Sina Vogt: Die Regierung greift sehr hart durch gegen Kritiker. Das wird von der Verfassung des Landes gedeckt durch einen Artikel, der sagt: 'Alle Macht liegt bei der kommunistischen Partei'. Und den Artikel, der gegen die politische Opposition stark angewendet wird. Und der es zur Straftat macht, wenn man die nationale Sicherheit gefährde.
'Gefährdung der Nationalen Sicherheit', das war auch der Vorwurf, den Nguyen Dinh Hui sich gefallen lassen mußte, als er im November 1993 verhaftet wurde. Nguyen Dinh Hui hatte eine gewaltlose Oppositionsgruppe gegründet, die sich 'Volksbewegung für Einheit und Demokratie-Entwicklung' nannte.
Sina Vogt: Das ist eine friedliche Oppositionsbewegung, die sich zum Ziel gemacht hat, über Demokratie zu diskutieren und mehr Demokratie in Vietnam zu installieren, das ist eine Bewegung in der vor allem auch Professoren und Intellektuelle in Vietnam sich zusammengeschlossen haben.
Die Gruppe hatte einen Kongress organisieren wollen, um Fragen der Demokratie- und Wirtschafts-Entwicklung zu diskutieren. Fast alle Mitglieder der Bewegung wurden festgenommen und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die längste Haftstrafe - 15 Jahre Internierungslager - erhielt Nguyen Dinh Hui. In seinem Urteil hieß es, er habe den Sturz der Regierung geplant
The Ti Luong: Er hat für Demokratie gekämpft. Für eine Sache, die eigentlich auch in der Verfassung stand. Aber solange Demokratie unter einem Ein-Parteien-System geführt wird, ist es keine Demokratie. Die Bewegungen von Nguyen Dinh Hui oder jemandem anders stören diese Vorstellung der Partei. Sie wurden illegalisiert, sie wurden verurteilt und sie haben keine - noch keine - Chance, sich zu etablieren.
Der in Deutschland lebende vietnamesische Wissenschaftler, den wir hier aus Rücksicht auf seine Familie in Vietnam 'The Ti Luong' nennen, bezeichnet es als Tragödie, dass mit dem Sieg der Kommunisten Nordvietnams eine Kultur an die Macht gelangte, die bis dahin noch nie mit Demokratie in Berührung gekommen war. Menschen wie Nguyen Dinh Hui gehörten aber zu einer intellektuellen Elite Südvietnams, die in ihrer Jugend mit den Freiheitsvorstellungen der französischen Kolonialherren Bekanntschaft gemacht hatte und sich später mit den Demokratiekonzepten der Amerikaner auseinandersetzte. Diese Schicht stand den Kommunisten von Anfang an skeptisch gegenüber. Als die Amerikaner Vietnam verließen, war Nguyen Din Hui 43 Jahre alt und hatte sich neben seiner Tätigkeit als Hochschullehrer für Englisch und Geschichte einen Namen als Publizist und Journalist gemacht. Nach dem Fall von Saigon war er einer der ersten, den die Kommunisten zur Umerziehung in ein Internierungslager schickten. Kein Ort der Kontemplation, wie The Ti Luong bekundet..
The Ti Luong: Die Genossen, die haben selber die Gefängnisse von Franzosen, von Amerikanern, vom alten Regime, erlebt. Und die schlimmsten Methoden, die sie damals gelernt haben, wenden sie jetzt an ihren Häftlingen an. In der ersten Periode werden die Häftlinge schikaniert und terrorisiert, um ihren Kampfgeist zu zerbrechen. Und dann in einer zweiten Phase, ist man frei, so herum zu laufen; aber: Wohin? In Vietnam kann man nicht aus einem Gefängnis weglaufen und dann irgendwo Zuflucht finden.
Doch das Umerziehungslager hatte Nguyen Dinh Huis Kampfgeist nicht wirklich brechen können. Nach seiner Freilassung aus dem Internierungslager Mitte der 80er Jahre stritt er erneut in vielen Zeitungsartikeln und Essays für den Rechtsstaat, für Demokratie und Meinungsfreiheit in Vietnam. Bis ihn sein Engagement 1993 erneut ins Umerziehungslager brachte. Mittlerweile leidet der Journalist an der Parkinsonschen Krankheit - es ist unwahrscheinlich dass er im Gefängnis vom Arzt besucht wird oder Medikamente erhält. Wenn sich sein Zustand verschlechtert, ist seine Freilassung wahrscheinlich, meint Thuy Nonnemann aus Berlin, die in Südvietnam geboren wurde.
Thuy Nonnemann: Menschen sterben nicht in den Umerziehungslagern: Wenn die Gefangenen so krank sind, dann werden sie entlassen; sie sterben zu Hause
Nach außen, für die internationale Öffentlichkeit, wirke eine solche Maßnahme humanitär, meint Thuy Nonnemann, aber nach innen, für die vietnamesischen Verwandten und Bekannten dämpfe die große Zahl der von Lagerhaft Gezeichneten die politische Tapferkeit der Vietnamesen. "Deshalb wird es noch lange dauern, bis das Volk auf die Straße geht, um gegen diese Zustände zu protestieren", mutmaßt Thuy Nonnemann.
Thuy Nonnemann: Da ist eine Partei, die hat Angst vor dem eigenen Volk. Also, eine Regierung, die sicher ist, dass sie von der Bevölkerung unterstützt wird, wird keine Angst haben, kritisiert zu werden; und würde auch keine Angst haben ,dass man demonstriert."
Nguyen Dinh Hui hat versucht, seinen Mitbürgern die Angst davor zu nehmen, für Meinungsfreiheit und Demokratie einzutreten. Dass sein Beispiel ermutigend wirkt, kann nicht behauptet werden. Wenn der Journalist und Menschenrechtsaktivist Nguyen Dinh Hui seine volle Haftzeit im Umerziehungslager Ham Tan abgesessen hat, wird 81 Jahre alt sein.
