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Der Browserkrieg

Bald bringt Microsoft sein neues Betriebssystem Windows sieben auf den Markt. Und diesmal will man Ärger mit der EU-Kommission gleich von Anfang an vermeiden. Deshalb soll Windows sieben ohne vorinstalliertem Internet-Explorer erscheinen.

Von Achim Killer |
    Den neuen Rechner auspacken, anstöpseln und dann lossurfen, das können Windows-User in Europa künftig wohl nicht mehr. Sie müssen vielmehr erst ein weiteres Stück Software installieren: den Browser. Für Geübte ist das kein Problem, für Anfänger sehr wohl. Die könnten denn auch leicht den Eindruck gewinnen, die Wettbewerbshüter in Brüssel wollten ihnen den Surfspaß vergällen, sagt Thomas Vinje vom ECIS, dem European Commitee for Interoperable Systems:

    "Ich glaube, Microsoft macht sich über die EU-Kommission lustig. Die hat etwas ganz Anderes im Sinn gehabt, nämlich dass - wenn man sich zum ersten Mal mit Internet verbindet – auf dem Bildschirm eine einfache, anwenderfreundliche Präsentation von verschiedenen Browsern erscheint. Das hat nichts mit dem zu tun, was Microsoft angeboten hat."

    Das ECIS ist an der Untersuchung beteiligt, die die EU-Kommission 2007 eingeleitet hat. Ausgelöst wurde sie durch die Klagen eines Unternehmens, dessen Browser zu nutzen, vielen überhaupt nicht in den Sinn kommt, weil sie den Internet-Explorer ja eh schon haben. Wettbewerbssprecher Jonathan Todd:

    "Die Untersuchung, ob andere Produkte in des Microsoft-Betriebssystem eingebunden werden, geht auf eine Beschwerde eines Unternehmens Namens Opera zurück und betrifft den Internet-Explorer. Wir untersuchen, ob diese Verknüpfung einen Missbrauch der dominierenden Stellung von Microsoft auf dem Markt für Betriebssystem-Software darstellt."

    Nach den Hintergründen des neuen Browser-Kriegs befragt, nennen allerdings Branchenbeobachter nicht Opera, sondern ein anderes Unternehmen, dessen Browser keine Chance gegen den Internet-Explorer hat.

    "Ich glaube, durch Google wird klar, worum es geht: um Cloud- oder Web-basierte Anwendungen, darum alles im Web erledigen zu können."

    So Sheri McLeish vom Marktforschungsunternehmen Forrester. Der Browser ist das Tor zur Rechenwolke. Früher, als Microsoft Netscape von der Platte putzte, ging es noch um Software zum Bau von Web-Sites. David Mitchell Smith von der Gartner Group nennt noch einen weiteren Konfliktherd:

    "Zu einem Großteil dreht es sich immer noch um dasselbe. Das Spiel ist gleichgeblieben. Aber der Einsatz ist höher geworden. Denn heute geht es nicht nur um die Kontrolle der Software-Technik. Der Browser ist vielmehr das entscheidende Vehikel für Werbung im Web, womit sich heute ja glänzende Geschäfte machen lassen."

    Deswegen buhlen die Konzerne um die Gunst der Surfer für ihre Browser. Und wenn sie dabei genügend Konkurrenz haben, bekommen die Freunde des World Wide Web ständig neue, kostenlose Surfwerkzeuge. Fehlt hingegen der Wettbewerb, bleiben auch die Innovationen aus. So war es etwa, nachdem Microsoft Netscape verdrängt hatte. Statt den Explorer weiterzuentwickeln, baute der Konzern Internet-Innovationen in seine Betriebssysteme ein. Genügend Alternativen zum Microsoft-Browser existieren inzwischen. Apple hat den Safari herausgebracht, Opera sein Surfwerkzeug weiterentwickelt, Google mit Chrome für Aufsehen gesorgt, und vor allem der Firefox entwickelt sich in einigen Ländern zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten. So hat das Beratungsunternehmen Fittkau und Maaß diese Woche seine jüngste Statistik veröffentlicht, wonach er in Deutschland der am meisten genutzte Browser ist. Allerdings, weltweit gesehen, dominiert der Internet-Explorer:

    "In den Vereinigten Staaten hatten wir keine Proteste gegen Microsoft. Sicher: In Europa gab es öffentlich artikulierten Ärger. Ich glaube, das liegt an den kulturellen Unterschieden. Deswegen sind die europäischen Anwender ganz allgemein für quelloffene Software und Mozilla zugänglicher."

    Und dann fügt Sheri McLeish noch hinzu, dass sie ja "American" sei und deswegen auch die Sache locker sehe. Nicht so Thomas Vinje vom European Commitee for Interoperable Systems:

    "Es ist schon eine ziemlich ungewöhnliche Situation, dass der schlechteste Browser immer noch den größten Marktanteil hält."

    Natürlich ist es auch interessant, was Microsoft dazu meint. Aber der Konzern wollte kein Statement abgeben.