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Der Duft der Pharaonin

Archäologie - Wie duftete es wohl im alten Ägypten vor mehr als 3000 Jahren? In einem Flakon der Pharaonin Hatschepsut vermuten Wissenschaftler Rückstände ihres Parfüms. Nun soll der alte Duft untersucht werden.

Von Viola Simank | 07.07.2009
    Der zwölf Zentimeter große schlanke Flakon aus grünlichem Ton wirkt wenig spektakulär. Er steht auf dem Tisch im Büro von Michael Höveler-Müller, Kurator des Ägyptischen Museums der Universität Bonn. Das Parfümfläschchen gehörte einst der Pharaonin Hatschepsut, die vor etwa 3500 Jahren in Ägypten regierte.

    "Das Besondere ist, dass dieses Gefäß original verschlossen ist, dass die Hoffnung bestand, dass Originalreste im Innern zu finden sein würden. Und Röntgen– und CT-Aufnahmen haben bestätigt, dass der Verschluss original ist und nicht eingeschlemmter Schlamm, wie lange vermutet wurde, und dass wir auch noch einen Rest der originalen Flüssigkeit finden können."

    Gefunden hat man das kostbare Fläschchen Anfang des 20. Jahrhunderts. Ende der 90er Jahren hat es dann ein privater Leihgeber an das Ägyptische Museum gegeben. Dass es etwas Besonderes ist, hat Michael Höveler-Müller schon lange vermutet – doch erst jetzt, nachdem er Kurator geworden ist, konnte er die Untersuchung in die Wege leiten. Und die übernimmt das Pharmazeutische Institut der Universität Bonn. Um an den eingetrockneten Rest des einstigen Parfüms zu kommen, greift der Pharmazeut Helmut Wiedenfeld zu ungewöhnlichen Methoden – der Flakon kommt zunächst in den Operationssaal der Hals-Nasen-Ohren-Klinik:

    "Die HNO-Klinik hat Instrumente, ganz feine Fräsen und Bohrer, mit denen man normalerweise in Körperhöhlen bohren kann, in Ohr, Nase und so weiter. Ich will also praktisch das genauso behandeln. Ich würde das erst einmal von oben durchbohren, anschließend – darum gehen wir in den OP – werden wir mit den Mikroskopoptiken da rein gucken. Man hat auch ganz feine Optiken, die man durch eine solche gebohrte Öffnung einführen könnte. Wenn das dann hoffnungsvoll aussieht, dann werden wir von dieser Schicht, die da drin ist, mit eben diesen chirurgischen Instrumenten etwas abkratzen, rausnehmen, und dann geht es los."

    Denn dann müssen die Pharmazeuten zunächst klären, ob die Masse überhaupt analysierbar ist oder vielleicht doch nur Staub. Ist es aber tatsächlich eine organisch-chemische Substanz, dann stehen die Chancen gut, die Bestandteile des Pharaonen–Parfüms zu bestimmen. Vermutungen, welche Inhaltsstoffe sie finden könnten, haben die Wissenschaftler bereits. Michael Höveler-Müller:

    "Also ich habe mal spekuliert, dass Weihrauch einen großen Bestandteil ausgemacht haben dürfte, weil Hatschepsut eine große Weihrauch-Expedition organisiert hat. Sie hatte eine große Affinität zu diesem Duft. Und wir wissen ja aus Texten, dass dort Früchte verwendet wurden, aromatische Hölzer. Aber wir wissen nicht genau, welche das waren und in welcher Intensität sie benutzt wurden – es ist auf jeden Fall spannend."

    Für die Pharmazeuten bedeutet die Analyse viel Arbeit, denn eine Pflanze wie Weihrauch besteht aus Dutzenden einzelnen Stoffen wie ätherischen Ölen oder anderen chemischen Substanzen. Ihnen wollen sie mithilfe eines sogenannten Gas-Chromatographen auf die Spur kommen. Mit ihm kann man die Pflanzenstoffe in ihre einzelnen Bestandteile auftrennen. Im Massenspektrometer werden diese einzelnen Bestandteile dann genauer bestimmt - wie beispielsweise der Stoff Citral, der in Limonenextrakt vorkommt. Ob die am Ende vielleicht gefundene Rezeptur für den alten Duftstoff auch zum heutigen Parfüm-Geschmack passt, da ist sich Helmut Wiedenfeld allerdings nicht so sicher:

    "Man muss vor allem eines klar sehen: Die Konsistenz der damaligen Parfüms wird ganz sicher ganz anders sein als unsere heutigen. Haftbarkeit auf der Haut, Entwicklung des Bouquets auf der Haut, das ist für uns ganz wichtig. Früher hatten die diese Möglichkeiten ganz sicher nicht, das heißt, das Anhaften auf der Haut musste ganz sicher dadurch erzielt werden, dass die Parfüme eher ölige Konsistenz hatten."

    Noch aber hat der Flakon sein Geheimnis nicht preisgegeben – mit Spannung warten die Wissenschaftler deshalb auf seine Öffnung. Finden sie tatsächlich verwertbare Parfümreste, dann dauert deren Analyse mindestens noch ein Jahr.