Die Bologna-Beschlüsse gelten auch für Schauspieler, der Schauspieler-Bachelor bedeute daher "Harmonisierung der Studienabschlüsse"; damit einher gehe eine größere "Mobilität der Absolventen"; schließlich sei die "stärkere Berufsorientierung" der Studiengänge zu nennen. Die zeige sich deutlich am hohen Anteil von Praxis- und Projekt-orientierten Lehreinheiten zum Beispiel der Ludwigsburger Theaterakademie. Der Hinweis auf dieses mit viel Vorschußlorbeeren bedachte baden-württembergische Vorzeigeprojekt ist relativ nichtssagend: Die Theaterakademie hat in diesem Wintersemester die ersten Studenten aufgenommen. Mit welchem Erfolg, wird man sehen. Franziska Kötz jedenfalls, ehemals designierte Schauspieldirektorin dieser Theaterakademie, leitet jetzt die Sparte Schauspiel an der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. Sie sagte ab, weil sie das auf Vermarktung ausgerichtete Konzept sehr kritisch sieht:
" Mit der Zielvorgabe, eine Doppelqualifikation im Studium zu erreichen, so die Theaterakademie. Nämlich die Doppelqualifizierung für Bühne und Film. Da kann ich nur in der Wurzel schon widersprechen, weil ich sagen würde, Doppelqualifikation ist ein vollkommen falscher Begriff dafür. Es geht darum, einen Schauspieler auszubilden."
Die unabwendbare Modularisierung der Schauspiel-Studiengänge hätten aber auch ihr Gutes, meint Franziska Kötz:
"Das zwingt mich darüber nachzudenken, was genau halte ich für die Essentials einer schauspielerischen Ausbildung. Wir legen als Schule unbedingten Wert auf eine solide, handwerklich schauspielerische Ausbildung, die dazu dient, einer künstlerisch möglichst selbstständigen Persönlichkeit auf den Weg zu helfen."
An dieser Klärung haben sich alle Kollegen beteiligt und gemeinsam haben sie die Studiengänge für den - in Stuttgart vierjährigen - Schauspiel-Bachelor, nein, nicht entrümpelt, auch nicht modisch aufgepeppt, sondern auf der Basis der essentials entwickelt, aufgebaut und in sinnvolle Module gestaffelt.
"Zwei Jahre sagen wir den Studenten, dass wir ihnen dringend raten, nichts draußen zu machen. Es braucht eine Konzentration, die Schauspielausbildung ist ein Prozess, der geht nur parallel zur Entwicklung der Persönlichkeit dieses jungen Menschen."
Eine erfreuliche Ausnahme? Keineswegs. Marina Busse, die Dekanin der Schauspielabteilung an der Folkwangschule, beschreibt einen ähnlichen, wenngleich etwas anders akzentuierten Weg, den die Essener Hochschule zusammen mit einigen anderen eingeschlagen hat: modularisiertes Schauspiel-Studium - ja, Bachelor - nein. Denn drei Jahre sind nicht ausreichend für die Schauspielerausbildung, für den anschließenden Master wäre gar kein Geld da - also ein vier-jähriges Intensivstudium, nicht gestuft, aber mit der gleichen Anzahl von Credits, die ein Masterstudiengang hat. Diploma artium. Marina Busse, die viel von entsprechenden Studiengängen zum Beispiel in Holland, Schottland und der Schweiz hält, über Vorteile:
" Zum Beispiel ist das Selbststudium, das wir jetzt haben einfügen müssen, eine ziemlich tolle Geschichte. Weil wir sind so verschult und wir verpacken diese Schauspielstudenten so voll mit Unterricht, dass sie weder Zeit für Vor- oder Eigenarbeit bleibt. Eigentlich träumen wir alle davon, dass wir einen selbstständigen Schauspieler ausbilden wollen, der fähig ist, auch selber Entwürfe zu machen, das braucht aber auch die Zeit für Eigenarbeit."
Das derart modularisierte Studium schafft also paradoxerweise geradezu Raum für Eigeninitiative. Und es ist angesichts der großen Zahl arbeitsloser Schauspieler sicher sinnvoll, im 4. Studienjahr Spezialisierungsangebote zu machen, Selbstvermarktung und fundraising inclusive. Dennoch ist dieser Befund zunächst überraschend: Dass Bürokratisierungsmaßnahmen ausgerechnet bei der Ausbildung von Künstlern individualisierend wirken können, während zum Beispiel in geisteswissenschaftlichen Bachelor-Studiengängen, oft das genaue Gegenteil beklagt wird: das Studieren nach Modulvorgaben statt nach Interesse. Die Erklärung für dieses Paradox ist einfach: Im universitären Normalfall der Massenfächer hat man es mit Hunderten, Tausenden von Stundenten zu tun. Schauspielstudium aber, das heißt Studieren in Kleinstgruppen, mit engem Kontakt zu den Ausbildern, ja eins zu eins Betreuung. Die Hürde liegt vor dem Studium: Pro Jahr werden aus 5000 - 8000 Bewerbern je nach Hochschule 8 - 12, höchstens 14 Studierende ausgewählt. Da funktioniert jedes Studium, egal nach welchem Modell.
