Cézannes "Knabe mit der roten Weste" fehlt noch immer. Das Bild, das einen sinnenden Jüngling mit merkwürdig verlängertem Arm zeigt, wurde vor ziemlich genau zwei Jahren aus der Sammlung Bührle in der abgelegenen Züricher Zollikerstraße gestohlen, zusammen mit drei anderen Gemälden. Zwei davon tauchten wieder auf, nämlich Monets rotes Blütenmeer des "Mohnfelds bei Vétheuil" und van Goghs "Blühender Kastanienzweig". Der Cézanne und ein Familienbild von Degas bleiben verschwunden.
Der bewaffnete Überfall im Februar 2008 machte aber klar, dass im beschaulichen (und nicht optimal gesicherten) Bührle-Privatmuseum, das im Jahr nur zehntausend Besucher zählte, nicht alles bleiben konnte, wie es war; man wird jetzt nur nach Voranmeldung eingelassen. Und schon lange hatte das Kunsthaus Zürich ein Auge auf die Sammlung geworfen, die vor allem mit Impressionisten grandios bestückt ist.
Emil Georg Bührle hatte dem Züricher Kunsthaus nämlich in den 1950er-Jahren einen riesigen, 1300 Quadratmeter großen Ausstellungssaal geschenkt, in dem noch heute die Wechselausstellungen stattfinden. Zur Eröffnung 1958 wurde dort erstmals die Sammlung Bührle präsentiert; der Stifter Bührle hat es nicht mehr erlebt, er war 1956 gestorben.
Wenn man nun wieder vor Monets Seerosen steht, dann wird einem schlagartig die Ambivalenz dieser Sammlerpersönlichkeit klar: Emil Bührle hatte zwar Kunstgeschichte studiert, sein Vermögen aber als Waffenfabrikant gemacht. Während des Zweiten Weltkriegs lieferte er vor allem Flugabwehrkanonen an das Deutsche Reich, und wer so etwas produziert, der muss sich offenbar bei der Kunst erholen. Und sich als Philanthrop erweisen, indem er – zum Beispiel - dem heimischen Kunsthaus Bilder stiftet.
Das Kunsthaus verspricht nun Transparenz und Aufarbeitung dieses zeitgeschichtlichen Kapitels, aber die in der Ausstellung gegebenen Informationen bleiben dürftig. Man erfährt vor allem, wann Bührle was erwarb und dass er schon früh, als Deutsche und Franzosen einander noch herzlich hassten, sich in den französischen Impressionismus verliebte. Einige Raubkunst-Werke, die er gutgläubig gekauft hatte, musste er zurückgeben oder ein zweites Mal kaufen; den Großteil der Bilder erwarb er in den 50er-Jahren.
Die Qualität seiner Sammlung aber ist über jeden Zweifel erhaben, und man ist überrascht, neben den in jeder besseren Themenausstellung zu sehenden Franzosen auch großartige alte Kunst zu sehen, etwa sakrale Skulpturen aus der Auvergne des 12. Jahrhunderts oder eine gotische Kreuzigung aus Süddeutschland. Dann gibt es herausragende Beispiele der holländischen Malerei des Goldenen Zeitalter, die wunderbar klaren venezianischen Veduten von Canaletto und Guardi, zentrale Werke von Ingres oder Delacroix. Auch die Zeit nach den Postimpressionisten deckt Bührle mit wichtigen Beispielen ab, Bracque, Picasso, Matisse, und dann einer dieser hingebungsvoll gestreckten Akte von Modigliani ...
Das alles ist nun im Züricher Kunsthaus mit großer Zurückhaltung in den riesigen Ausstellungssaal hineinkomponiert, in Kabinette und große, farblich nicht immer sehr dezent voneinander unterschiedene Abteilungen. Das Ganze ist ein Kompromiss: Der Saal ist ein dezidiert sachlicher, modernistischer Quader, und der ist nun mal da; die Ausstellungs-Architektur aber versucht, bei aller Sachlichkeit ein bisschen Schummer und Vertrautheit zu schaffen und somit die Intimität, die die Präsentation in der Villa Bührle in der Zollikerstraße hatte, in das größere Format hinüberzuretten.
Das wird auch die Problemstellung sein, wenn die Sammlung Bührle 2015 in das dann fertiggestellte, von David Chipperfield entworfene Kunsthaus umziehen wird, in den Erweiterungsbau. Direktor Christoph Becker verspricht, für die Sammlung adäquate Räume zu schaffen, auf immerhin tausend Quadratmetern. Wer die grandiose Bührle-Schau aber noch einmal in kleinem Rahmen sehen will, der sollte in den nächsten Jahren in die Züricher Zollikerstraße pilgern: dorthin, in das Bührle-Privatmuseum, kehrt die Sammlung nach dieser publikumsträchtigen, großen Präsentation im Kunsthaus zurück.
