1904 war Brancusi aus seiner Heimat Rumänien nach Paris gekommen. Aus Geldmangel, so erzählt man sich, hatte er die lange Reise in das neue Mecca der künstlerischen Avantgarde zu Fuß bewältigt. Wie Pablo Picasso die Malerei, so krempelte er in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg die Bildhauerei um – weg vom überhöhten Realismus Auguste Rodins, in dessen Atelier er einen Monat lang gearbeitet hatte, und hin zu einer immer stärker werdenden Vereinfachung, Stilisierung, ja Abstraktion. Ein Begriff, den er allerdings strikt ablehnte: "Idioten, die mein Werk abstrakt nennen", schrieb er, "was sie als abstrakt bezeichnen, ist ganz realistisch, denn real ist nicht die äussere Form, sondern die Idee, das Wesen der Dinge."
Technisch entfernte er sich von der traditionellen Praxis, eine Maquette aus Ton herzustellen, die dann von Steinmetzen in Stein gehauen wurde. Er meisselte und schnitzte direkt, und immer selbst. Die Ausstellung widmet sich ganz dieser Seite seiner Kunst – lediglich zwei Bronzeabgüsse sind zu sehen, ansonsten nur Arbeiten aus Stein – Marmor in den verschiedensten Farben, Sandstein, Kalkstein, Onyx – und Holz. "Direkt meisseln und schnitzen ist der wahre Weg zur Skulptur, aber auch der gefährlichste für diejenigen, die nicht laufen können", so schrieb er.
Das Schöne an der Schau in der Tate Modern ist, dass sie keine These veranschaulichen will. Stattdessen konzentriert sie sich ganz auf die einzelnen Skulpturen, denen erlaubt wird, für sich zu sprechen, zu atmen. Und auf die verschiedenen Werkgruppen – der Kuss, der Kopf, liegend oder aufrecht, der Torso, die totemhaften Holzarbeiten und, ganz am Ende der Schau, seine wohl bekanntesten Plastiken: die Vögel.
Die Ausstellung beginnt mit zwei Versionen des "Kusses", die früheste von 1908: aus einem grob behauenen Steinblock schälen sich schemenhaft die beiden Liebenden heraus, Mann und Frau fast nicht unterscheidbar, die Darstellung einer idealen Vereinigung. Hier also schon die symbolische Überhöhung, er sieht seine Werke als Formen mit universeller Bedeutung.
Das setzt sich dann bei den Köpfen fort. Der Kopf als ausdruckstärkster Teil des Körpers wird immer mehr auf das Wesentliche reduziert. Der ebenfalls 1908 entstandene "Kopf eines schlafenden Kindes" ist noch fast realistisch, der unpolierte weiße Marmor glitzert. Dann hochpolierte Köpfe wie "Schlafende Muse" von 1909, deren gerade Nase direkt in die geschwungenen Augenbrauen führt. Vom "Neugeborenen Nummer Zwei" von 1919, mit seiner den aufgerissenen Mund darstellenden angeschnittenen Fläche, das Symbol für den Kampf des Zur-Welt-Kommens, von dieser Arbeit ist es dann nur ein kleiner Schritt zur völligen Abstraktion von "Der Anfang der Welt", entstanden 1920.
Die nächste Werkgruppe, der Torso, macht eine ähnliche Entwicklung durch. Die ersten Versionen dieses so klassischen Themas lehnen sich noch relativ eng an die Form des Körpers an, bis Brancusi dann mit seinem 1922 entstandenen "Torso eines jungen Mädchens" bei der idealen Form angelangt ist: nichts Deskriptives mehr, eine tropfenähnliche Form – der Körper als Gefäß.
