Burkhard Müller-Ullrich: "Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen & Auditionserlebnisse": Das ist der Name einer Facebook-Gruppe, die seit etwas mehr als einem Monat existiert und rasenden Zulauf von Künstlern hat. Alle beklagen sich über ihre Gagen und über ihre Behandlung durch Intendanten und Produzenten. Eine revolutionäre Stimmung herrscht im Internet, und jetzt hat sich sozusagen als Jeanne d’Arc des Bühnenwesens die Sängerin Elisabeth Kulman an die Promi-Spitze der Bewegung gestellt. Warum, Frau Kulman, haben Sie sich dieser Facebook-Protestseite angeschlossen?
Elisabeth Kulman: Ja, ich habe diese Seite kurz nach ihrem Entstehen schon entdeckt und habe sie eine Weile verfolgt. Ich hatte sicher auch einen schwierigen Weg ganz nach oben. Aber das, was ich da zu lesen bekam, hat mich einfach erschüttert und auch irgendwie sprachlos und gleichzeitig wirklich wütend gemacht, dass so offensichtlich die Realität im Kulturbetrieb heutzutage ist.
Müller-Ullrich: Deckt sich das denn mit den Dingen, die Sie selbst auch erlebt haben?
Kulman: Es deckt sich mit dem, was ich selbst erlebt habe. Aber es geht noch weit darüber hinaus und in dieser Tragweite war mir das nicht bewusst. Und ich habe dann mich entschlossen, eher aus einem spontanen Impuls heraus, ein Beispiel aus meiner persönlichen Situation auch einzubringen, und habe den Vertrag, den ich bei den Salzburger Festspielen habe, zum Beispiel genommen, dass es sozusagen bis in die höchsten Höhen, sozusagen, dass es da Missstände gibt, die eigentlich nicht fair sind.
Müller-Ullrich: Zählen wir sie mal auf, die Missstände: Es werden zum Beispiel die Proben nicht bezahlt, wenn Sie krank werden, dann nützt Ihnen der ganze Vertrag nichts mehr, dann gibt es kein Geld.
Kulman: Dann kommt dazu, dass die Aufführungen sehr eng gelegt sind, zumindest in diesem Jahr, was den "Falstaff" betrifft, wo ich dabei bin, dass es einem wirklich sehr erschwert oder vielleicht sogar verunmöglicht wird, die absolut ideale körperliche Kondition bereitzustellen, um eine Höchstleistung zu erbringen.
Müller-Ullrich: Ist das nicht ein bisschen riskant, wenn man da jetzt meckert? Ich meine, Sie sind natürlich auf der Karriereleiter schon sehr weit oben. Eigentlich hätten Sie es gar nicht nötig, denn Karriere im Kollektiv schließt sich ja aus?
Kulman: Es ist auch so. Es geht nun nicht um meinen Vertrag in Salzburg, nicht primär. Dass es da sicher Unstimmigkeiten gibt und nicht ideale Lösungen, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber ich wollte nur ein Exempel statuieren. Also der Fisch stinkt vom Kopf.
Müller-Ullrich: Wie reagiert denn der Kopf, der stinkende, des Kulturbetriebs bis jetzt?
Kulman: Im Moment gibt es noch keine offiziellen Reaktionen. Ich glaube, man ist abwartend und erstaunt über die Kraft und die Potenz dieser Bewegung. Und ich kann meinen Vertrag bei den Salzburger Festspielen auch verschmerzen, aber andere Kollegen, auch bei den Salzburger Festspielen, aber auch in einem Musicaltheater oder in einem Jazz Club, die können das dann nicht mehr verschmerzen. Die kämpfen dann um ihr Leben, da geht es um Existenzen, und dann ist Schluss mit lustig.
Müller-Ullrich: Aber Sie sprechen über den Salzburger Vertrag und Sie sagen "verschmerzen", klingt schon fast so, als hätten Sie da hingeworfen. So ist es nicht?
Kulman: Na ja, es ist so, dass es nicht die idealen Bedingungen sind, um künstlerische Leistungen zu erbringen, und deshalb setze ich mich dafür ein. Die Kunst erfüllt den Menschen mit etwas ganz besonderem, das ganz wichtig ist, was vielleicht schwer zu beschreiben ist.
Müller-Ullrich: Und wie geht es jetzt weiter, denn Sie müssen sich ja auch noch ums Laufende kümmern? Das heißt, Sie haben geschrieben, es hat sich angefühlt, als würde die Erde beben und als wäre ein Vulkan ausgebrochen. Aber Sie haben jetzt erst mal zu tun, nämlich auf den Festspielen selbst?
Kulman: Also ich reise übermorgen, am Sonntag, nach Salzburg. Dort beginnen die Vorproben für "Falstaff". Und ich freue mich sehr darauf. Gleichzeitig werde ich weiter mich für die Sache einsetzen, so gut ich kann, mit meinen Mitteln und mit meinen Talenten. Da fühle ich einfach große Solidarität und dafür will ich mich einsetzen und auch eine Stimme in die Öffentlichkeit geben.
