewählt, dass bei starkem Wind nichts passiert.
Stefano Boeris vertikaler Wald ist nicht nur ein ästhetisches Projekt. Es ist auch der Versuch einer städtebaulichen Antwort auf die Probleme der Metropolen wie Feinstaub oder Stadtflucht. Mit den Pflanzen auf den beiden Hochhäusern könnte man eine Fläche von 10 000 Quadratmetern aufforsten, eine regelrechte grüne Lunge. Teilte man die Apartments in Einfamilienhäuser auf, müssten dafür 50.000 Quadratmeter Land bebaut werden. Boeri hingegen holt die Natur in die Metropole zurück und setzt einen Gegentrend zur Zersiedelung der Städte.
Boeri: "Die Städte müssen ihr Verhältnis zur Natur neu definieren. Es ist heute eine der großen Herausforderungen, wieder mehr Grün in die Städte zu bringen und die urbane Biodiversität zu steigern. Wir leiden außerdem unter dem Phänomen der Zersiedelung, in dieser Hinsicht ist das auch ein politisches Projekt."
In etwa einem Jahr soll der vertikale Wald bevölkert sein, von Eigentümern - und einer wäldlichen Fauna. Fuchs und Dachs werden es vermutlich nicht bis in den 26. Stock schaffen. Aber sollten die Hochhäuser bei ein paar Mauerseglern Gefallen finden, dann wären seine Macher auch schon zufrieden.
Soweit die Zukunftsmusik. Die Gegenwart an diesem Frühlingsmorgen in Mailand ist weniger lieblich. Auf den Straßen rauscht der Großstadtverkehr, es regnet.
Es sei ein einzigartiges Experiment, sagt Stefano Boeri. In keinem Hochhaus der Welt gäbe es eine solche Fülle von Vegetation, Bäumen und Sträuchern.
"Bosco Verticale", "vertikaler Wald". So hat der italienische Architekt Stefano Boeri seine beiden 80 und 112 Meter hohen Hochhaustürme genannt, deren Gerippe in der Nähe des Bahnhofs Porta Garibaldi in den Himmel ragen. Noch ist nicht Grün, sondern das triste Betongrau des Rohbaus die vorherrschende Farbe. In etwa einem Jahr sollen die Gebäude bezugsfertig sein.
Für das Aufforsten in luftigen Höhen ist die Agrarwissenschaftlerin Laura Gatti zuständig, die etwa 20 verschiedene Baumarten ausgewählt hat. Sie habe dabei auch ästhetische Gesichtspunkte berücksichtigt, etwa, was die Farben der Blätter und ihre Veränderung während der Jahreszeiten angeht. Die Blätter sollten die Fassade schmücken und in der ganzen Stadt zu sehen sein.
Steineichen, Oliven, Nussbäume, Birnen und Kirschen wurden für den vertikalen Wald ausgesucht, insgesamt 900 Bäume, von denen einige bis zu acht Meter hoch werden können. Dazu knapp 5.000 Sträucher und Büsche. Sie alle werden auf den insgesamt 400 größeren und kleinen Terrassen vom ersten bis zum 26. Stock gepflanzt. Wie Plattformen ragen sie nebeneinander und übereinander versetzt aus den Türmen als Fundamente für den durchgehenden grünen Mantel.
Ein Baustellenaufzug ruckelt mühsam nach oben. Hier ist in einem Vorzeigeapartment bereits zu besichtigen, wie der vertikale Wald von innen wirken wird: Man tritt aus der Wohnung durch eine Glastür auf eine etwa 15 Quadratmeter große Terrasse. Aus den in die Brüstung eingelassenen Wannen ragen Sträucher und ein paar dünne Baumstämme, an denen der Blick vorbei über die Stadt geht. Gewässert wird automatisch, ein Team von Gärtnern wird sich um die Waldpflege kümmern.
Laura Gatti erzählt, die Bäume seien eigens gezüchtet und zwei Jahre im Windkanal getestet worden. Die Pflanzen, aber auch die Erde und die Wannen seien so gewählt, dass bei starkem Wind nichts passiert.
Stefano Boeris vertikaler Wald ist nicht nur ein ästhetisches Projekt. Es ist auch der Versuch einer städtebaulichen Antwort auf die Probleme der Metropolen wie Feinstaub oder Stadtflucht. Mit den Pflanzen auf den beiden Hochhäusern könnte man eine Fläche von 10 000 Quadratmetern aufforsten, eine regelrechte grüne Lunge. Teilte man die Apartments in Einfamilienhäuser auf, müssten dafür 50.000 Quadratmeter Land bebaut werden. Boeri hingegen holt die Natur in die Metropole zurück und setzt einen Gegentrend zur Zersiedelung der Städte.
Boeri: "Die Städte müssen ihr Verhältnis zur Natur neu definieren. Es ist heute eine der großen Herausforderungen, wieder mehr Grün in die Städte zu bringen und die urbane Biodiversität zu steigern. Wir leiden außerdem unter dem Phänomen der Zersiedelung, in dieser Hinsicht ist das auch ein politisches Projekt."
In etwa einem Jahr soll der vertikale Wald bevölkert sein, von Eigentümern - und einer wäldlichen Fauna. Fuchs und Dachs werden es vermutlich nicht bis in den 26. Stock schaffen. Aber sollten die Hochhäuser bei ein paar Mauerseglern Gefallen finden, dann wären seine Macher auch schon zufrieden.