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Der Duft der Hyänen

Bei Hyänen sind Bakterien entscheidend am Zustandekommen eines sozialen Netzwerks beteiligt. Das haben Forscher der Michigan State University herausgefunden. Demnach beeinflussen die Bazillen in den Säugetieren die Produktion der Duftsignale.

Von Dagmar Röhrlich |
    Die Hypothese selbst gibt es seit Jahrzehnten: Bei der Produktion der Duftsignale, mit denen Säugetiere kommunizieren, sollen Bakterien eine entscheidende Rolle spielen. Allerdings reichten lange Zeit die Analysetechniken nicht aus, um dieser Idee nachzugehen, erklärt Kevin Theis von der Michigan State University:

    "Über Jahrzehnte hinweg mussten wir die Analysen an zuvor in Petrischalen kultivierten Bakteriengemeinschaften durchführen. Allerdings sind diese Verfahren nicht so effizient wie die modernen Techniken."

    Bei denen lassen sich Bakteriengemeinschaften direkt in dem Sekret untersuchen, das die Biologen den Duftdrüsen betäubter Tiere entnehmen: ideale Voraussetzungen also für die Forschungen an der chemischen Kommunikation von Säugetieren:

    "Dafür habe ich Hyänen gewählt, die ein sehr komplexes Sozialsystem besitzen, das sich mit dem der Altweltaffen vergleichen lässt. So verfügen sie über eine ausgefeilte Kommunikation mithilfe von Duftstoffen, und außerdem arbeite ich schon sehr lange mit ihnen. Zunächst interessierte ich mich für ihre akustische Kommunikation, dann kam die chemische Kommunikation dazu, und das wiederum brachte mich auf die Rolle der Bakterien in diesem System."

    Während Kevin Theis mit Tüpfelhyänen arbeitet, steuerte ein Kollege die Proben von Streifenhyänen bei. Beide Arten unterscheiden sich in ihrem Sozialverhalten stark voneinander. Während die Tüpfelhyänen in großen Clans von bis zu 80 Tieren leben und intensiv über Laute und Düfte kommunizieren, schließen sich Streifenhyänen nur zu kleinen Gemeinschaften zusammen. Ihre Kontakte laufen vor allem über Geruchsstoffe. Doch ob Tüpfel- oder Streifenhyäne: Beide markieren ihre Umgebung mit dem Inhalt einer Duftdrüse zwischen After und Schwanz. So wird ein Grasbüschel in der Savanne für eine Hyäne zu einem olfaktorischen Facebook, das erzählt, wer sich alles dort aufgehalten hat:

    "Wir stellten fest, dass sich die Bakteriengemeinschaften von Tüpfel- und Streifenhyänen stark unterscheiden: und zwar sowohl bei den Bakterien als auch beim Duft. Typische Unterschiede entdeckten wir auch innerhalb eines Familienclans von Tüpfelhyänen, etwa zwischen männlichen und weiblichen Tieren oder auch bei Weibchen, die schwanger sind oder Junge säugen."

    Sie alle haben ihre spezielle Duftnote, die durch die Zusammensetzung der Bakterien im Sekret bestimmt wird:

    "Es sind anaerobe Bakterien, die in den Duftdrüsen Geruchsstoffe durch Fermentation erzeugen: Sie produzieren die Stoffe, indem sie -abhängig von ihrem eigenen Stoffwechsel - Lipide umsetzen, Proteine oder Kohlenhydrate."

    Werden Hyänen trächtig, ändert sich ihr Bakterienprofil sehr stark. Deshalb hofft Kevin Theis, mit ihrer Hilfe den Mechanismus zu entschlüsseln, der die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft steuert:

    "Meiner Hypothese zufolge treten Hormone direkt aus dem Blut in die Drüsen über. Die Bakterien metabolisieren diese Hormone, und das könnte den Aufbau ihrer Gemeinschaft verändern. Vielleicht beeinflusst die Schwangerschaft aber auch chemische Prozesse in den Drüsen, ihren pH-Wert oder die Feuchtigkeit. Es könnte eine ganze Reihe von Einflüssen geben, die in den Duftdrüsen wirken und die Bakteriengemeinschaften und damit den Geruch verändern."

    Dass bei den Tüpfelhyänen die Clans auch eine Art Familienparfum besitzen, könnte einmal an der genetischen Verwandtschaft der Tiere liegen, vermutet Kevin Theis. Oder daran, dass, wann immer ein Tier markiert, ein zweites direkt danach seine eigene Markierung anbringt: So können sie möglicherweise Bakterien austauschen und innerhalb der Gruppe vereinheitlichen.