Eines fällt bei Menschen mit Infektionskrankheiten besonders auf: die schlechte Stimmung, die bis hin zur Depression gehen kann. Dass immunologische Vorgänge daran schuld sein könnten, das vermutete man in der psychiatrischen Forschung schon lange. Um den Mechanismus aufzuklären, hat Thomas Pollmächer experimentell eine Infektion erzeugt - und zwar nicht mit ganzen Bakterien, sondern nur mit einem zentralen Bestandteil der Mikroben. Das Wissen über diese Schlüsselsubstanz geht bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Pollmächer.
Man hat sehr früh gelernt, dass bei bestimmten Keimen Zellwandbestandteile eigentlich der zentrale Stoff sind, der die Körperabwehr aktiviert. Und diesen Stoff, den kann man tatsächlich isolieren, der heißt Endotoxin, den kann man auch hoch reinigen. Und wenn man den in winzigen Mengen Tieren, oder auch gesunden Probanden gibt, dann kann man ohne eine Krankheit zu erzeugen, denn das sind ja keine vermehrungsfähigen Bakterien, dann kann man für einen begrenzten Zeitraum von mehreren Stunden in einer voraussehbaren Weise das Immunsystem aktivieren, mit allem was dazu gehört.
Endotoxine können die Blut-Hirnschranke so gut wie nicht durchdringen. Sie müssen also mittelbar auf die Stimmung wirken. Und das tun sie über die sog. Zytokine - das sind Botenstoffe, die vom Immunsystem im Falle einer Infektion ausgeschüttet werden und bis ins Hirn Gelangen. Pollmächer:
Da haben wir gesehen, dass tatsächlich ein sehr enger linearer Zusammenhang besteht zwischen der Ausschüttung solcher Faktoren und dem Grad der Depressivität, der entsteht. Das heißt, je stärker man das Immunsystem aktiviert, desto stärker ist, natürlich nur sehr vorübergehend, eine gewisse Depressivität bei den Probanden.
Nun heißt es für die Mediziner, so der Max-Planck-Forscher Pollmächer, die Depression bei Schwerkranken anders zu bewerten. Und das wird auch heißen, auf andere Behandlungsstrategien zu setzen. Pollmächer:
Es wird allgemein als ein relativ banales Faktum hingenommen, dass schwerkranke Menschen, die zum Beispiel krebs haben oder die chronische Infektionen haben, dass die schlechter Stimmung sind. Die Ergebnisse, die wir erzielt haben, deuten aber darauf hin, dass die Zusammenhänge komplizierter sind, und dass Depressivität bei solchen Menschen tatsächlich auch ein direkter Teil der körperlichen Erkrankung ist. Und das kann natürlich wahnsinnig wichtig bei der Behandlung. Um es ganz banal zu sagen, ist es möglicherweise so, dass bei solchen Erkrankungen allein der Zuspruch nicht hilft, sondern dass man wirklich aktiv die Wirkung solcher Immunbotenstoffe blockieren muss, und damit auch die Stimmung und den Lebenswillen solcher schwer kranker Menschen auch bessert.
Die krankmachenden Endotoxine findet man vor allem bei evolutionär sehr alten Bakterien, den sog. Gram-Negativen, die zum Beispiel eine Harnwegsinfektion verursachen oder Lungenentzündungen. Wie erwähnt, vergleichen Immunologen auch eine Krebserkrankung oft mit einer Infektion - und es gibt noch eine Reihe anderer Erkrankungen, bei denen die Depression eine ganz natürliche Begleiterscheinung sein könnte. Es bleibt aber noch die Frage, warum der infizierte Körper - über das Immunsystem - sich selber in Form einer depressiven Verstimmung mit Energie- und Antriebslosigkeit zusätzlich schwächt. Thomas Pollmächer bietet eine mögliche Antwort an:
Man kann es auch so herum sehen, dass die Reduktion der körperlichen Aktivität, die natürlich eine Verschlechterung der Stimmung erst einmal voraussetzt, dass die für die Abwehr günstig ist. Es ist vielleicht tatsächlich sinnvoll, dass das Lebewesen sich selbst ruhigstellt und dazu gehört vielleicht auch die mentale Einstellung, ich will jetzt gar nichts unternehmen.
