"Ich fing 1938 an Gemälde zu sammeln. Das erste Bild war ein Guercino und dann folgten mehrere Gemälde von Annibale Carracci, der damals relativ preiswert war, weil nur wenige Sammler und Museen an den italienischen Malern aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts interessiert waren. Erst viel später begriff man den hohen ästhetischen Wert dieser Bilder."
Sir Denis Mahon ist weltweit einer der wichtigsten Sammler von Gemälden des italienischen Frühbarock und Barock. So war es nur selbstverständlich, den britischen Kunstexperten in das wissenschaftliche Komitee einer Ausstellung aufzunehmen, die zum ersten Mal überhaupt das komplette Schaffen von Annibale Carracci vorstellt - jenes Malers und Zeichners, der von 1560 bis 1609 lebte, mit nur 49 Jahren an einem Schlaganfall starb und, von seinen Zeitgenossen wie ein zweiter Rafael verehrt, im römischen Pantheon beigesetzt wurde. Ein Maler, der mit seiner schöpferischen Begeisterung, seiner ergreifenden Wiedergabe warmer, sinnlicher Schönheit und seinem zum Teil aggressiven und dichten Pinselstrich ganze Künstlergeneration beeinflusste, die in seiner perfekten Verbindung von Natur- und Geschichtsdarstellungen ein Richtmaß sahen. Dank des internationalen Ansehens von Sir Denis Mahon gelang es den Ausstellungskuratoren, 70 Gemälde und 70 Zeichnungen nach Bologna zu holen, Kunstwerke, die heute, da die Werke des italienischen Frühbarock astronomisch hohe Preise auf dem Kunstmarkt erzielen, in den berühmtesten Museen und Privatsammlungen der Welt hängen. Die Bologneser Carracci-Schau soll die Persönlichkeit des Malers und seine künstlerische Komplexität vorstellen, erklärt Ausstellungskurator Eugenio Riccomini:
"Vor allem wollen wir diesen Mann vorstellen und sein Schaffen, das nicht unbedingt einem breiten Publikum bekannt ist, das aber einen faszinierenden Einblick in die Vielfältigkeit der Barockmalerei gibt. Carracci suchte nach etwas ganz Neuem, einem neuen Malstil. 1595 kam er dafür nach Rom und gründete dort eine eigene Akademie. Unsere Ausstellung stellt auch diese Akademie und ihre für ihre Zeit recht modernen Ideen vor."
Die Accademia dei Desiderosi zog junge Künstler an, die später berühmt wurden und Carraccis Stil fortführten, darunter Guido Reni und Domenichino. Ziel dieser Akademie war es, die Malerei aus der starren Formenlehre des Manierismus zu befreien. Stattdessen wurde jedes der Akademiemitglieder nach seinen Interessen und Begabungen gefördert. Ein einheitlicher Malstil galt als verpönt, doch die Schüler ließen sich von Annibale Carracci inspirieren, von seinem ungemein lebendigen, aus der großen venezianisch-lombardischen Schule des Cinquecento erwachsenen Stil, in dem die lichtdurchglühten Farben der Venezianer, vor allem Tizians und Veroneses, einen besonders Platz einnahmen. Dieser Stil wurde in Rom als "antirömisch" bezeichnet, brach er doch mit künstlerischen Traditionen.
Eugenio Riccomini:
"In der Malerei und in der Kunstgeschichte Roms war der Einfluss Carraccis und seiner Akademie enorm wichtig. Nehmen Sie zum Beispiel seine Gemälde 'Metzgerladen' und 'Bohnenesser': Da werden einfache Menschen dargestellt, in einer sinnlichen und doch klassischen Natürlichkeit, die eine ungestüme malerische Unmittelbarkeit zum Ausdruck bringen, die bis dato unbekannt war und als sehr eigentümlich bezeichnet wurde."
Carraccis Unmittelbarkeit ist es vor allem, die den Besucher der Ausstellung in Bologna anspricht, etwa auf dem Gemälde "Pietà" aus der Londoner National Gallery. Zu sehen ist die Mutter Gottes. In ihrem Schoß liegt der tote, bleiche Körper ihres Sohnes. Drei weitere Frauen beweinen den Leichnam. Die Anordnung der fünf Köpfe entspricht einem auf eine seiner Ecken gestellten Quadrat und erzielt so - wie auch durch den Kontrast zwischen erhobenen, offenen Händen und dem schlaffen Arm des toten Jesus - eine besondere Lebendigkeit und Dramatik. Annibale Carracci entwickelte mit seinen religiösen Darstellungen einen Stil, der ganz den Ideen der katholischen Gegenreformation entsprach, für die die Künste die Seele der Gläubigen unmittelbar ansprechen sollten - mit möglichst lebendig wirkenden ergreifenden Szenen. Aus Carraccis komplexen und doch für den Betrachter zugänglichen, ja sogar populären Kompositionen entstand später der Barock von Rubens und Bernini. Carracci selbst entwickelte sich in seinen späten Jahren nicht in diese Richtung. Er wandte sich dem feierlichen Gebärdenstil und romantischen Szenerien zu - einem heroischen Klassizismus, der von Domenichino und dem Franzosen Pouisson weitergeführt wurde.