Müller-Ullrich: Der Facebook-Protest geht weiter und wir sprachen mit der Mezzosopranistin Elisabeth Kulman. Vielen Dank.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr auf dradio.de:
Genial, aber pleite - Das harte Los der Musik-Virtuosen
Kultur muss "widerständig" sein - Vorsitzende des Kulturausschusses weist Kritik an deutscher Kulturförderung zurück
Elisabeth Kulman: Ja, ich habe diese Seite kurz nach ihrem Entstehen schon entdeckt und habe sie eine Weile verfolgt. Ich hatte sicher auch einen schwierigen Weg ganz nach oben. Aber das, was ich da zu lesen bekam, hat mich einfach erschüttert und auch irgendwie sprachlos und gleichzeitig wirklich wütend gemacht, dass so offensichtlich die Realität im Kulturbetrieb heutzutage ist.
Müller-Ullrich: Deckt sich das denn mit den Dingen, die Sie selbst auch erlebt haben?
Kulman: Es deckt sich mit dem, was ich selbst erlebt habe. Aber es geht noch weit darüber hinaus und in dieser Tragweite war mir das nicht bewusst. Und ich habe dann mich entschlossen, eher aus einem spontanen Impuls heraus, ein Beispiel aus meiner persönlichen Situation auch einzubringen, und habe den Vertrag, den ich bei den Salzburger Festspielen habe, zum Beispiel genommen, dass es sozusagen bis in die höchsten Höhen, sozusagen, dass es da Missstände gibt, die eigentlich nicht fair sind.
Müller-Ullrich: Zählen wir sie mal auf, die Missstände: Es werden zum Beispiel die Proben nicht bezahlt, wenn Sie krank werden, dann nützt Ihnen der ganze Vertrag nichts mehr, dann gibt es kein Geld.
Kulman: Dann kommt dazu, dass die Aufführungen sehr eng gelegt sind, zumindest in diesem Jahr, was den "Falstaff" betrifft, wo ich dabei bin, dass es einem wirklich sehr erschwert oder vielleicht sogar verunmöglicht wird, die absolut ideale körperliche Kondition bereitzustellen, um eine Höchstleistung zu erbringen.
Müller-Ullrich: Ist das nicht ein bisschen riskant, wenn man da jetzt meckert? Ich meine, Sie sind natürlich auf der Karriereleiter schon sehr weit oben. Eigentlich hätten Sie es gar nicht nötig, denn Karriere im Kollektiv schließt sich ja aus?
Kulman: Es ist auch so. Es geht nun nicht um meinen Vertrag in Salzburg, nicht primär. Dass es da sicher Unstimmigkeiten gibt und nicht ideale Lösungen, ist nicht von der Hand zu weisen. Aber ich wollte nur ein Exempel statuieren. Also der Fisch stinkt vom Kopf.
Müller-Ullrich: Wie reagiert denn der Kopf, der stinkende, des Kulturbetriebs bis jetzt?
Kulman: Im Moment gibt es noch keine offiziellen Reaktionen. Ich glaube, man ist abwartend und erstaunt über die Kraft und die Potenz dieser Bewegung. Und ich kann meinen Vertrag bei den Salzburger Festspielen auch verschmerzen, aber andere Kollegen, auch bei den Salzburger Festspielen, aber auch in einem Musicaltheater oder in einem Jazz Club, die können das dann nicht mehr verschmerzen. Die kämpfen dann um ihr Leben, da geht es um Existenzen, und dann ist Schluss mit lustig.
Müller-Ullrich: Aber Sie sprechen über den Salzburger Vertrag und Sie sagen "verschmerzen", klingt schon fast so, als hätten Sie da hingeworfen. So ist es nicht?
Kulman: Na ja, es ist so, dass es nicht die idealen Bedingungen sind, um künstlerische Leistungen zu erbringen, und deshalb setze ich mich dafür ein. Die Kunst erfüllt den Menschen mit etwas ganz besonderem, das ganz wichtig ist, was vielleicht schwer zu beschreiben ist.
Müller-Ullrich: Und wie geht es jetzt weiter, denn Sie müssen sich ja auch noch ums Laufende kümmern? Das heißt, Sie haben geschrieben, es hat sich angefühlt, als würde die Erde beben und als wäre ein Vulkan ausgebrochen. Aber Sie haben jetzt erst mal zu tun, nämlich auf den Festspielen selbst?
Kulman: Also ich reise übermorgen, am Sonntag, nach Salzburg. Dort beginnen die Vorproben für "Falstaff". Und ich freue mich sehr darauf. Gleichzeitig werde ich weiter mich für die Sache einsetzen, so gut ich kann, mit meinen Mitteln und mit meinen Talenten. Da fühle ich einfach große Solidarität und dafür will ich mich einsetzen und auch eine Stimme in die Öffentlichkeit geben.
Müller-Ullrich: Der Facebook-Protest geht weiter und wir sprachen mit der Mezzosopranistin Elisabeth Kulman. Vielen Dank.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr auf dradio.de:
Genial, aber pleite - Das harte Los der Musik-Virtuosen
Kultur muss "widerständig" sein - Vorsitzende des Kulturausschusses weist Kritik an deutscher Kulturförderung zurück