An diesem Punkt setzte die Herablassung ein: Die Nordiren wurden zu rätselhaften "pelzigen Tierchen", die sich zum Zeitvertreib gegenseitig umbrachten.
Erst als Jugoslawien sich blutig in seine ethnischen und konfessionellen Bestandteile auflöste, verlor Nordirland seine Einzigartigkeit; es wurde unübersehbar, dass Stammeszugehörigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen zu Gewalt führen - auch in Europa.
Doch dieses Europa, das sich so viel auf seine aufgeklärte, rationale Friedlichkeit einbildet, hat nie begriffen, mit welcher zähen Zielstrebigkeit und Flexibilität der Friedensprozess in Nordirland in den letzten 15 Jahren aufgebaut und verteidigt wurde. Vielleicht war es vorher allzu oft schief gegangen, als dass man noch Hoffnung haben konnte. Jedenfalls wurde jeder Rückschlag instinktiv als Beweis für das endgültige Scheitern gewertet, als Bestätigung für die Grundauffassung, dass die Nordiren eben unverbesserlich seien.
So auch diesmal. Die Attentate von Splittergruppen ohne jeden öffentlichen Rückhalt wurden - von Unbelehrbaren - gleich als Neubeginn eines Konflikts interpretiert, der ja eigentlich gar nie aufgehört hatte.
Tatsächlich haben diese Anschläge einen Wendepunkt gebracht - aber einen positiven: Das fragile politische System hat sich gefestigt, die Politiker sind zusammengerückt, ja, man darf sogar die These wagen, dass noch etwas viel Wichtigeres geschehen ist. Endlich ist dieses Friedensprojekt an die Basis durchgesickert, wo Katholiken und Protestanten immer noch durch hohe Mauern getrennt werden.
Der Schreck über den willkürlichen Gewaltausbruch hat die Prioritäten zurecht gerückt, Menschen versammelten sich zum schweigenden Protest, protestantische Untergrundverbände verkündeten, sie ließen sich bestimmt nicht provozieren. Und Sinn Féin, einst das Sprachrohr der Irisch-Republikanischen Armee, stellte sich vorbehaltlos hinter die nordirische Polizei - also gegen ihre abtrünnigen einstigen Waffenbrüder, die ätzend als "Verräter Irlands" bezeichnet wurden. Der lange Marsch zur Rechtsstaatlichkeit ist damit abgeschlossen.
Europa - sei es als Institution, sei es als Wertegemeinschaft - hat zu diesem Respekt erheischenden Friedensprozess nichts Entscheidendes beigetragen. Ja, die Versöhnung der Republik Irland mit England wurde durch die europäische Zusammenarbeit gefördert, aber der nordirische Friedensprozess ist ein irisches Geschöpf. Das macht ihn nicht weniger europäisch, aber die Inspiration ist letztlich das natürliche Zusammengehörigkeitsgefühl aller Inselbewohner. So wurden sie schon immer von außen wahrgenommen, so sehen sie sich zunehmend selbst. Deshalb sollte die Europäische Union auch jetzt, wo sie in Nordirland eine Vertrauenskrise wahrnimmt, die es gar nicht gibt, die Finger davon lassen. Denn der Friedensprozess war immer auch ein Emanzipationsprozess: Die Nordiren mussten sich mühselig und widerstrebend von den Rockschößen Londons und Dublins befreien und selbst die Verantwortung übernehmen. Das haben sie in den letzten zwei Jahren getan. In den letzten Tagen haben sie bewiesen, dass sie auf eigenen Beinen stehen, und sogar laufen können. Sie brauchen keine erneute Bevormundung.
Erst als Jugoslawien sich blutig in seine ethnischen und konfessionellen Bestandteile auflöste, verlor Nordirland seine Einzigartigkeit; es wurde unübersehbar, dass Stammeszugehörigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen zu Gewalt führen - auch in Europa.
Doch dieses Europa, das sich so viel auf seine aufgeklärte, rationale Friedlichkeit einbildet, hat nie begriffen, mit welcher zähen Zielstrebigkeit und Flexibilität der Friedensprozess in Nordirland in den letzten 15 Jahren aufgebaut und verteidigt wurde. Vielleicht war es vorher allzu oft schief gegangen, als dass man noch Hoffnung haben konnte. Jedenfalls wurde jeder Rückschlag instinktiv als Beweis für das endgültige Scheitern gewertet, als Bestätigung für die Grundauffassung, dass die Nordiren eben unverbesserlich seien.
So auch diesmal. Die Attentate von Splittergruppen ohne jeden öffentlichen Rückhalt wurden - von Unbelehrbaren - gleich als Neubeginn eines Konflikts interpretiert, der ja eigentlich gar nie aufgehört hatte.
Tatsächlich haben diese Anschläge einen Wendepunkt gebracht - aber einen positiven: Das fragile politische System hat sich gefestigt, die Politiker sind zusammengerückt, ja, man darf sogar die These wagen, dass noch etwas viel Wichtigeres geschehen ist. Endlich ist dieses Friedensprojekt an die Basis durchgesickert, wo Katholiken und Protestanten immer noch durch hohe Mauern getrennt werden.
Der Schreck über den willkürlichen Gewaltausbruch hat die Prioritäten zurecht gerückt, Menschen versammelten sich zum schweigenden Protest, protestantische Untergrundverbände verkündeten, sie ließen sich bestimmt nicht provozieren. Und Sinn Féin, einst das Sprachrohr der Irisch-Republikanischen Armee, stellte sich vorbehaltlos hinter die nordirische Polizei - also gegen ihre abtrünnigen einstigen Waffenbrüder, die ätzend als "Verräter Irlands" bezeichnet wurden. Der lange Marsch zur Rechtsstaatlichkeit ist damit abgeschlossen.
Europa - sei es als Institution, sei es als Wertegemeinschaft - hat zu diesem Respekt erheischenden Friedensprozess nichts Entscheidendes beigetragen. Ja, die Versöhnung der Republik Irland mit England wurde durch die europäische Zusammenarbeit gefördert, aber der nordirische Friedensprozess ist ein irisches Geschöpf. Das macht ihn nicht weniger europäisch, aber die Inspiration ist letztlich das natürliche Zusammengehörigkeitsgefühl aller Inselbewohner. So wurden sie schon immer von außen wahrgenommen, so sehen sie sich zunehmend selbst. Deshalb sollte die Europäische Union auch jetzt, wo sie in Nordirland eine Vertrauenskrise wahrnimmt, die es gar nicht gibt, die Finger davon lassen. Denn der Friedensprozess war immer auch ein Emanzipationsprozess: Die Nordiren mussten sich mühselig und widerstrebend von den Rockschößen Londons und Dublins befreien und selbst die Verantwortung übernehmen. Das haben sie in den letzten zwei Jahren getan. In den letzten Tagen haben sie bewiesen, dass sie auf eigenen Beinen stehen, und sogar laufen können. Sie brauchen keine erneute Bevormundung.