Sir Denis Mahon ist weltweit einer der wichtigsten Sammler von Gemälden des italienischen Frühbarock und Barock. So war es nur selbstverständlich, den britischen Kunstexperten in das wissenschaftliche Komitee einer Ausstellung aufzunehmen, die zum ersten Mal überhaupt das komplette Schaffen von Annibale Carracci vorstellt - jenes Malers und Zeichners, der von 1560 bis 1609 lebte, mit nur 49 Jahren an einem Schlaganfall starb und, von seinen Zeitgenossen wie ein zweiter Rafael verehrt, im römischen Pantheon beigesetzt wurde. Ein Maler, der mit seiner schöpferischen Begeisterung, seiner ergreifenden Wiedergabe warmer, sinnlicher Schönheit und seinem zum Teil aggressiven und dichten Pinselstrich ganze Künstlergeneration beeinflusste, die in seiner perfekten Verbindung von Natur- und Geschichtsdarstellungen ein Richtmaß sahen. Dank des internationalen Ansehens von Sir Denis Mahon gelang es den Ausstellungskuratoren, 70 Gemälde und 70 Zeichnungen nach Bologna zu holen, Kunstwerke, die heute, da die Werke des italienischen Frühbarock astronomisch hohe Preise auf dem Kunstmarkt erzielen, in den berühmtesten Museen und Privatsammlungen der Welt hängen. Die Bologneser Carracci-Schau soll die Persönlichkeit des Malers und seine künstlerische Komplexität vorstellen, erklärt Ausstellungskurator Eugenio Riccomini:
"Vor allem wollen wir diesen Mann vorstellen und sein Schaffen, das nicht unbedingt einem breiten Publikum bekannt ist, das aber einen faszinierenden Einblick in die Vielfältigkeit der Barockmalerei gibt. Carracci suchte nach etwas ganz Neuem, einem neuen Malstil. 1595 kam er dafür nach Rom und gründete dort eine eigene Akademie. Unsere Ausstellung stellt auch diese Akademie und ihre für ihre Zeit recht modernen Ideen vor."
Die Accademia dei Desiderosi zog junge Künstler an, die später berühmt wurden und Carraccis Stil fortführten, darunter Guido Reni und Domenichino. Ziel dieser Akademie war es, die Malerei aus der starren Formenlehre des Manierismus zu befreien. Stattdessen wurde jedes der Akademiemitglieder nach seinen Interessen und Begabungen gefördert. Ein einheitlicher Malstil galt als verpönt, doch die Schüler ließen sich von Annibale Carracci inspirieren, von seinem ungemein lebendigen, aus der großen venezianisch-lombardischen Schule des Cinquecento erwachsenen Stil, in dem die lichtdurchglühten Farben der Venezianer, vor allem Tizians und Veroneses, einen besonders Platz einnahmen. Dieser Stil wurde in Rom als "antirömisch" bezeichnet, brach er doch mit künstlerischen Traditionen.
Eugenio Riccomini:
"In der Malerei und in der Kunstgeschichte Roms war der Einfluss Carraccis und seiner Akademie enorm wichtig. Nehmen Sie zum Beispiel seine Gemälde 'Metzgerladen' und 'Bohnenesser': Da werden einfache Menschen dargestellt, in einer sinnlichen und doch klassischen Natürlichkeit, die eine ungestüme malerische Unmittelbarkeit zum Ausdruck bringen, die bis dato unbekannt war und als sehr eigentümlich bezeichnet wurde."
Carraccis Unmittelbarkeit ist es vor allem, die den Besucher der Ausstellung in Bologna anspricht, etwa auf dem Gemälde "Pietà" aus der Londoner National Gallery. Zu sehen ist die Mutter Gottes. In ihrem Schoß liegt der tote, bleiche Körper ihres Sohnes. Drei weitere Frauen beweinen den Leichnam. Die Anordnung der fünf Köpfe entspricht einem auf eine seiner Ecken gestellten Quadrat und erzielt so - wie auch durch den Kontrast zwischen erhobenen, offenen Händen und dem schlaffen Arm des toten Jesus - eine besondere Lebendigkeit und Dramatik. Annibale Carracci entwickelte mit seinen religiösen Darstellungen einen Stil, der ganz den Ideen der katholischen Gegenreformation entsprach, für die die Künste die Seele der Gläubigen unmittelbar ansprechen sollten - mit möglichst lebendig wirkenden ergreifenden Szenen. Aus Carraccis komplexen und doch für den Betrachter zugänglichen, ja sogar populären Kompositionen entstand später der Barock von Rubens und Bernini. Carracci selbst entwickelte sich in seinen späten Jahren nicht in diese Richtung. Er wandte sich dem feierlichen Gebärdenstil und romantischen Szenerien zu - einem heroischen Klassizismus, der von Domenichino und dem Franzosen Pouisson weitergeführt wurde.