"Die erste Adresse ist hier in der Kremmener Straße. Das ist diese hier. Das ist eine Familie. Die erwartet sie ab 13 Uhr."
Ulrike Dettmann, Gründerin von Opendoors Berlin, erklärt den Ablauf der heutigen Tour. Einer der Wohnzimmertouristen ist Piet Niemeyer aus Groningen. Der freundliche Holländer mit der bedächtigen Art und dem weißen Stoppelhaarschnitt ist pensionierter Geschichtslehrer.
"Ich habe schon viele Museen angeguckt und Gebäude. Und ich will mal sehen, wie die Berliner selber die Stadt erfahren – und nicht wie ich als Ausländer die Museen und die Parks angucke."
Die Idee, Touristen in Berliner Wohnungen zu vermitteln, hatte Ulrike Dettmann schon lange, doch es haperte an der Umsetzung. Bis letztes Jahr.
"Ich hatte auf einmal die Idee, dass es geht, wenn die Menschen an mich Geld bezahlen als Vermittlung und ich an die Haushalte Geld bezahle für die Aufnahme. Und die Grundidee ist natürlich, dass ich selber das immer total inspirierend fand, wenn ich in anderen Ländern war und die Möglichkeit hatte, zu gucken, was ist in den Häusern los."
33 Euro zahlen Touristen für drei Adressen, die Gastgeber bekommen pro Gast fünf Euro Aufwandsentschädigung. Zur Sicherheit schreibt sich Ulrike Dettmann die Passnummern der Gäste auf. Auch jede Wohnung hat sie sich vorher angesehen. Aber trotz aller Vorsichtsmaßnahmen - ihre Idee funktioniert nur, wenn beide Seiten das Vertrauen aufbringen, sich auf etwas Neues einzulassen.
Und los geht's. Die erste Adresse liegt in Mitte, direkt an der Grenze zum Wedding. Ganz in der Nähe verlief einst die Mauer.
"- "Hallo, herzlich willkommen"
– "Hallo, ich bin Piet, Piet Niemeyer."
- "Ich bin Rike. Hallo!""
Gastgeberin Rike führt uns in ihre gelb gestrichene Küche. Auf dem Tisch stehen selbstgebackene Brownies, der neunjährige Jossi macht den Kaffee. Dies ist eine Form von Tourismus, die Rike mag. Im Gegensatz zu dem, was sich jedes Wochenende in ihrem Viertel abspielt.
"Sonntag nachmittags geht keiner von uns aus dem Haus mehr vor die Tür. Zumindest am Sonntag, am Wochenende oder so, ist es einfach zu voll, zu teuer. Viele Leute ziehen weg. Das sind so die nicht so schönen Seiten."
Dann erzählt Rike, was es mit ihrer Wohnung auf sich hat.
"Hier diese Wohnung, das war eine Bäckerei mit einem direkten Zugang zum Keller. Und von hier aus haben, glaube ich, zehn, 15 Leute das versucht, einen Tunnel nach Westberlin voranzutreiben und sind durch ein Unglück entdeckt worden, bevor es erfolgreich werden konnte."
Das wollen sich die Besucher natürlich ansehen. Also auf in den Keller.
"- "Das Erdreich haben die von hier ausgegraben, hoch in die Bäckerei. Und dann von dort wirklich in Einkaufstaschen rausgeschleppt. Jossi, wie viel Meter, 45 Meter?"
– "45 Meter lang und sieben Meter tief.""
Dann geht es rein in die S-Bahn und auf nach Neukölln.
"Das hätte ich nicht gedacht, dass es so interessant wird. Und Abwechslung, sehr viel Abwechslung. Nee, das ist hundertprozentig."
Nach den perfekt sanierten Altbauten in Prenzlauer Berg wirkt Neukölln besonders grau und leicht verwahrlost. Unsere dritte Adresse liegt in einer unbelebten Nebenstraße, unten im Haus gibt es einen bunt dekorierten Lampenladen.
"- "Ja, hallo, wir wollen gern zu Frau Kunde."
- "Und warum klingeln sie dann nicht bei Frau Kunde"
- "Haben wir, aber vielleicht ist die Klingel kaputt."
- "Danke!"
- "Hallo? Hallo?”
- "Sind sie von Opendoors? Ja, super, dann kommen sie vorne zur Ladentür."
- "Na so was! Wir haben gedrückt und gedrückt!""
Endlich klärt es sich auf. Was wir für einen Lampenladen gehalten haben, ist Caro Kundes Wohnzimmer, das sie sich mit viel Arbeit selbst umgebaut hat. Jetzt ist der ehemalige Laden Wohnung, Atelier und Bühne in einem.
"Wo kann man schon so leben? Also einfach artgerecht. So, wie Tiere artgerecht leben sollten, wollen ja Künstler auch artgerecht wohnen. Ich mache ja Deutschpop-Rock. Und das ist alles ziemlich tiefgründig und authentisch, auch politisch teilweise, teilweise rotzig, aber auch natürlich lieb. Also alle Gefühle, die man so fühlen kann."
Zum Abschluss unserer Tour spielt Caro einen ihrer Songs. Sie hat ihn geschrieben, nachdem sie einmal Gelegenheit hatte, jene Männer zu treffen, die sich einst mutig unter der Berliner Mauer durchgraben wollten, in die Freiheit. Manche Dinge können einfach kein Zufall sein.