Der bewaffnete Überfall im Februar 2008 machte aber klar, dass im beschaulichen (und nicht optimal gesicherten) Bührle-Privatmuseum, das im Jahr nur zehntausend Besucher zählte, nicht alles bleiben konnte, wie es war; man wird jetzt nur nach Voranmeldung eingelassen. Und schon lange hatte das Kunsthaus Zürich ein Auge auf die Sammlung geworfen, die vor allem mit Impressionisten grandios bestückt ist.
Emil Georg Bührle hatte dem Züricher Kunsthaus nämlich in den 1950er-Jahren einen riesigen, 1300 Quadratmeter großen Ausstellungssaal geschenkt, in dem noch heute die Wechselausstellungen stattfinden. Zur Eröffnung 1958 wurde dort erstmals die Sammlung Bührle präsentiert; der Stifter Bührle hat es nicht mehr erlebt, er war 1956 gestorben.
Wenn man nun wieder vor Monets Seerosen steht, dann wird einem schlagartig die Ambivalenz dieser Sammlerpersönlichkeit klar: Emil Bührle hatte zwar Kunstgeschichte studiert, sein Vermögen aber als Waffenfabrikant gemacht. Während des Zweiten Weltkriegs lieferte er vor allem Flugabwehrkanonen an das Deutsche Reich, und wer so etwas produziert, der muss sich offenbar bei der Kunst erholen. Und sich als Philanthrop erweisen, indem er – zum Beispiel - dem heimischen Kunsthaus Bilder stiftet.
Das Kunsthaus verspricht nun Transparenz und Aufarbeitung dieses zeitgeschichtlichen Kapitels, aber die in der Ausstellung gegebenen Informationen bleiben dürftig. Man erfährt vor allem, wann Bührle was erwarb und dass er schon früh, als Deutsche und Franzosen einander noch herzlich hassten, sich in den französischen Impressionismus verliebte. Einige Raubkunst-Werke, die er gutgläubig gekauft hatte, musste er zurückgeben oder ein zweites Mal kaufen; den Großteil der Bilder erwarb er in den 50er-Jahren.
Die Qualität seiner Sammlung aber ist über jeden Zweifel erhaben, und man ist überrascht, neben den in jeder besseren Themenausstellung zu sehenden Franzosen auch großartige alte Kunst zu sehen, etwa sakrale Skulpturen aus der Auvergne des 12. Jahrhunderts oder eine gotische Kreuzigung aus Süddeutschland. Dann gibt es herausragende Beispiele der holländischen Malerei des Goldenen Zeitalter, die wunderbar klaren venezianischen Veduten von Canaletto und Guardi, zentrale Werke von Ingres oder Delacroix. Auch die Zeit nach den Postimpressionisten deckt Bührle mit wichtigen Beispielen ab, Bracque, Picasso, Matisse, und dann einer dieser hingebungsvoll gestreckten Akte von Modigliani ...
Das alles ist nun im Züricher Kunsthaus mit großer Zurückhaltung in den riesigen Ausstellungssaal hineinkomponiert, in Kabinette und große, farblich nicht immer sehr dezent voneinander unterschiedene Abteilungen. Das Ganze ist ein Kompromiss: Der Saal ist ein dezidiert sachlicher, modernistischer Quader, und der ist nun mal da; die Ausstellungs-Architektur aber versucht, bei aller Sachlichkeit ein bisschen Schummer und Vertrautheit zu schaffen und somit die Intimität, die die Präsentation in der Villa Bührle in der Zollikerstraße hatte, in das größere Format hinüberzuretten.
Das wird auch die Problemstellung sein, wenn die Sammlung Bührle 2015 in das dann fertiggestellte, von David Chipperfield entworfene Kunsthaus umziehen wird, in den Erweiterungsbau. Direktor Christoph Becker verspricht, für die Sammlung adäquate Räume zu schaffen, auf immerhin tausend Quadratmetern. Wer die grandiose Bührle-Schau aber noch einmal in kleinem Rahmen sehen will, der sollte in den nächsten Jahren in die Züricher Zollikerstraße pilgern: dorthin, in das Bührle-Privatmuseum, kehrt die Sammlung nach dieser publikumsträchtigen, großen Präsentation im Kunsthaus zurück.