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Der Erfinder des Solokonzerts

Im Konzertsaal hört man ihn kaum, auch auf CDs ist er selten vertreten. Dabei gilt der italienische Barock-Musiker Giuseppe Torelli als Erfinder des Solokonzerts, indem er ein einzelnes Instrument wie die Geige dem ganzen Orchester gegenüberstellte. Seine Werke gaben Komponisten wie Antonio Vivaldi und Johann Sebastian Bach wichtige Impulse.

Von Sabine Fringes | 08.02.2009
    Chevalier Goudar: "Ich ging kürzlich in Bologna zu dem, was man dort eine große musikalische Messe nennt. Als ich in die Kirche trat, glaubte ich zuerst, ich wäre in der Oper. Entrées, Symphonien, Menuette, Rigaudons, Arien für eine Stimme, Duette, Chöre, Begleitung von Trommeln, Trompeten, Pauken, Jagdhörnern, Oboen, Geigen, Querpfeifen, mit einem Wort alles, was zum Theater gehört, fand sich hier vereinigt."

    So ein Besucher von Bologna im Jahr 1756. Die Universitätsstadt war bereits im späten
    17. Jahrhundert Ausgangspunkt einer einzigartigen musikalischen Entwicklung geworden:
    San Petronio, die gewaltige Basilika der Stadt, hatte mit ihrer Größe und den beiden gegenüberliegenden Galerien die Komponisten angeregt, den Raum mit dem Klang konzertierender Instrumente zu erfüllen.

    Einer der wichtigsten Komponisten in der Bologneser Tradition war Giuseppe Torelli. Seine Trompetenkonzerte leiteten häufig die Festgottesdienste von San Petronio ein.

    Giuseppe Torelli wurde am 22. April 1658 als sechstes von neun Kindern einer angesehenen Veroneser Familie geboren. Zunächst sah es so aus, als wollte er Maler werden und sein Bruder Felice Musiker. Doch es kam genau umgekehrt. Während sich sein Bruder Felice mit seinen Altarbildern in Bologna einen Namen machte, wurde Giuseppe als Bratschist in der Cappella musicale von San Petronio aufgenommen und war auch auf der Violine bald ein gefragter Virtuose, den Gastspiele nach Parma und Modena führten. Wie viele seiner Kollegen war er neben seinem Beruf als Orchestermusiker auch als Musiklehrer und Komponist tätig.

    "Die Concerte haben ihren Ursprung von den Italienern. Torelli soll die ersten gemacht haben."

    … so Johann Joachim Quantz, Flötenvirtuose und Schüler eines Schülers von Torelli, dem die Erinnerung an Torellis Verdienste zu verdanken ist. Schon zu Lebzeiten hatte sich Torelli als Erfinder des Solokonzerts bei seinen Kollegen auch nördlich der Alpen einen Namen gemacht. Gänzlich neu war seine Gegenüberstellung eines einzelnen Instruments, wie etwa der Geige, mit dem Orchester.

    1696 schließt die Kapelle in San Petronio aus finanziellen Gründen und Torelli macht sich nun gemeinsam mit dem gefeierten Alt-Kastraten Francesco Antonio Pistocchi, mit dem er von nun an fast alle seine größeren Reisen gemeinsam unternehmen wird, auf die Suche nach einer neuen Stelle.

    Zwei Jahre lang schlägt er sich als reisender Violinvirtuose durch, bis er 1698 Konzertmeister beim Markgrafen in Ansbach wird. Die mittelfränkische Stadt zählte damals zu den wichtigsten Musikstätten des Barock. Es folgen Aufenthalte in Wien und Berlin. Doch plagt Torelli bald Heimweh. Im März 1700 schreibt er seinem ehemaligen Kompositionslehrer, Giacomo Antonio Perti, dass er nach Loreto pilgern und Heilwasser von San Marino zu sich nehmen möchte.

    "So rieten es mir die Ärzte hier wegen meiner verfluchten Hypochondrie und Schwermut, die mich sehr quält, auch wenn ich trotz allem immer noch aussehe wie ein Prinz."

    Torellis Wünsche gehen in Erfüllung: 1701 können er und Pistocchi zurück nach Italien, wo sie als Musiker in der reformierten Kapelle von San Petronio aufgenommen werden. Hier, in Bologna, stirbt er am 8. Februar 1709. Über 80 Werke hinterließ er, in der Hauptsache Sonaten, Sinfonien, Concerti grossi und Solokonzerte, deren dreisätzige Struktur mit der Abfolge schnell-langsam-schnell sich später zur Standardform des Konzerts entwickeln sollte.

    Bei all seinen Verdiensten galt er seinen Zeitgenossen als ein Mann, der nicht nur fügsam und bescheiden, sondern auch gelehrt und eloquent war.

    "Uomo non solo di costumi docili ed umili, ma ancora erudito ed eloquente."