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Deo und Zahnpasta vom Prof empfohlen

Was tun in Zeiten klammer Kassen? Universitäten in Italien gehen jetzt neue Wege, um an Geld für die Forschung zu kommen: Sie werben für Produkte, die sie in ihren Labors auf ihre Wirksamkeit getestet haben, mit ihren Namen.

Von Thomas Migge | 11.02.2010
    "Als Wissenschaftler achte ich sehr auf neue Entwicklungen und Erfindungen."

    Ein gut gekleideter reifer Mann, mit leicht angegrautem Haar und sportlichem Aussehen, spricht über Körpergeruch und wie ein bestimmtes Deodorant dagegen helfen kann.
    Das Ganze wird unterstrichen durch eine Grafik, die auf die römische Universität La Sapienza verweist. Der Schriftzug von Italiens größter Hochschule mit dem historischen Wappen von La Sapienza soll dem Werbespot einen seriösen und wissenschaftlichen Stempel aufdrücken.
    Doch nicht nur die Uni, die angeblich die Effizienz des Deos überprüft hat, muss als Aushängeschild herhalten. Der Promoter des Deos heißt Michele Mazzanti und ist selbst Wissenschaftler der Hochschule La Sapienza. Sicherlich ist er nicht der erste seiner Profession, der für ein Produkt wirbt. Doch Mazzanti ist Ausdruck eines Phänomens all'italiana. Immer öfter werben Profs und Assistenten für Produkte, allerdings nicht, um ihre eigenen privaten Kassen zu füllen, sondern um Geld für ihre Hochschulen einzunehmen.

    Eine neue Art und Weise, um die ständig leeren Kassen der Unis und ihrer Fakultäten wenigstens ein bisschen zu füllen, erklärt Diego Vallantini, Assistent in der Fakultät Literaturwissenschaften von La Sapienza:

    "Der Anteil dieser Finanzierungsmethode an den Finanzen der Hochschule ist natürlich noch gering. Aber ich beobachte, dass sich diese Methode ausbauen lässt und auch ein wenig Geld tut sein Gutes. Auf jeden Fall kann man von einem nie da gewesenen Boom der autonomen Finanzierung der Hochschulen mit Hilfe von Unternehmen sprechen. Wenn uns die Kultur- und anderen Institutionen des Staates nicht helfen, dann müssen wir uns eben selbst helfen."

    So arbeitet auch der Chemiker Roberto Roveri von der Universität Bologna als wissenschaftliches Aushängeschild seiner Hochschule – mit dem Ziel, Geld einzufahren. Wie viel wird nicht verraten, aber das Unternehmen, für dessen Zahnpasta Roveri wirbt, wird sicherlich nicht wenig Geld herausrücken, wenn er dem Produkt mit dem Hinweis auf eine der ältesten und angesehensten Hochschulen Europas den wissenschaftlichen Segen verpasst.

    Die Einnahmen aus der Werbung dienen vor allem dazu, die hochschuleigene Forschung zu finanzieren; was aufgrund der ständigen Kürzungen der Regierungsausgaben für die Hochschulen immer schwieriger wird. Das sogenannte Co-branding bietet da eine Hilfe, meint auch Luciano Marazzini, Chemiker an der Universität La Sapienza:

    "Wir dürfen nicht vergessen, dass der Werbespot ja am Ende einer Zusammenarbeit steht. Hochschulen nehmen mit Forschungen und Tests, die sie für Unternehmen durchführen, bereits viele Millionen Euro ein. Wenn ein Produkt seriös ist und auch tatsächlich bei unseren Untersuchungen gut abschneidet, warum sollen wir nicht dafür werben, um Geld für uns einzunehmen? Bevor man unsere Beteiligung an diesen Spots kritisiert, sollte man sie in einem Gesamtzusammenhang sehen."

    So nimmt die Uni Rom beispielsweise mit Untersuchungen und Tests von Produkten rund 15 Millionen Euro im Jahr ein. In Bologna sind es 20 Millionen. Da war es für den Bologneser Rektor Dario Braga nur logisch, auch den Schritt zur direkten Werbung zu gehen, wenn, und das wiederholen alle an den Spots Beteiligten, ein getestetes Produkt auch tatsächlich gut und wirksam ist.