'Gefährdung der Nationalen Sicherheit', das war auch der Vorwurf, den Nguyen Dinh Hui sich gefallen lassen mußte, als er im November 1993 verhaftet wurde. Nguyen Dinh Hui hatte eine gewaltlose Oppositionsgruppe gegründet, die sich 'Volksbewegung für Einheit und Demokratie-Entwicklung' nannte.
Sina Vogt: Das ist eine friedliche Oppositionsbewegung, die sich zum Ziel gemacht hat, über Demokratie zu diskutieren und mehr Demokratie in Vietnam zu installieren, das ist eine Bewegung in der vor allem auch Professoren und Intellektuelle in Vietnam sich zusammengeschlossen haben.
Die Gruppe hatte einen Kongress organisieren wollen, um Fragen der Demokratie- und Wirtschafts-Entwicklung zu diskutieren. Fast alle Mitglieder der Bewegung wurden festgenommen und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die längste Haftstrafe - 15 Jahre Internierungslager - erhielt Nguyen Dinh Hui. In seinem Urteil hieß es, er habe den Sturz der Regierung geplant
The Ti Luong: Er hat für Demokratie gekämpft. Für eine Sache, die eigentlich auch in der Verfassung stand. Aber solange Demokratie unter einem Ein-Parteien-System geführt wird, ist es keine Demokratie. Die Bewegungen von Nguyen Dinh Hui oder jemandem anders stören diese Vorstellung der Partei. Sie wurden illegalisiert, sie wurden verurteilt und sie haben keine - noch keine - Chance, sich zu etablieren.
Der in Deutschland lebende vietnamesische Wissenschaftler, den wir hier aus Rücksicht auf seine Familie in Vietnam 'The Ti Luong' nennen, bezeichnet es als Tragödie, dass mit dem Sieg der Kommunisten Nordvietnams eine Kultur an die Macht gelangte, die bis dahin noch nie mit Demokratie in Berührung gekommen war. Menschen wie Nguyen Dinh Hui gehörten aber zu einer intellektuellen Elite Südvietnams, die in ihrer Jugend mit den Freiheitsvorstellungen der französischen Kolonialherren Bekanntschaft gemacht hatte und sich später mit den Demokratiekonzepten der Amerikaner auseinandersetzte. Diese Schicht stand den Kommunisten von Anfang an skeptisch gegenüber. Als die Amerikaner Vietnam verließen, war Nguyen Din Hui 43 Jahre alt und hatte sich neben seiner Tätigkeit als Hochschullehrer für Englisch und Geschichte einen Namen als Publizist und Journalist gemacht. Nach dem Fall von Saigon war er einer der ersten, den die Kommunisten zur Umerziehung in ein Internierungslager schickten. Kein Ort der Kontemplation, wie The Ti Luong bekundet..
The Ti Luong: Die Genossen, die haben selber die Gefängnisse von Franzosen, von Amerikanern, vom alten Regime, erlebt. Und die schlimmsten Methoden, die sie damals gelernt haben, wenden sie jetzt an ihren Häftlingen an. In der ersten Periode werden die Häftlinge schikaniert und terrorisiert, um ihren Kampfgeist zu zerbrechen. Und dann in einer zweiten Phase, ist man frei, so herum zu laufen; aber: Wohin? In Vietnam kann man nicht aus einem Gefängnis weglaufen und dann irgendwo Zuflucht finden.
Doch das Umerziehungslager hatte Nguyen Dinh Huis Kampfgeist nicht wirklich brechen können. Nach seiner Freilassung aus dem Internierungslager Mitte der 80er Jahre stritt er erneut in vielen Zeitungsartikeln und Essays für den Rechtsstaat, für Demokratie und Meinungsfreiheit in Vietnam. Bis ihn sein Engagement 1993 erneut ins Umerziehungslager brachte. Mittlerweile leidet der Journalist an der Parkinsonschen Krankheit - es ist unwahrscheinlich dass er im Gefängnis vom Arzt besucht wird oder Medikamente erhält. Wenn sich sein Zustand verschlechtert, ist seine Freilassung wahrscheinlich, meint Thuy Nonnemann aus Berlin, die in Südvietnam geboren wurde.
Thuy Nonnemann: Menschen sterben nicht in den Umerziehungslagern: Wenn die Gefangenen so krank sind, dann werden sie entlassen; sie sterben zu Hause
Nach außen, für die internationale Öffentlichkeit, wirke eine solche Maßnahme humanitär, meint Thuy Nonnemann, aber nach innen, für die vietnamesischen Verwandten und Bekannten dämpfe die große Zahl der von Lagerhaft Gezeichneten die politische Tapferkeit der Vietnamesen. "Deshalb wird es noch lange dauern, bis das Volk auf die Straße geht, um gegen diese Zustände zu protestieren", mutmaßt Thuy Nonnemann.
Thuy Nonnemann: Da ist eine Partei, die hat Angst vor dem eigenen Volk. Also, eine Regierung, die sicher ist, dass sie von der Bevölkerung unterstützt wird, wird keine Angst haben, kritisiert zu werden; und würde auch keine Angst haben ,dass man demonstriert."
Nguyen Dinh Hui hat versucht, seinen Mitbürgern die Angst davor zu nehmen, für Meinungsfreiheit und Demokratie einzutreten. Dass sein Beispiel ermutigend wirkt, kann nicht behauptet werden. Wenn der Journalist und Menschenrechtsaktivist Nguyen Dinh Hui seine volle Haftzeit im Umerziehungslager Ham Tan abgesessen hat, wird 81 Jahre alt sein.