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Der Draht zur Heimat

Seit fast einem Vierteljahrhundert sieht das italienischen Recht für die im Ausland lebenden Italiener eigene Interessenvertretungen vor: die sogenannten Comites. Auch in deutschen Städten, in denen besonders viele Italiener wohnen, gibt es diese Gremien, die eng mit den Konsulaten zusammenarbeiten sollen. Doch auch die Comites sind vom Sparkurs der Regierung in Rom betroffen.

Von Tonia Koch | 20.03.2009
    "Mein Name ist Santalucia. Ich spüre zwei Herzen in meiner Brust."

    Mit über 90 Prozent der Stimmen wählte die Saar-CDU Giacomo Santalucia in der vergangenen Woche auf Platz 3 der Kandidatenliste für die Wahlen zum Europäischen Parlament.

    "Ich möchte meiner Partei, der CDU Saar, etwas zurückgeben dafür, dass sie mich in ihrer Mitte so herzlich aufgenommen hat."

    Der Versicherungsexperte der AOK in Saarbrücken fühlt sich gut aufgehoben im Saarland. Er ist ein Italiener der zweiten Generation, nicht nur politisch, sondern auch ehrenamtlich in Vereinen aktiv, er kennt Land und Leute. Drei Jahre, bis 2007, stand Santalucia an der Spitze des Comites im Saarland. Comites steht für "comitato degli Italiani all'estero", Komitee der Italiener im Ausland. Das Gremium vertritt die Belange im Ausland lebender Italiener. Solche nach italienischem Recht vorgesehen beratenden Gremien gibt es in allen großen Städten, in denen viele Italiener leben und Italien deshalb konsularische Vertretungen unterhält. 2007 aber wurde das saarländische Komitee vom italienischen Außenministerium außerplanmäßig aufgelöst. Pasquale Marino, Sprecher des Konsulats:

    "Leider Gottes war das so. Irgendwann haben sechs ja und sechs nein gesagt, es kam zu einer Pattsituation, und der Gesetzgeber sieht vor, wenn es soweit ist, dass die Situation nicht gelöst werden kann, dass dann das Comites aufgelöst wird, und es wird zu Neuwahlen geschritten."

    Die Pattsituation im zwölfköpfigen Beirat war unter anderem deshalb entstanden, weil Giacomo Santalucia, der zum Präsidenten bestimmt worden war, die Arbeit des Gremiums neu ausrichten wollte. Weniger Folklore, mehr soziale Arbeit war sein Credo. Vieles deutet darauf hin, dass der Präsident es nicht verstand, in einem vom Generationskonflikt geprägten Gremium ausreichend für seine Sache zu werben. Gescheitert sei er aber letztlich daran, so Santalucia, dass sein Wille zur Veränderung mit den spärlichen Befugnissen, die ihm das Amt des Comites-Präsidenten einräumte, nicht in Einklang zu bringen war.

    "Ich finde die Zeit der Beiräte ist vorbei. Ein Italiener oder eine andere Nationalität, die sich hier integriert hat und hier Steuern zahlt, in einer Kommune wohnt, hat die Möglichkeit, sich politisch zu engagieren und kann mitgestalten. Mitgestalten und nicht das fünfte Rad am Wagen zu sein, Präsident genannt zu werden und begrüßt zu werden, das hat mir nicht gereicht."

    Eine deutsche Rechtsgrundlage, auf die sich das Komitee der Italiener stützen könnte, fehlt. Es ist daher für deutsche Partner nicht wirklich existent und kann nur schwer in den Reigen der bestehenden beratenden Organisationen eingefügt werden. Trotzdem bewerben sich vier verschiedene Listen um die Gunst der insgesamt 16.400 wahlberechtigten Italiener an der Saar. Denn dieses Mal, sagt Giovanni Di Rosa, der Initiator der Liste 1, sei es besonders wichtig, Flagge zu zeigen. Die Regierung Berlusconi habe bereits beschlossen, die finanziellen Mittel für die im Ausland lebenden Italiener zu kürzen. Darüber hinaus denke Rom laut darüber nach, die Konsulate in Hannover, Nürnberg und Saarbrücken zu schließen. Giovanni di Rosa:

    "Wer sonst soll vertreten, dass die italienischen Konsulate nicht geschlossen werden, wer soll verhindern, dass die Sprachkurse peu a peu eingestellt werden. Die Gefahr ist ganz klar, dass die kulturelle Identität verloren geht, wir werden kämpfen, dass wir die Institution im Saarland behalten."

    Das Konsulat bestreitet, dass die Vertretung geschlossen werden soll. Pasquale Marino:

    "Es ist ein Gerücht."

    Mit weniger Geld wird das Konsulat in Saarbrücken jedoch auskommen müssen. Und wenn es darum geht, die knappen Ressourcen zu verteilen, wollen die gewählten Vertreter Einfluss nehmen.