Ulrike Dettmann, Gründerin von Opendoors Berlin, erklärt den Ablauf der heutigen Tour. Einer der Wohnzimmertouristen ist Piet Niemeyer aus Groningen. Der freundliche Holländer mit der bedächtigen Art und dem weißen Stoppelhaarschnitt ist pensionierter Geschichtslehrer.
"Ich habe schon viele Museen angeguckt und Gebäude. Und ich will mal sehen, wie die Berliner selber die Stadt erfahren – und nicht wie ich als Ausländer die Museen und die Parks angucke."
Die Idee, Touristen in Berliner Wohnungen zu vermitteln, hatte Ulrike Dettmann schon lange, doch es haperte an der Umsetzung. Bis letztes Jahr.
"Ich hatte auf einmal die Idee, dass es geht, wenn die Menschen an mich Geld bezahlen als Vermittlung und ich an die Haushalte Geld bezahle für die Aufnahme. Und die Grundidee ist natürlich, dass ich selber das immer total inspirierend fand, wenn ich in anderen Ländern war und die Möglichkeit hatte, zu gucken, was ist in den Häusern los."
33 Euro zahlen Touristen für drei Adressen, die Gastgeber bekommen pro Gast fünf Euro Aufwandsentschädigung. Zur Sicherheit schreibt sich Ulrike Dettmann die Passnummern der Gäste auf. Auch jede Wohnung hat sie sich vorher angesehen. Aber trotz aller Vorsichtsmaßnahmen - ihre Idee funktioniert nur, wenn beide Seiten das Vertrauen aufbringen, sich auf etwas Neues einzulassen.
Und los geht's. Die erste Adresse liegt in Mitte, direkt an der Grenze zum Wedding. Ganz in der Nähe verlief einst die Mauer.
"- "Hallo, herzlich willkommen"
– "Hallo, ich bin Piet, Piet Niemeyer."
- "Ich bin Rike. Hallo!""
Gastgeberin Rike führt uns in ihre gelb gestrichene Küche. Auf dem Tisch stehen selbstgebackene Brownies, der neunjährige Jossi macht den Kaffee. Dies ist eine Form von Tourismus, die Rike mag. Im Gegensatz zu dem, was sich jedes Wochenende in ihrem Viertel abspielt.
"Sonntag nachmittags geht keiner von uns aus dem Haus mehr vor die Tür. Zumindest am Sonntag, am Wochenende oder so, ist es einfach zu voll, zu teuer. Viele Leute ziehen weg. Das sind so die nicht so schönen Seiten."
Dann erzählt Rike, was es mit ihrer Wohnung auf sich hat.
"Hier diese Wohnung, das war eine Bäckerei mit einem direkten Zugang zum Keller. Und von hier aus haben, glaube ich, zehn, 15 Leute das versucht, einen Tunnel nach Westberlin voranzutreiben und sind durch ein Unglück entdeckt worden, bevor es erfolgreich werden konnte."
Das wollen sich die Besucher natürlich ansehen. Also auf in den Keller.
"- "Das Erdreich haben die von hier ausgegraben, hoch in die Bäckerei. Und dann von dort wirklich in Einkaufstaschen rausgeschleppt. Jossi, wie viel Meter, 45 Meter?"
– "45 Meter lang und sieben Meter tief.""
Dann geht es rein in die S-Bahn und auf nach Neukölln.
"Das hätte ich nicht gedacht, dass es so interessant wird. Und Abwechslung, sehr viel Abwechslung. Nee, das ist hundertprozentig."
Nach den perfekt sanierten Altbauten in Prenzlauer Berg wirkt Neukölln besonders grau und leicht verwahrlost. Unsere dritte Adresse liegt in einer unbelebten Nebenstraße, unten im Haus gibt es einen bunt dekorierten Lampenladen.
"- "Ja, hallo, wir wollen gern zu Frau Kunde."
- "Und warum klingeln sie dann nicht bei Frau Kunde"
- "Haben wir, aber vielleicht ist die Klingel kaputt."
- "Danke!"
- "Hallo? Hallo?”
- "Sind sie von Opendoors? Ja, super, dann kommen sie vorne zur Ladentür."
- "Na so was! Wir haben gedrückt und gedrückt!""
Endlich klärt es sich auf. Was wir für einen Lampenladen gehalten haben, ist Caro Kundes Wohnzimmer, das sie sich mit viel Arbeit selbst umgebaut hat. Jetzt ist der ehemalige Laden Wohnung, Atelier und Bühne in einem.
"Wo kann man schon so leben? Also einfach artgerecht. So, wie Tiere artgerecht leben sollten, wollen ja Künstler auch artgerecht wohnen. Ich mache ja Deutschpop-Rock. Und das ist alles ziemlich tiefgründig und authentisch, auch politisch teilweise, teilweise rotzig, aber auch natürlich lieb. Also alle Gefühle, die man so fühlen kann."
Zum Abschluss unserer Tour spielt Caro einen ihrer Songs. Sie hat ihn geschrieben, nachdem sie einmal Gelegenheit hatte, jene Männer zu treffen, die sich einst mutig unter der Berliner Mauer durchgraben wollten, in die Freiheit. Manche Dinge können einfach kein Zufall sein.