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Der bewusste Umgang mit dem Lebenselexier

Eigentlich braucht sich Österreich um sein Wasser nicht zu sorgen: 99% des häuslichen Trinkwassers kommt aus Grund- und Quellwasser, 87% der Gewässer tragen das Prädikat Güteklasse 2 und in den Alpen lagern im Gletschereis die beachtlichen Süsswasserreserven Europas, auch wenn diese immer weniger werden. Dennoch lässt der österreichische Bundesumweltminster Josef Pröll auf dem derzeitigen Salzburger Wasserkongress keinen Zweifel:

Von Susanne Lettenbauer | 14.05.2004
    Es ist so, dass wir in Österreich nur drei Prozent des Wassers überhaupt nutzen, wir sitzen tatsächlich auf einem Wasserschloss in diesem Land. Trotzdem ist es Aufgabe der Politik, nachhaltig zu denken und die Ressource zu schützen. Man kann nicht, nur weil es im Überfluss da ist sagen, mir ist das was nicht genutzt wird wurst, nein, im Gegenteil, Wasser ist eine zentrale Lebensgrundlage auch wenn wir nur drei Prozent nutzen müssen wir auf jeden Tropfen aufpassen damit der ökologisch in Ordnung ist.

    Um diesem Ziel näher zu kommen, reichen den Wissenschaftlern wie dem Wasserchemiker Eckart Hitschlängst nicht mehr die konventionellen Wasseranalysen. Vor zwei Jahren begannen an der Universität Bremen, an dem Internationalen Institut für Biophysics Neuss, am Institut für Strömungswissenschaft Herrischried wie auch an der Universität Kassel – um nur einige zu nennen - die Experimente zu alternativen Wasseranalysen wie die Tropfbildmethode, die Elektroluminiszenz, die Wachstumsanalyse und Eisluminiszenz – Verfahren, die davon ausgehen, dass die klassische chemische Analyse nur die Zusammensetzung des Wasser berücksichtigt nicht aber die Oberflächenspannung oder die Dichte, die Sonnenbestrahlung oder die Unterstützung von Wachstumsprozessen eines Wassertropfen.

    Jeder Gärtner könnte zum Beispiel mit der Kressewachstumsmethode feststellen, wie unterschiedliche Wasserproben das Keimen der Samen beeinflussen. Oder der Landwirt der Zukunft gibt Tropfen unterschiedlicher Wasserproben auf eine dünne Sandschicht und vergleicht anhand von Tabellen die Güte des vorhandenen Grundwassers.

    Herkömmlich arbeitende Wissenschaftskollegen stehen diesen Versuchen reserviert, aber doch nicht uninteressiert gegenüber. Ganz so abwegig ist der Sinn solcher Verfahren nämlich nicht, so Wolfram Schwenk vom Institut für Strömungswissenschaften im bayrischen Herrischried. Oft genug tauchen Phänomene auf, die das klassische Messverfahren nicht erklären kann:

    Die Stadt Wien hatte in früheren Jahren in ihrer Versuchs- und Forschungsanstalt ein Tropfbildlabor betrieben und dem Labor ist es damals gelungen ein Fischsterben in derDonau aufzuklären, das mit konventionellen Methoden nicht aufgeklärt werden konnte. Insofern ist da handfeste Arbeit geleistet worden.

    Mit einem weiteren zukunftsträchtigen Experiment wartete bereits gestern der Vertreter der Grossglockner Hochalpenstrassen AG Christian Heu auf. Um mit dem touristischen Pfund auf 3000 Metern Höhe – Schnee im August – trotz globaler Erwärmung und immer höher steigender Schneefallgrenze weiterhin wuchern zu können, soll der im Winter natürlich fallende Schnee ökologisch unbedenklich präpariert werden. Argwöhnisch beurteilen die alpinen Umweltschützer die Versuche Schnee zu vergeltschern. Dabei wird mit Düsen Wasser unter die Schneeoberfläche gespritzt. Christian Heu:

    Wenn es gelingen könnte, Gletscher mit der Schneedecke, die sie im Winter bekommen hat, durch diese Technologie, dass die Schneedecke länger bleibt, also dass nicht der Dunkelgletscher der Sonne ausgesetzt ist und dass also ein zwei Monate länger die Schneedecke den Gletscher schützt, das durchaus zu einem sehr erfolgreichen Instrument werden könnte, dass der Gletscherrückgang etwas verlangsamt werden könnte.

    Umweltschützer haben gegen diese Möglichkeit bislang noch keinen Protest angemeldet, zu verlockend klingt die Chance einer Gletschersanierung. Es gibt sogar Überlegungen, Gletscher mit weissem Vlies zu belegen, um das Abschmelzen zu verhindern und die Süsswasserressource künstlich zu schützen. Zwar wird das Wasser auf der Erde nicht weniger, global gesehen, die Frage wird nur sein, wie man die eigenen Wasserreserven am effektivsten "managt".

    Zu diesem Thema ist Detlev Ipsen nach Salzburg gekommen. Der Soziologe vom Fachbereich Stadt- und Regionalsoziologie der Universität Gesamthochschule Kassel bezeichnet die Wasserpolitik der Zukunft als "Waterscape". Sein Vorschlag ist, das Leitungswasser im städtischen Wassersystem generell in Trink- und Brauchwasser zu unterteilen, da nur ein Bruchteil des Trinkwassers wirklich getrunken wird. Erste Erfahrungen zu diesem neuen System werden gerade im Rahmen der Expo-Projekte in Hann, Münden und Alheim gemacht.