Die immunvermittelten Zytokine medikamentös zu blockieren und damit die depressive Verstimmung zu vermeiden - von dieser Strategie hält Thomas Pollmächer nichts. Die Immunstoffe haben nämlich so viele andere Funktionen, dass man mit ihrer Ausschaltung wahrscheinlich das Immunsystem zum Entgleisen brächte.
Man hat sehr früh gelernt, dass bei bestimmten Keimen Zellwandbestandteile eigentlich der zentrale Stoff sind, der die Körperabwehr aktiviert. Und diesen Stoff, den kann man tatsächlich isolieren, der heißt Endotoxin, den kann man auch hoch reinigen. Und wenn man den in winzigen Mengen Tieren, oder auch gesunden Probanden gibt, dann kann man ohne eine Krankheit zu erzeugen, denn das sind ja keine vermehrungsfähigen Bakterien, dann kann man für einen begrenzten Zeitraum von mehreren Stunden in einer voraussehbaren Weise das Immunsystem aktivieren, mit allem was dazu gehört.
Endotoxine können die Blut-Hirnschranke so gut wie nicht durchdringen. Sie müssen also mittelbar auf die Stimmung wirken. Und das tun sie über die sog. Zytokine - das sind Botenstoffe, die vom Immunsystem im Falle einer Infektion ausgeschüttet werden und bis ins Hirn Gelangen. Pollmächer:
Da haben wir gesehen, dass tatsächlich ein sehr enger linearer Zusammenhang besteht zwischen der Ausschüttung solcher Faktoren und dem Grad der Depressivität, der entsteht. Das heißt, je stärker man das Immunsystem aktiviert, desto stärker ist, natürlich nur sehr vorübergehend, eine gewisse Depressivität bei den Probanden.
Nun heißt es für die Mediziner, so der Max-Planck-Forscher Pollmächer, die Depression bei Schwerkranken anders zu bewerten. Und das wird auch heißen, auf andere Behandlungsstrategien zu setzen. Pollmächer:
Es wird allgemein als ein relativ banales Faktum hingenommen, dass schwerkranke Menschen, die zum Beispiel krebs haben oder die chronische Infektionen haben, dass die schlechter Stimmung sind. Die Ergebnisse, die wir erzielt haben, deuten aber darauf hin, dass die Zusammenhänge komplizierter sind, und dass Depressivität bei solchen Menschen tatsächlich auch ein direkter Teil der körperlichen Erkrankung ist. Und das kann natürlich wahnsinnig wichtig bei der Behandlung. Um es ganz banal zu sagen, ist es möglicherweise so, dass bei solchen Erkrankungen allein der Zuspruch nicht hilft, sondern dass man wirklich aktiv die Wirkung solcher Immunbotenstoffe blockieren muss, und damit auch die Stimmung und den Lebenswillen solcher schwer kranker Menschen auch bessert.
Die krankmachenden Endotoxine findet man vor allem bei evolutionär sehr alten Bakterien, den sog. Gram-Negativen, die zum Beispiel eine Harnwegsinfektion verursachen oder Lungenentzündungen. Wie erwähnt, vergleichen Immunologen auch eine Krebserkrankung oft mit einer Infektion - und es gibt noch eine Reihe anderer Erkrankungen, bei denen die Depression eine ganz natürliche Begleiterscheinung sein könnte. Es bleibt aber noch die Frage, warum der infizierte Körper - über das Immunsystem - sich selber in Form einer depressiven Verstimmung mit Energie- und Antriebslosigkeit zusätzlich schwächt. Thomas Pollmächer bietet eine mögliche Antwort an:
Man kann es auch so herum sehen, dass die Reduktion der körperlichen Aktivität, die natürlich eine Verschlechterung der Stimmung erst einmal voraussetzt, dass die für die Abwehr günstig ist. Es ist vielleicht tatsächlich sinnvoll, dass das Lebewesen sich selbst ruhigstellt und dazu gehört vielleicht auch die mentale Einstellung, ich will jetzt gar nichts unternehmen.
Die immunvermittelten Zytokine medikamentös zu blockieren und damit die depressive Verstimmung zu vermeiden - von dieser Strategie hält Thomas Pollmächer nichts. Die Immunstoffe haben nämlich so viele andere Funktionen, dass man mit ihrer Ausschaltung wahrscheinlich das Immunsystem zum Entgleisen brächte.