Noch vor einer Woche war der Name David Miranda unbekannt. Aber das sollte sich schlagartig ändern. Am vergangenen Sonntag wurde Miranda auf dem Flug von Berlin nach Rio de Janeiro bei einem Zwischenstopp auf dem Londoner Flughafen Heathrow fast neun Stunden lang verhört. Handy, Laptop und andere Materialien wurden konfisziert. David Miranda ist der Lebensgefährte des "Guardian"-Journalisten Glenn Greenwald. Der wiederum steht in engem Kontakt zu Edward Snowden, dem Whistleblower, mit dessen Hilfe der "Guardian" schon seit Monaten schockierende Einzelheiten über die weltweite Internetüberwachung durch britische und amerikanische Geheimdienste enthüllt.
Dies war ein krasser Fall von Machtmissbrauch, mit dem Ziel, Journalisten einzuschüchtern, erklärt Mirandas Anwältin Gwendolyn Morgan zu dem Zwischenfall in Heathrow. David Miranda wurde auf der Basis des umstrittenen Anti-Terrorgesetzes 2000 festgehalten. Laut Klausel 7 können Personen an britischen Flughäfen, Häfen und Grenzgebieten von der Polizei bis zu neun Stunden durchsucht und befragt werden, ohne dass ein konkreter Verdacht oder eine Anweisung von oben vorliegt. Wer nicht kooperiert, macht sich strafbar.
Hier werden Journalisten wie potenzielle Terroristen behandelt, monierten Kritiker. 97 Prozent der nach Klausel 7 festgehaltenen Personen seien weniger als eine Stunde lang verhört worden. Warum wurde, so fragen sie, ausgerechnet ein "Guardian"-Mitarbeiter fast neun Stunden lang schikaniert? Zunächst hielt sich die Regierung unter Premierminister David Cameron bedeckt und erklärte lediglich, die Entscheidung habe bei der Polizeieinheit Scotland Yard gelegen. Mit reichlicher Verspätung betonte aber dann Innenminsterin Theresa May:
"Wenn die Regierung glaubt, dass Sicherheits-Informationen in falsche Hände geraten und von Terroristen missbraucht werden könnten, ist es richtig, entsprechende Maβnahmen zu ergreifen.""
Was ist wichtiger: Meinungsfreiheit oder öffentliche Sicherheit? Kaum waren die Diskussionen über das Drama auf dem Flughafen Heathrow angelaufen, schon kam der zweite Schock. Anfang der Woche enthüllte Alan Rusbridger, Chefredakteur des "Guardian", noch massivere Einschüchterungsmanöver seitens der britischen Regierung. Seine Zeitung sei schon im Juni unter anhaltenden Druck gesetzt worden – mit der Forderung, das von Edward Snowden zur Verfügung gestellte Material entweder auszuhändigen oder zu löschen.
Die wochenlangen Schikanen kulminierten in einer reichlich bizarren Situation, erzählte Alan Rusbridger in einem Interview mit der BBC.
"Wir haben schließlich die Festplatten und den Computer selbst zerstört, unter den Augen der Geheimdienstler und mit dem Hinweis, dass es weitere Kopien gibt, die sich nicht in Großbritannien befinden, so Rusbridger: Das Vorgehen der Sicherheitskräfte sei als beispiellose Abschreckung zu verstehen."
Die Vorgänge stoβen in Groβbritannien auf gemischte Resonanz. Leserbriefe im "Guardian" vergleichen die Aktionen der britischen Sicherheitsdienste mit den Taktiken der Stasi. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht von finsteren Geschehnissen, die das Recht auf freie Meinungsäuβerung bedrohten.
Andererseits scheint sich die britische Öffentlichkeit nicht übermäβig um den Schutz ihrer Privatsphäre zu sorgen. Die meisten Briten nehmen es kritiklos hin, tagtäglich von Millionen von Überwachungskameras beobachtet und gefilmt zu werden, mit dem Argument, dies sei der Preis der Freiheit – und der Sicherheit.
Aber "Guardian"-Chef Alan Rusbridger gibt nicht auf. Er will weiterhin über das Thema berichten, nicht aus London, sondern aus Amerika. In den USA und auf dem europäischen Festland haben die Snowden-Materialien eine Riesendebatte über die Gefahren einer ungehinderten Überwachung ausgelöst. Und dort ist das Recht auf eine freie Presse auch verfassungsmäβig verankert. Im Gegensatz zu Groβbritannien.
Nun will der Chefredakteur des "Guardian" auch im eigenen Land eine Debatte forcieren. Im Lauf der kommenden Wochen seien weitere Enthüllungen zu erwarten: über das Verhältnis zwischen Regierung, Geheimdiensten, IT- und Telekomfirmen, die von Millionen von Menschen genutzt würden.
"Ich glaube, das werden ziemlich beunruhigende Enthüllungen sein – über Vorgänge, die den Konsens der Öffentlichkeit unbedingt erfordern. Vielleicht sagt die britische Öffentlichkeit ja, ok, wir sind bereit unsere Privatsphäre der öffentlichen Sicherheit zu opfern - aber wir müssen erst einmal diese Debatte führen."