" Mit der Zielvorgabe, eine Doppelqualifikation im Studium zu erreichen, so die Theaterakademie. Nämlich die Doppelqualifizierung für Bühne und Film. Da kann ich nur in der Wurzel schon widersprechen, weil ich sagen würde, Doppelqualifikation ist ein vollkommen falscher Begriff dafür. Es geht darum, einen Schauspieler auszubilden."
Die unabwendbare Modularisierung der Schauspiel-Studiengänge hätten aber auch ihr Gutes, meint Franziska Kötz:
"Das zwingt mich darüber nachzudenken, was genau halte ich für die Essentials einer schauspielerischen Ausbildung. Wir legen als Schule unbedingten Wert auf eine solide, handwerklich schauspielerische Ausbildung, die dazu dient, einer künstlerisch möglichst selbstständigen Persönlichkeit auf den Weg zu helfen."
An dieser Klärung haben sich alle Kollegen beteiligt und gemeinsam haben sie die Studiengänge für den - in Stuttgart vierjährigen - Schauspiel-Bachelor, nein, nicht entrümpelt, auch nicht modisch aufgepeppt, sondern auf der Basis der essentials entwickelt, aufgebaut und in sinnvolle Module gestaffelt.
"Zwei Jahre sagen wir den Studenten, dass wir ihnen dringend raten, nichts draußen zu machen. Es braucht eine Konzentration, die Schauspielausbildung ist ein Prozess, der geht nur parallel zur Entwicklung der Persönlichkeit dieses jungen Menschen."
Eine erfreuliche Ausnahme? Keineswegs. Marina Busse, die Dekanin der Schauspielabteilung an der Folkwangschule, beschreibt einen ähnlichen, wenngleich etwas anders akzentuierten Weg, den die Essener Hochschule zusammen mit einigen anderen eingeschlagen hat: modularisiertes Schauspiel-Studium - ja, Bachelor - nein. Denn drei Jahre sind nicht ausreichend für die Schauspielerausbildung, für den anschließenden Master wäre gar kein Geld da - also ein vier-jähriges Intensivstudium, nicht gestuft, aber mit der gleichen Anzahl von Credits, die ein Masterstudiengang hat. Diploma artium. Marina Busse, die viel von entsprechenden Studiengängen zum Beispiel in Holland, Schottland und der Schweiz hält, über Vorteile:
" Zum Beispiel ist das Selbststudium, das wir jetzt haben einfügen müssen, eine ziemlich tolle Geschichte. Weil wir sind so verschult und wir verpacken diese Schauspielstudenten so voll mit Unterricht, dass sie weder Zeit für Vor- oder Eigenarbeit bleibt. Eigentlich träumen wir alle davon, dass wir einen selbstständigen Schauspieler ausbilden wollen, der fähig ist, auch selber Entwürfe zu machen, das braucht aber auch die Zeit für Eigenarbeit."
Das derart modularisierte Studium schafft also paradoxerweise geradezu Raum für Eigeninitiative. Und es ist angesichts der großen Zahl arbeitsloser Schauspieler sicher sinnvoll, im 4. Studienjahr Spezialisierungsangebote zu machen, Selbstvermarktung und fundraising inclusive. Dennoch ist dieser Befund zunächst überraschend: Dass Bürokratisierungsmaßnahmen ausgerechnet bei der Ausbildung von Künstlern individualisierend wirken können, während zum Beispiel in geisteswissenschaftlichen Bachelor-Studiengängen, oft das genaue Gegenteil beklagt wird: das Studieren nach Modulvorgaben statt nach Interesse. Die Erklärung für dieses Paradox ist einfach: Im universitären Normalfall der Massenfächer hat man es mit Hunderten, Tausenden von Stundenten zu tun. Schauspielstudium aber, das heißt Studieren in Kleinstgruppen, mit engem Kontakt zu den Ausbildern, ja eins zu eins Betreuung. Die Hürde liegt vor dem Studium: Pro Jahr werden aus 5000 - 8000 Bewerbern je nach Hochschule 8 - 12, höchstens 14 Studierende ausgewählt. Da funktioniert jedes Studium, egal nach welchem Modell.