Professor Eike Martin hat eigentlich genug zu tun. In der Heidelberger Uniklinik ist er nämlich Chef der Anästhesiologie, zu der neben der Betäubung bei Operationen auch die Notfallmedizin und ein Zentrum für Schmerztherapie gehört. Doch vor anderthalb Jahren nahm er den Auftrag des städtischen Klinikums Ludwigshafen an, einen Wissenschaftsskandal aufzuarbeiten.
In Ludwigshafen hatte nämlich ein ehemaliger Chefanästhesist der Klinik Medikamententests und Messungen an Patienten vorgenommen, ohne sie zu informieren. Zusätzlich fälschte er wissenschaftliche Studien, die er mit diesen illegal gewonnenen Daten erstellte. Eike Martin wurde Vorsitzender einer fünfköpfigen Untersuchungskommission zu dem Fall.
Glücklicherweise fand er in Heidelberg einen pensionierten Experten, der anderthalb Jahre lang quasi hauptamtlich Material sammelte:
"Einen Professor Wiedemann, ehemaliger Chefarzt der Anästhesie in der Thorax-Klinik, der den Auftrag bekam, jeden Tag, anderthalb Jahre lang, die ganzen Publikationen zu durchforsten, die ganzen Akten, Unterlagen einzusammeln, durch die Klinik zu gehen und alle möglichen Unterlagen zu recherchieren, zusammenzutragen und uns zu berichten. Also, es war schon einige gewaltige Arbeit."
Das Ausmaß des Wissenschaftsbetruges wurde erst Schritt für Schritt klar: An mindestens 503 Patientinnen und Patienten wurden die illegalen Medikamentengaben vorgenommen. Wie es heute aussieht, wohl ohne, dass sie bleibende Gesundheitsschäden erlitten haben. Professor Eike Martin:
"Die Patienten, die wir dann recherchieren konnten, da war Gott sei Dank festzustellen, anhand der Krankenunterlagen, dass die nicht durch diese Studien gefährdet waren. Denn es waren zugelassene Medikamente, sodass man davon ausgehen kann, dass nicht die Ereignisse eingetreten sind, die hätten eintreten können."
Insgesamt 91 – zum Teil erwiesenermaßen gefälschte - wissenschaftliche Publikationen konnte die Untersuchungskommission ermitteln, die auf diesem unrechtmäßig gewonnenen Datenmaterial basieren. Eike Martin spricht von einem "Fälschungstsunami":
"Es ist ein Tsunami der besonderen Art, aber wir sind ja jetzt noch übertroffen worden von einem japanischen Kollegen, der wohl noch mehr als 91, sondern über 200 Papers angeblich gefälscht haben soll. Es ist bekannt, es gibt weltweit viele Fälle von Fälschungen, aber für unser Fach in Deutschland war das schon einmalig."
Die medizin-wissenschaftliche Untersuchungskommission hat nun der Staatsanwaltschaft Frankenthal ihren Bericht übergeben. Diese ermittelt gegen den Ex-Chefanästhesisten des Klinikums Ludwigshafen wegen Verdachts auf Körperverletzung, Betrugs und Urkundenfälschung. Doch auch nach der Aufdeckung des Skandals fragen Patienten und Mitarbeiter des Ludwigshafener Krankenhauses immer noch, wie ein solch umfangreicher Wissenschaftsbetrug jahrelang unentdeckt bleiben konnte:
"- "Ich finde es schon erschreckend, dass so was passiert und dass unsere Kontrollsysteme das nicht früher identifizieren. Dass das jetzt erst alles aufgearbeitet wird."
- "Es wird höchste Zeit."
- "Das müssen mehrere mitgekriegt haben."
- "Da müssen ja noch mehr mitgewirkt haben, denke ich auch. Wie das passiert, keine Ahnung, diese Frage haben wir uns auch schon gestellt.""
Zwei bereits habilitierte Ärzte haben tatsächlich als Co-Autoren auf gefälschten Schriften des Chefarztes gestanden. Sie haben das Klinikum Ludwigshafen inzwischen freiwillig verlassen.
Professor Eike Martin von der Heidelberger Uniklinik glaubt, dass eine solche Form von Mittäterschaft an einer Uniklinik kaum möglich wäre:
"Passieren kann es auch an Universitätskliniken, keine Frage. Aber bei uns würden die Co-Autoren allein, die müssen ja die Unterschrift leisten, man zwingt sie auch die Arbeit durchzulesen, Korrekturen zu veranlassen und sie müssen ja auch ein "Corporate Assignment" unterschreiben. Allein dieser Mechanismus verhindert im Grunde schon, Fälschungen durchzuführen, weil hier auch der Mitarbeiter an seiner Karriere bastelt und dann würde er sich Nachteile einhandeln. Also, ich glaube, Fälschen ist immer möglich, es ist aber an Unikliniken extrem schwer."
Doch nach seiner anderthalbjährigen Arbeit an der Aufarbeitung des Ludwigshafener Wissenschaftsskandals hat Eike Martin viel Sympathie für die Forderung des Deutschen Hochschulverbandes, Wissenschaftsbetrug unter Strafe zu stellen - vor allem dann, wenn dazu Patienten missbraucht werden:
"Wenn Wissenschaftsbetrug - jetzt in der Medizin - zulasten von Patienten geht, dann hat es schon aus meiner Sicht eine strafrechtliche Relevanz. Das ist keine Frage. Ich kann doch nicht Wissenschaft betreiben und etwas aussagen, was falsch ist und am Ende schade ich dem Patienten."