Der Brasilianer David Miranda hat unterdessen vor dem höchsten englischen Zivilgericht eine einstweilige Verfügung erwirkt: Die Polizei darf seine elektronischen Daten nur auswerten, wenn sie glaubt, dass die nationale Sicherheit bedroht ist. Aber Scotland Yard erklärte bereits, man sei auf hochsensibles Material gestoβen. Am 30. August findet eine volle Anhörung statt, um das Vorgehen der Polizei unter die Lupe zu nehmen. Und im Herbst soll das Parlament in London über mögliche Reformen der umstrittenen Klausel 7 des Anti-Terrorgesetzes debattieren.
Dies war ein krasser Fall von Machtmissbrauch, mit dem Ziel, Journalisten einzuschüchtern, erklärt Mirandas Anwältin Gwendolyn Morgan zu dem Zwischenfall in Heathrow. David Miranda wurde auf der Basis des umstrittenen Anti-Terrorgesetzes 2000 festgehalten. Laut Klausel 7 können Personen an britischen Flughäfen, Häfen und Grenzgebieten von der Polizei bis zu neun Stunden durchsucht und befragt werden, ohne dass ein konkreter Verdacht oder eine Anweisung von oben vorliegt. Wer nicht kooperiert, macht sich strafbar.
Hier werden Journalisten wie potenzielle Terroristen behandelt, monierten Kritiker. 97 Prozent der nach Klausel 7 festgehaltenen Personen seien weniger als eine Stunde lang verhört worden. Warum wurde, so fragen sie, ausgerechnet ein "Guardian"-Mitarbeiter fast neun Stunden lang schikaniert? Zunächst hielt sich die Regierung unter Premierminister David Cameron bedeckt und erklärte lediglich, die Entscheidung habe bei der Polizeieinheit Scotland Yard gelegen. Mit reichlicher Verspätung betonte aber dann Innenminsterin Theresa May:
"Wenn die Regierung glaubt, dass Sicherheits-Informationen in falsche Hände geraten und von Terroristen missbraucht werden könnten, ist es richtig, entsprechende Maβnahmen zu ergreifen.""
Was ist wichtiger: Meinungsfreiheit oder öffentliche Sicherheit? Kaum waren die Diskussionen über das Drama auf dem Flughafen Heathrow angelaufen, schon kam der zweite Schock. Anfang der Woche enthüllte Alan Rusbridger, Chefredakteur des "Guardian", noch massivere Einschüchterungsmanöver seitens der britischen Regierung. Seine Zeitung sei schon im Juni unter anhaltenden Druck gesetzt worden – mit der Forderung, das von Edward Snowden zur Verfügung gestellte Material entweder auszuhändigen oder zu löschen.
Die wochenlangen Schikanen kulminierten in einer reichlich bizarren Situation, erzählte Alan Rusbridger in einem Interview mit der BBC.
"Wir haben schließlich die Festplatten und den Computer selbst zerstört, unter den Augen der Geheimdienstler und mit dem Hinweis, dass es weitere Kopien gibt, die sich nicht in Großbritannien befinden, so Rusbridger: Das Vorgehen der Sicherheitskräfte sei als beispiellose Abschreckung zu verstehen."
Die Vorgänge stoβen in Groβbritannien auf gemischte Resonanz. Leserbriefe im "Guardian" vergleichen die Aktionen der britischen Sicherheitsdienste mit den Taktiken der Stasi. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International spricht von finsteren Geschehnissen, die das Recht auf freie Meinungsäuβerung bedrohten.
Andererseits scheint sich die britische Öffentlichkeit nicht übermäβig um den Schutz ihrer Privatsphäre zu sorgen. Die meisten Briten nehmen es kritiklos hin, tagtäglich von Millionen von Überwachungskameras beobachtet und gefilmt zu werden, mit dem Argument, dies sei der Preis der Freiheit – und der Sicherheit.
Aber "Guardian"-Chef Alan Rusbridger gibt nicht auf. Er will weiterhin über das Thema berichten, nicht aus London, sondern aus Amerika. In den USA und auf dem europäischen Festland haben die Snowden-Materialien eine Riesendebatte über die Gefahren einer ungehinderten Überwachung ausgelöst. Und dort ist das Recht auf eine freie Presse auch verfassungsmäβig verankert. Im Gegensatz zu Groβbritannien.
Nun will der Chefredakteur des "Guardian" auch im eigenen Land eine Debatte forcieren. Im Lauf der kommenden Wochen seien weitere Enthüllungen zu erwarten: über das Verhältnis zwischen Regierung, Geheimdiensten, IT- und Telekomfirmen, die von Millionen von Menschen genutzt würden.
"Ich glaube, das werden ziemlich beunruhigende Enthüllungen sein – über Vorgänge, die den Konsens der Öffentlichkeit unbedingt erfordern. Vielleicht sagt die britische Öffentlichkeit ja, ok, wir sind bereit unsere Privatsphäre der öffentlichen Sicherheit zu opfern - aber wir müssen erst einmal diese Debatte führen."
Der Brasilianer David Miranda hat unterdessen vor dem höchsten englischen Zivilgericht eine einstweilige Verfügung erwirkt: Die Polizei darf seine elektronischen Daten nur auswerten, wenn sie glaubt, dass die nationale Sicherheit bedroht ist. Aber Scotland Yard erklärte bereits, man sei auf hochsensibles Material gestoβen. Am 30. August findet eine volle Anhörung statt, um das Vorgehen der Polizei unter die Lupe zu nehmen. Und im Herbst soll das Parlament in London über mögliche Reformen der umstrittenen Klausel 7 des Anti-Terrorgesetzes debattieren.