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Der erste Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung von Homosexuellen

Seit dem 1. August 2001 ist das sogenannte Lebenspartnerschaftsgesetz in Kraft. Schwulen und lesbischen Partnern, die sich offiziell das Ja-Wort gaben, wurden damit ähnliche Unterhaltsrechte wie Ehepartnern eingeräumt. Der Widerstand gegen diese Gesetz war groß.

Von Wolfgang Meyer |
    Menschen, die sich lieben, heiraten zuweilen.

    "Ja!, war ja ein bisschen gehaucht. Ja, Ja!"

    Völlig normal, wenn die Ja-Sager unterschiedlichen Geschlechts sind. Sind jedoch beide Frauen oder Männer, dann – ist es - immer noch - ungewöhnlich, wenn sie sich – verpartnern.

    "Also, ich sage immer verheiratet."

    So wie bei Jürgen Rohrbach aus Bonn. Er und sein Mann, sein "Partner" Ortwin Pahnke – sie beide gehören zu den ersten offiziellen schwulen Lebenspartnern.

    "Also wir haben jetzt gerade sieben Jahre hinter uns, die schlimmen sieben Jahre."

    "Ja wir waren, ich denke mal, 60, 70 Leute, hier in Bonn gibt es ein wunderbares altes Standesamt, und, ja alle waren festlich angezogen und hatten einfach Freude an diesem gemeinsamen Miteinander."

    "Ja!, war ja ein bisschen gehaucht. Ja, Ja!"

    "Ja, ja, da wird genauso diese Frage gestellt, willst Du den hier Anwesenden und so weiter, und ich denke, beide haben wir das mit ganzem Herzen mit Ja beantworten können nach 25 Jahren."

    Nach 25 Jahren des inoffiziellen Zusammenlebens. Vor dem 1. August des Jahres 2001 war es den beiden bekanntlich nicht möglich, rechtsgültig ihre Partnerschaft zu bekunden. Und warum nicht? Gab es nicht stets einen Anspruch auf Toleranz? - Den gab es, das hat seinerzeit selbst die bayrische Sozialministerin Barbara Stamm eingeräumt...

    "...doch daraus einen Anspruch auf Gleichstellung mit Ehe und Familie abzuleiten, ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich, gesellschaftspolitisch verfehlt und familienpolitisch eine große Gefährdung."

    Die Familie ist heilig, so haben CDU und CSU argumentiert, zumindest steht sie unter dem besonderen Schutz der Verfassung! Das ist wahr, entgegneten die Befürworter der homosexuellen Partnerschaft, aber:

    "Man wertet doch nicht automatisch das eine ab, wenn man das andere nicht länger diskriminiert!"

    So sah das die Justizsenatorin in Hamburg, Lore Maria Peschel Gutzeit, eine SPD-Frau. Die Sozialdemokraten zeigten sich der Idee gegenüber aufgeschlossen, Schwulen und Lesben eine eheähnliche Verbindung zu ermöglichen. Aber die Idee selbst kam von den Grünen, genauer: vom Kölner Bundestagsabgeordneten Volker Beck. Der hatte schon zu Beginn der 90er-Jahre eine entsprechende Initiative gestartet, war aber immer wieder gescheitert. Erst die rot-grüne Regierungsübernahme 1998 eröffnete dann die Chance, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen. Seit dem 1. August 2001 ist es in Kraft, das sogenannte:

    "Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft."

    Kurz, das Lebenspartnerschaftsgesetz. – Der Widerstand gegen diese Gesetz war groß, die Länder Bayern, Sachsen und Thüringen etwa klagten vor dem Bundesverfassungsgericht. Rot-Grün setzte sich am Ende durch, schwulen und lesbischen Partnern, die sich offiziell das Ja-Wort gaben, wurden zum Beispiel ähnliche Unterhaltsrechte wie Ehepartnern eingeräumt. Das aber war für viele Paare wie auch für Ortwin Pahnke und Jürgen Rohrbach nicht entscheidend.

    "Um den Versorgungsaspekt ging es bei uns überhaupt nicht. Wir wollten einmal politisch auch ein Zeichen setzen und uns war es eben auch wichtig, dann in der Außenwirkung zu zeigen: Es gibt uns! Nehmt es bitte wahr. Also, für mich war das ein wichtiger Punkt."

    Es gibt uns! Nehmt uns wahr. Die beiden Bonner haben längst die Erfahrung gemacht, dass diese in Anführungsstrichen "Eheschließung" ganz wichtig war, auch für die Welt drum herum. Sie hat gewissermaßen für geordnete Verhältnisse gesorgt. Oder haben die Nachbarn die Nase gerümpft? Unsinn!

    "Nein, das war in der Nachbarschaft sogar sehr schön, da haben wir sehr viele Glückwünsche bekommen. Das war ganz interessant, von Leuten, von denen wir es nie erwartet hätten, kamen auf einmal Karten rein, finden wir gut, dass ihr das macht. Das war erstaunlich."

    Und mittlerweile, sagt Jürgen Rohrbach, sei dieses verheiratete Männerpaar einfach nur noch selbstverständlich.

    "Es ist überhaupt kein großes Thema mehr. Wenn man's erfährt, wird es akzeptiert, es gibt auch Leute, die ein bisschen zurückhaltend reagieren, aber nicht negativ."

    Die Familienrechtlerin Ulrike Fischer zieht aus diesen und anderen Erfahrungen den Schluss, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz ganz offensichtlich zum fast vollen Erfolg geführt hat.

    "Ich denke, dass das vor zehn Jahren ein ganz großer Durchbruch war, und seitdem hat sich die Rechtsprechung verändert. Lebenspartner, schwule und lesbische Paare gehören heute viel mehr zum Lebensalltag und dann auch zu unserem Juristenalltag dazu."

    Auch des Gesetz selbst hat sich verändert, ist nach und nach um zusätzliche Rechte erweitert worden. Aber: Nach wie vor sind schwule oder lesbische Paare den Ehepartnern nicht vollständig gleichgestellt. Noch gibt es zwei wesentliche Unterschiede.

    "Der eine liegt darin, dass Lebenspartner nicht gemeinsam ein Kind adoptieren können, im Gegensatz zu Ehegatten, und dass Lebenspartner nicht gemeinsam die elterliche Sorge ausüben können."

    "Adoptionsrecht ist ein ganz wichtiger Punkt, finde ich, denn es gibt genügend Untersuchungen, die zeigen, dass Männer durchaus in der Lage sind, Kinder großzuziehen, und auch nicht schlechter als heterosexuelle Paare."

    Es ist eine Frage der Zeit, sagt auch Ortwin Pahnke, dann wird es eine völlige Gleichstellung geben, Schwule und Lesben werden weiterhin dafür kämpfen. Aber man müsse durchaus auch Geduld haben.

    "Insgesamt, denke ich, ist das gut, was bisher erreicht wurde, und vielleicht darf man auch eine Gesellschaft nicht überfordern, indem einfach zu viel und in zu kurzer Zeit realisiert wird, ich denke, insgesamt hat das Gesetz sehr geholfen, ich bin sehr zufrieden."