In Ludwigshafen hatte nämlich ein ehemaliger Chefanästhesist der Klinik Medikamententests und Messungen an Patienten vorgenommen, ohne sie zu informieren. Zusätzlich fälschte er wissenschaftliche Studien, die er mit diesen illegal gewonnenen Daten erstellte. Eike Martin wurde Vorsitzender einer fünfköpfigen Untersuchungskommission zu dem Fall.
Glücklicherweise fand er in Heidelberg einen pensionierten Experten, der anderthalb Jahre lang quasi hauptamtlich Material sammelte:
"Einen Professor Wiedemann, ehemaliger Chefarzt der Anästhesie in der Thorax-Klinik, der den Auftrag bekam, jeden Tag, anderthalb Jahre lang, die ganzen Publikationen zu durchforsten, die ganzen Akten, Unterlagen einzusammeln, durch die Klinik zu gehen und alle möglichen Unterlagen zu recherchieren, zusammenzutragen und uns zu berichten. Also, es war schon einige gewaltige Arbeit."
Das Ausmaß des Wissenschaftsbetruges wurde erst Schritt für Schritt klar: An mindestens 503 Patientinnen und Patienten wurden die illegalen Medikamentengaben vorgenommen. Wie es heute aussieht, wohl ohne, dass sie bleibende Gesundheitsschäden erlitten haben. Professor Eike Martin:
"Die Patienten, die wir dann recherchieren konnten, da war Gott sei Dank festzustellen, anhand der Krankenunterlagen, dass die nicht durch diese Studien gefährdet waren. Denn es waren zugelassene Medikamente, sodass man davon ausgehen kann, dass nicht die Ereignisse eingetreten sind, die hätten eintreten können."
Insgesamt 91 – zum Teil erwiesenermaßen gefälschte - wissenschaftliche Publikationen konnte die Untersuchungskommission ermitteln, die auf diesem unrechtmäßig gewonnenen Datenmaterial basieren. Eike Martin spricht von einem "Fälschungstsunami":
"Es ist ein Tsunami der besonderen Art, aber wir sind ja jetzt noch übertroffen worden von einem japanischen Kollegen, der wohl noch mehr als 91, sondern über 200 Papers angeblich gefälscht haben soll. Es ist bekannt, es gibt weltweit viele Fälle von Fälschungen, aber für unser Fach in Deutschland war das schon einmalig."
Die medizin-wissenschaftliche Untersuchungskommission hat nun der Staatsanwaltschaft Frankenthal ihren Bericht übergeben. Diese ermittelt gegen den Ex-Chefanästhesisten des Klinikums Ludwigshafen wegen Verdachts auf Körperverletzung, Betrugs und Urkundenfälschung. Doch auch nach der Aufdeckung des Skandals fragen Patienten und Mitarbeiter des Ludwigshafener Krankenhauses immer noch, wie ein solch umfangreicher Wissenschaftsbetrug jahrelang unentdeckt bleiben konnte:
"- "Ich finde es schon erschreckend, dass so was passiert und dass unsere Kontrollsysteme das nicht früher identifizieren. Dass das jetzt erst alles aufgearbeitet wird."
- "Es wird höchste Zeit."
- "Das müssen mehrere mitgekriegt haben."
- "Da müssen ja noch mehr mitgewirkt haben, denke ich auch. Wie das passiert, keine Ahnung, diese Frage haben wir uns auch schon gestellt.""
Zwei bereits habilitierte Ärzte haben tatsächlich als Co-Autoren auf gefälschten Schriften des Chefarztes gestanden. Sie haben das Klinikum Ludwigshafen inzwischen freiwillig verlassen.
Professor Eike Martin von der Heidelberger Uniklinik glaubt, dass eine solche Form von Mittäterschaft an einer Uniklinik kaum möglich wäre:
"Passieren kann es auch an Universitätskliniken, keine Frage. Aber bei uns würden die Co-Autoren allein, die müssen ja die Unterschrift leisten, man zwingt sie auch die Arbeit durchzulesen, Korrekturen zu veranlassen und sie müssen ja auch ein "Corporate Assignment" unterschreiben. Allein dieser Mechanismus verhindert im Grunde schon, Fälschungen durchzuführen, weil hier auch der Mitarbeiter an seiner Karriere bastelt und dann würde er sich Nachteile einhandeln. Also, ich glaube, Fälschen ist immer möglich, es ist aber an Unikliniken extrem schwer."
Doch nach seiner anderthalbjährigen Arbeit an der Aufarbeitung des Ludwigshafener Wissenschaftsskandals hat Eike Martin viel Sympathie für die Forderung des Deutschen Hochschulverbandes, Wissenschaftsbetrug unter Strafe zu stellen - vor allem dann, wenn dazu Patienten missbraucht werden:
"Wenn Wissenschaftsbetrug - jetzt in der Medizin - zulasten von Patienten geht, dann hat es schon aus meiner Sicht eine strafrechtliche Relevanz. Das ist keine Frage. Ich kann doch nicht Wissenschaft betreiben und etwas aussagen, was falsch ist und am Ende schade ich dem Patienten."