Dazwischen zwei Räume mit Holzarbeiten, sehr viel kraftvoller, ja brutaler als die Steinplastiken. Da scheint rumänische Volkskunst durch und seine Auysbildung als Zimmermann. Und schließlich die Vögel – nach oben strebende Gebilde, voller Eleganz. Im letzten Raum "Vogel im Raum" aus den 30-er Jahren, aus poliertem Messing – ein in den Himmel schießender Blitz, völlig befreit von jeder Materialität. "Wenn wir uns mit der exakten Reproduktion begnügen, arretieren wir die Evolution des Geistigen", schrieb Brancusi – die Schau zeigt, wie Recht er damit hatte.
Technisch entfernte er sich von der traditionellen Praxis, eine Maquette aus Ton herzustellen, die dann von Steinmetzen in Stein gehauen wurde. Er meisselte und schnitzte direkt, und immer selbst. Die Ausstellung widmet sich ganz dieser Seite seiner Kunst – lediglich zwei Bronzeabgüsse sind zu sehen, ansonsten nur Arbeiten aus Stein – Marmor in den verschiedensten Farben, Sandstein, Kalkstein, Onyx – und Holz. "Direkt meisseln und schnitzen ist der wahre Weg zur Skulptur, aber auch der gefährlichste für diejenigen, die nicht laufen können", so schrieb er.
Das Schöne an der Schau in der Tate Modern ist, dass sie keine These veranschaulichen will. Stattdessen konzentriert sie sich ganz auf die einzelnen Skulpturen, denen erlaubt wird, für sich zu sprechen, zu atmen. Und auf die verschiedenen Werkgruppen – der Kuss, der Kopf, liegend oder aufrecht, der Torso, die totemhaften Holzarbeiten und, ganz am Ende der Schau, seine wohl bekanntesten Plastiken: die Vögel.
Die Ausstellung beginnt mit zwei Versionen des "Kusses", die früheste von 1908: aus einem grob behauenen Steinblock schälen sich schemenhaft die beiden Liebenden heraus, Mann und Frau fast nicht unterscheidbar, die Darstellung einer idealen Vereinigung. Hier also schon die symbolische Überhöhung, er sieht seine Werke als Formen mit universeller Bedeutung.
Das setzt sich dann bei den Köpfen fort. Der Kopf als ausdruckstärkster Teil des Körpers wird immer mehr auf das Wesentliche reduziert. Der ebenfalls 1908 entstandene "Kopf eines schlafenden Kindes" ist noch fast realistisch, der unpolierte weiße Marmor glitzert. Dann hochpolierte Köpfe wie "Schlafende Muse" von 1909, deren gerade Nase direkt in die geschwungenen Augenbrauen führt. Vom "Neugeborenen Nummer Zwei" von 1919, mit seiner den aufgerissenen Mund darstellenden angeschnittenen Fläche, das Symbol für den Kampf des Zur-Welt-Kommens, von dieser Arbeit ist es dann nur ein kleiner Schritt zur völligen Abstraktion von "Der Anfang der Welt", entstanden 1920.
Die nächste Werkgruppe, der Torso, macht eine ähnliche Entwicklung durch. Die ersten Versionen dieses so klassischen Themas lehnen sich noch relativ eng an die Form des Körpers an, bis Brancusi dann mit seinem 1922 entstandenen "Torso eines jungen Mädchens" bei der idealen Form angelangt ist: nichts Deskriptives mehr, eine tropfenähnliche Form – der Körper als Gefäß.
Dazwischen zwei Räume mit Holzarbeiten, sehr viel kraftvoller, ja brutaler als die Steinplastiken. Da scheint rumänische Volkskunst durch und seine Auysbildung als Zimmermann. Und schließlich die Vögel – nach oben strebende Gebilde, voller Eleganz. Im letzten Raum "Vogel im Raum" aus den 30-er Jahren, aus poliertem Messing – ein in den Himmel schießender Blitz, völlig befreit von jeder Materialität. "Wenn wir uns mit der exakten Reproduktion begnügen, arretieren wir die Evolution des Geistigen", schrieb Brancusi – die Schau zeigt, wie Recht er damit hatte.