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Der gallische Hahn in Gefahr

Die Vogelgrippe breitet sich weiter aus. Nun wurde nun auch ein Seuchenfall im Nordosten Frankreichs gemeldet. Besonders besorgt ist man in der Region Bresse, wo die berühmten Bresse-Hühner gezüchtet werden. Die Behörden bemühen sich, die Verbraucher zu beruhigen. Christoph Heinemann berichtet.

    "Auf unserem Staatsgebiet ist kein Zuchtbetrieb betroffen", versichert Xavier Bertrand. "Und selbst in den asiatischen Staaten, in denen die Vogelgrippe bei Geflügelhaltern aufgetreten ist, kann man Geflügelfleisch verzehren, wenn man es mindestens bei 70 Grad brät. In Frankreich gibt es für die Verbraucher überhaupt keinen Grund, ihre Gewohnheiten zu ändern. Man kann selbstverständlich auch weiterhin Geflügelfleisch essen".

    Am Samstag gab das Landwirtschaftsministerium bekannt, dass bei einer toten Wildente, die in der Gemeinde Joyeux im Nordosten von Lyon gefunden wurde, der H5N1-Erreger nachgewiesen wurde. Noch vor der offiziellen Bestätigung wurde eine zehn Kilometer umfassende Sicherheitszone eingerichtet. Polizisten kontrollieren den Autoverkehr.
    Keine Geflügelprodukte dürfen das Gebiet verlassen. Ein Züchter wundert sich allerdings. "Von 8 bis 20 Uhr riegelt die Polizei alles ab. Zwischen 20 Uhr und 8 Uhr kann jeder rausbringen, was er will."

    Mit solchen Maßnahmen wollen die Behörden vor allem die Verbraucher beruhigen. Für Großbetriebe gilt Stallpflicht, kleine Züchter müssen die Hühner wenigstens durch ein Drahtgitter vor Kontakten mit Wildvögeln schützen. Mehrere hunderttausend Nutztiere sollen geimpft werden. Den wirtschaftlichen Schaden, den eine Ausbreitung der Vogelgrippe in der französischen Geflügelindustrie verursachen könnte, fassen die Zeitungen in Zahlen: 700 Millionen Tiere, 40 Prozent davon allein in der Bretagne, rund 65.000 Arbeitsplätze, ein Jahresumsatz von 6 Milliarden Euro. Der Verkauf sinkt: 15 Prozent weniger verglichen mit dem Vorjahr. Jean-Michel Le Metayer, der Vorsitzende des einflussreichen Bauernverbandes FNSEA, forderte bereits staatliche Hilfen für die Betriebe.

    Vor allem die Züchter von Freilandgeflügel könnten wegen der geltenden Auslaufbeschränkungen besonders hart von der Vogelgrippe betroffen sein. Dazu gehören auch etwa 300 Betriebe im nördlichen Rhone-Gebiet, die die berühmten Bresse-Hühner liefern. Die Regierung hat deshalb die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt: "Wir können Sie beruhigen", so die Auskunft unter der Verbrauchertelefonnummer: "Bisher gibt es hier keinen Fall einer Übertragung auf den Menschen."

    Das Gesundheitsministerium hat dennoch angeordnet, dass 14 Millionen Packungen des antiviralen Medikaments Tamiflu gelagert werden. Vorsichtsmaßnahmen ja, Pysychose nein, lautet die Kommentarüberschrift der Zeitung Le Figaro. Und auch Jean-Claude Manuguerra, der Leiter der Vogelgrippe-Forschung im Pasteur Institut, fasst die Lage so zusammen:

    "Bisher ist dieses Virus zwar ein Supervirus bei den Vögeln, aber nur ein mittelmäßiges beim Menschen. Nur in seltenen Fällen ist es bisher beim Menschen zu einer ernsthaften Infektion gekommen. Bislang konnte sich das Virus nicht anpassen."

    Didier Houssin möchte deshalb mit gutem Beispiel vorangehen: Der Beamte, der die Arbeit der Ministerien im Kampf gegen die Vogelgrippe koordiniert, versichert: "Ich mag sehr gern Geflügel und esse immer mehr davon."

    Nicht alle seine Landsleute folgen dieser Empfehlung. Während die Vogelgrippe für Schlagzeilen sorgt, gehört die BSE-Krise offenbar endgültig der Vergangenheit an. Um 50 Cent pro Kilo hat der Preis für Rindfleisch in diesen Tagen zugelegt.