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Der Fluch des Goldes

Gold wird derzeit zu einem begehrten Anlageobjekt. Doch was den einen als Sicherheit gilt, nehmen andere als Fluch wahr. Goldminen liegen vorwiegend in Entwicklungsländern, in abgeschiedenen Regionen. Die einfache Landbevölkerung darf häufig nicht mitentscheiden und trägt nur die negativen Folgen des Abbaus. In Guatemala wehren sich jetzt indigene Gemeinden gegen Minenprojekte.

Von Andreas Boueke | 24.04.2009
    Noch kann man in der Umgebung der Mine Marlin im Hochland von Guatemala die Tiere des Waldes beobachten, dem Gesang der Vögel lauschen, bunte Käfer und Raupen betrachten. Hähne krähen, Kinder spielen.

    Doch wo früher grüne Hügel waren sind jetzt sandige Löcher. Ganze Höhenzüge wurden abgeholzt. Riesige Grundstücke sind mit Stacheldraht umzäunt. Noch vor Kurzem konnten sich die Menschen hier ungehindert bewegen. Heute treffen sie auf Grenzen mit bewaffnetem Sicherheitspersonal. Viele Bewohner der Region sind wütend, auch der Mayapriester Rigoberto Juarez:

    "Gold hat uns Naturzerstörung gebracht. Die Bäume sterben. Die Maschinen machen Lärm. Die Tunnel werden in den Schoß der Erde gegraben. All das verletzt unsere Spiritualität, die Kosmovision der Maya. Die Berge müssen respektiert werden. Das Herz der Erde ist heilig."

    Das Vertrauen in die globalen Finanzmärkte ist zerrüttet. Umso begehrter ist Gold. Viele Entwicklungsländer setzen zunehmend auf die Ausbeutung ihrer Bodenschätze. Doch die ergiebigen Goldadern sind längst erschöpft. Wer heute Gold freilegen will, muss große Mengen Fels sprengen und ihn zu Schlamm zermahlen. Die geringen Goldspuren werden mit Hilfe giftiger Chemikalien gelöst. Im Laufe dieses Prozesses kommt es nicht selten zur Verschmutzung von Wasser und Land, meist ohne dass die betroffene Bevölkerung adäquat informiert, geschützt oder gar entschädigt wird.

    Im guatemaltekischen Hochland hat sich eine indigene Oppositionsbewegung gegen die Bergbauindustrie formiert. In dem Dorf San Miguel Acatán haben über zwölftausend Menschen an einer Volksbefragung teilgenommen. Nur sieben Personen stimmten für die Ansiedlung einer Mine, alle anderen dagegen. Daraufhin machten sich fünfzig Abgesandte der Gemeinde auf den beschwerlichen Weg in die Hauptstadt, um die Öffentlichkeit über das Ergebnis zu informieren; unter ihnen Pedro Mendez vom Maya-Kulturzentrum der Akateken.

    "Wir haben eine demokratische Beteiligung des Volkes erlebt. Kinder, Frauen, Alte, Erwachsene, auch viele nationale und internationale Beobachter waren dabei. Das war ein Fest der Bürger, ein denkwürdiger Tag für die Menschen, an dem sie von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben. Sie haben sich gegen den Bergbau in unserem Bezirk ausgesprochen."

    In Guatemala-Stadt hat die Umweltschutzorganisation Madre Selva eine Pressekonferenz für die Abgesandten aus San Miguel Acatán vorbereitet. Deren Sprecher Miguel Juan Francisco ärgert sich, weil nur zwei guatemaltekische Journalisten gekommen sind.

    "Die nationalen Medien respektieren vor allem diejenigen Leute, die einen Anzug tragen und eine akademische Ausbildung haben. Wenn jetzt etwas im Kongress passieren würde, dann würden sie sofort dorthin eilen. Den Leuten mit Krawatte wird Aufmerksamkeit geschenkt. Die armen Bürger hingegen, die vom Land, werden ignoriert."

    Nach der Pressekonferenz gehen die Vertreter der Gemeinde San Miguel Acatán auch zum Energieministerium. Dort werden sie von dem Ingenieur Oscar Rosal empfangen.

    "Sie haben uns das Ergebnis ihrer Volksbefragung gebracht. Aber wir haben kein legales Instrument, das es uns erlauben würde, aufgrund einer Volksbefragung die Lizenz zu verweigern. Das Gesetz schreibt uns vor, die Lizenzen zu gewähren. Wir haben beim Verfassungsgericht nachgefragt. Die Richter dort haben entschieden, dass die Volksbefragungen zwar legal seien, aber nicht bindend. Sie haben keine legale Konsequenz. Das Ministerium ist also nicht verpflichtet, auf Grund der Volksbefragungen Lizenzen zu verweigern."

    Insgesamt haben bisher nahezu eine halbe Millionen Personen in über zwanzig Dörfern des guatemaltekischen Hochlands an Volksbefragungen zu den geplanten Bergbauprojekten in ihrer Umgebung teilgenommen. Die Ablehnungsquote lag meist bei deutlich über 95 Prozent. Trotzdem vergibt die guatemaltekische Regierung weiterhin Bergbaulizenzen.

    Die unabhängige Hilfsorganisation Oxfam weist darauf hin, dass etwa zwei Drittel des weltweit verbrauchten Goldes im Dekorations- und Schmuckgewerbe eingesetzt werden. In Guatemala können sich nur einige wenige Menschen diesen Luxus leisten, so wie diese Frau im Einkaufszentrum Miraflores in Guatemala-Stadt.

    "Gold gefällt mir, weil es auffällt. Manchmal fühle ich mich schlecht oder ich bin ein wenig depressiv. Dann gehe ich in ein Einkaufszentrum und suche mir ein goldenes Schmuckstück, das mir wirklich gefällt. Sobald ich das gekauft habe, geht es mir gleich viel besser."