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Der Export boomt, aber: Wie lange?

Die deutschen Exporteure haben im November 2012 Waren im Wert von mehr als eine Billion Euro verkauft – wie schon 2011. Doch die Freude darüber hält sich in Grenzen: Der kurzfristige Ausblick trübt das Wirtschaftsglück.

Von Michael Braun | 08.01.2013
    Es lag am guten Jahresauftakt 2012, dass die Billionengrenze beim Export diesmal schon einen Monat früher fiel. Doch insgesamt war der Jahresschluss eher trübe. Die Ausfuhren summierten sich im November 2012 auf gut 94 Milliarden Euro, die Einfuhren auf gut 77 Milliarden Euro. Die Importe legten leicht zu, die Exporte stagnierten. Kalender- und saisonbereinigt, so das Statistische Bundesamt, seien die Ein- und Ausfuhren gegenüber dem Oktober 2012 sogar um mehr als drei Prozent gesunken.

    "Das war ja eigentlich schon absehbar. Denn wir hatten ja schon zuvor Rückgänge bei den Auftragseingängen insbesondere aus dem Ausland. Die Exporte haben hier eigentlich nur noch drauf reagiert."

    Sagt Stefan Mütze, Konjunkturbeobachter der Landesbank Hessen-Thüringen. Fast 38 Prozent aller Ausfuhren gingen zwischen Januar und November vorigen Jahres in die Länder der europäischen Währungsunion, gut 44 Prozent aller Importe kamen von dort. Die deutsche Außenhandelsbilanz mit diesen Ländern war ausgeglichener als früher. Denn die Exporte dorthin sanken. Die Einfuhren von dort nahmen dagegen zu. Das hat mit der Textilindustrie auch eine Branche gemerkt, die von morgen an die erste große Messe des Jahres in Frankfurt ausrichtet. Barbara Schmidt-Zock vom Verband der Deutschen Heimtextilienindustrie ist nicht so glücklich beim Blick zurück auf die Exportchancen ihrer Branche:

    "Unsere Industrie exportiert zum Großteil noch in den europäischen Raum. Insbesondere in Südeuropa spürten wir die Folgen der Eurokrise. Da lief es mit dem Export nicht wie erhofft. Wir hatten rückläufige Exportumsätze."

    Umgekehrt ist aber auch auf der Messe "Heimtextil" spürbar, dass die südeuropäischen Problemländer ihr Heil vermehrt im Export suchen. Messegeschäftsführer Detlef Braun beobachtete etwa bei den italienischen Textilfirmen:

    "In Italien - die Binnennachfrage geht zurück. Das heißt: Die italienischen Anbieter suchen Exportplattformen. Und da ist die 'Heimtextil' die internationalste Exportplattform."

    Die deutschen Exporteure, die in Südeuropa die Krise zu spüren bekamen und weniger absetzen konnten, wandten sich anderen Märkten zu, vor allem China und auch wieder Amerika. Das klappte gut. Die Exporte in die nichteuropäischen Drittländer schnellten – vor allem dank der anspringenden Konjunktur in den Vereinigten Staaten – zwischen Januar und November vorigen Jahres um mehr als zehn Prozent nach oben.

    Das könnte sich fortsetzen. Auch Helaba-Volkswirt Mütze setzt auf den Export als Konjunkturmotor im neuen Jahr:

    "Wir gehen davon aus, dass wir in den Ländern wie den USA weiteres Wachstum zwischen zwei und drei Prozent sehen werden. Bei China zum Beispiel haben wir auch bei den Frühindikatoren eine klare Trendwende nach oben. Also auch hier sind wir relativ optimistisch. Und bei den Problemländen gehen wir für 2013 davon aus, dass die Länder Italien und Spanien zwar noch einmal rückläufig sein werden. Aber nicht mehr so stark rückläufig wie im Jahr 2012."

    Aktuelle Daten passen dazu: Zwar haben die deutschen Industrieunternehmen im November 2012 weniger neue Aufträge erhalten als im Vormonat. Die Ordereingänge seien im Vergleich zum Oktober um 1,8 Prozent gesunken, teilte das Bundeswirtschaftsministerium heute mit. Doch Frühindikatoren wie der Ifo-, der ZEW- und der Sentix-Index haben zuletzt alle zum Teil deutlich zugelegt. Sie besagen: Vielleicht gehe es nicht schnell, aber die Wirtschaft werde wieder Tritt fassen.