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Der "Anti-Daum"

Kurz nach dem Ende der letzten Saison trat Christoph Daum als Trainer des 1. FC Köln zurück. Nach anderthalbwöchiger Suche wurde der Kroate Zvonimir Soldo als Nachfolger präsentiert. Seit einem guten Monat bereitet der 42-jährige Trainer-Newcomer die Kölner auf die neue Saison vor. Und bisher sind alle voll des Lobes.

Von Björn Lindert |
    Wie ein General steht Zvonimir Soldo auf dem Trainingsplatz. Verzieht keine Miene. Zwischendurch kurze, präzise Ansagen. Der Kroate strahlt eine natürliche Autorität aus und legt ganz besonders viel Wert auf gegenseitigen Respekt und Disziplin:

    "Kann man so sagen. Wir sind eine Mannschaft. Sind viele Nationalitäten da. Eine Ordnung muss sein. Kann nicht jeder machen was er will. Aber das sind normale Sachen."

    Soldo ist eine Art Anti-Daum. Der Kroate macht im Prinzip alles anders als sein schillernder Vorgänger Christoph Daum. Soldo ist kein Mann der vielen Worte oder übertriebenen Gesten, kein Mann der großen Show. Der 41-Jährige ist ruhig, sachlich und ein akribischer Arbeiter. Genau der richtige Typ für eine multikulturelle, schwierige Mannschaft, findet Kölns Manager Michael Meier:

    "Von seinen fachlichen Fähigkeiten sind wir absolut überzeugt. Da gibt es gar keinen Zweifel. Er hat als Spieler Führungsqualitäten auf dem Platz gezeigt. War immer verlängerter Arm des Trainers. Da ändert sich der Mensch ja eigentlich nicht. Und diese Führungsqualitäten sind in dem heutigen Trainerjob gefragt."

    In den letzten Wochen sickerte immer mehr durch, dass die Kölner Mannschaft in der letzten Saison eher führungslos war. Die einhellige Meinung im Team ist, dass der Trainerwechsel bitter nötig war. Es sei zuletzt viel zu wenig miteinander geredet worden. Die Spieler fühlten sich nicht respektiert und sind - das ist durchaus erstaunlich - sogar froh, dass endlich wieder Wert auf Disziplin gelegt wird. Torhüter Faryd Mondragon sagt zum Beispiel:

    "Es ist ein Neuanfang, und wir haben diesen Neuanfang gebraucht."

    Die Stimmung im Team ist hervorragend, anders als in der letzten Saison, unter Ex-Trainer Christoph Daum war die Stimmung fast auf dem Nullpunkt. Verantwortlich für den Stimmungsum- und -aufschwung ist zum einen Soldo, aber zum anderen - ganz klar - Lukas Podolski. Die Stimmungskanone im Team. Und auch der Stareinkauf und Publikumsliebling ist nach bisher viereinhalb Wochen Vorbereitung sehr angetan von der Zusammenarbeit mit seinem neuen Trainer:

    "Ja, sehr gut, sehr positiv. Er spricht alles klar und direkt an. Er ist wie er als Spieler war: Ruhig und mit klaren Anweisungen. Und ich denke, wir setzen das ganz gut um auf dem Platz."

    Seit Soldo Trainer ist, dürfen die Spieler beim gemeinsamen Essen nicht mehr in Badelatschen erscheinen, im Mannschaftsbus herrscht Handy-Verbot und einen neuen Strafenkatalog hat der Kroate auch eingeführt. 100 Euro für jede Minute Verspätung fließen in die Mannschaftskasse. Und Soldo verzichtet im Gegensatz zu seinem Vorgänger Daum gänzlich auf so genannte Teambuilding-Maßnahmen wie Rafting. Es weht ein völlig neuer Wind, der Manager Michael Meier richtig gut gefällt:

    "Wir sollten die Chance dann auch nutzen, die sich jetzt bietet, dann vielleicht mit einem neuen Geist das zweite, schwierige Jahr zu meistern."

    Es ist die große Chance für Soldo. Und das merkt man ihm auch an. Jedes Training ist akribisch vorbereitet, er macht sich ständig Gedanken um die Mannschaft. Sein Arbeitstag dauert:

    "24 Stunden. Das macht mir immer Spaß, wenn ich mit meinen Jungs auf dem Platz stehe. Das macht mir immer Spaß."

    Bisher hat der 41-Jährige lediglich 2008 ein halbes Jahr bei Dinamo Zagreb als Profitrainer gearbeitet. Jetzt will er den Durchbruch auf der großen Bühne, in der viel beobachteten Bundesliga schaffen:

    "Das war mein Traum immer, dass ich im Fußball bleibe und dass ich als Trainer arbeite. Früher als Spieler, jetzt als Trainer."

    Bei allem Spaß, bald wird es ernst. Die Erwartungen sind groß in Köln nach Verpflichtungen von Maniche, Sebastian Freis und natürlich Lukas Podolski. Und im äußerst schwierigen medialen Kölner Umfeld wird es bei den ersten negativen Ergebnissen ganz schnell eine Menge Gegenwind geben für Soldo:

    "Auch als Spieler habe ich Druck gehabt. Als Trainer hast Du immer Druck. Egal, wo Du tätig bist, hast Du immer Druck."

    Soldo wirkt, als könnte er mit diesem Druck zurecht kommen. Zunächst allerdings ohne seine Familie. Denn seine Frau und seine drei Söhne bleiben vorerst in Zagreb. In einem halben Jahr werden sie wohl nachkommen. In Köln zweifelt niemand daran, dass Soldo dann noch FC-Trainer ist. Das Projekt FC, es ist das Projekt Podolski, aber es auch ein bisschen das Projekt Soldo. Manager Michael Meier hat auf jeden Fall an zwei ganz elementaren Stellschrauben gedreht und träumt von einer erfolgreicheren Zukunft. Mit Podolski, und mit Soldo:

    "Also, dass wir das Ziel haben, nicht immer nur um den Tabellenplatz Zehn zu spielen, das ist völlig klar. Ambitionen sind da, Realist muss man bleiben. Aber ich möchte schon noch mal ganz gerne mit dem 1. FC Köln das internationale Geschäft erleben."