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Der gekaufte Volksvertreter

Die rot-grüne Bundesregierung unterschrieb einst die UN-Konvention gegen Korruption - aber bis heute wurde das Abkommen nicht in Deutschland umgesetzt. Abgeordneten-Bestechung ist hierzulande noch immer nicht strafbar.

Von Jens Rosbach |
    Die Opposition. Jerzy Montag von den Grünen:

    "Die Bestechung von Abgeordneten, auch die Bestechlichkeit von Abgeordneten, trifft die Demokratie ins Herz. Und ich finde es notwendig, dass klar und deutlich zum Ausdruck gebracht wird: Das ist bei uns eine Straftat!"

    Die Fachwelt. Christian Humborg von Transparency International:

    "Abgeordnetenbestechung ist ein Thema in Deutschland, weil wir seit Jahren den Zustand haben, dass der Straftatbestand so lax geregelt ist, dass Deutschland die wichtigste internationale Konvention gegen Korruption, die UN-Konvention gegen Korruption, nicht ratifizieren kann. Der jetzige Zustand ist international hochnotpeinlich."

    Die Regierungsfraktion. Andrea Voßhoff von der CDU:

    "Das ist ein Problem, dass man uns sozusagen auch vorwirft. Völlig unstreitig. Aber da hab ich bisher noch keine zufrieden stellende Lösung gesehen."

    Norbert Rüther, ehemaliger SPD-Fraktionschef im Kölner Stadtrat:

    "Das ist ja kein Koffer voll Bargeld gewesen. Das war ein kleiner Umschlag, der in die Rocktasche passte. Der Mensch lässt ja von allen Sünden nicht ab. Und die Systeme passen sich jeweils nur den entsprechenden Rechtslagen an."

    Rückblick, 1999. Norbert Rüther, SPD-Fraktionschef im Kölner Stadtrat, trifft sich in der Schweiz heimlich mit dem Vertreter eines Müllunternehmens. Dieser steckt dem Abgeordneten 150.000 D-Mark zu – Bestechungsgeld.

    Norbert Rüther: "Ich habe es sozusagen als falsche Methode für den richtigen Zweck gedeutet. Und es war ja – in Anführungszeichen – meine, unsere SPD und für die politische Arbeit. Das ist dieses – in Anführungszeichen – Umdeuten ins Schöne!"

    Die Stadt Köln will zu jener Zeit ihre Abfallwirtschaft teilweise privatisieren - und die regierenden Sozialdemokraten sollen das Müll-Unternehmen dabei berücksichtigen. Rüther nimmt das Geld.

    Norbert Rüther: "Es standen Wahlkämpfe an wie die ersten Wahlen zum hauptamtlichen Oberbürgermeister einer deutschen Millionenstadt. Wir wussten nicht, wie die zu finanzieren waren. Deshalb habe ich solche Spenden angenommen. Und ich glaube, im Nachhinein, es war ein Schuss Größenwahnsinn und Abenteurertum dabei."

    2005 wird Norbert Rüther - im Zuge des Kölner Müll-Skandals - zu 27 Monaten Haft verurteilt. Doch 2008 muss der Richterspruch korrigiert werden: Rüther kommt mit 18 Monaten Bewährung davon. Der Grund: In Deutschland können zwar Amtsträger - also Beamte oder Minister - wegen Bestechlichkeit verurteilt werden. Aber korrupte Abgeordnete darf man nicht belangen. Spektakuläre Schmiergeld-Prozesse richten sich somit meistens nur gegen Amtspersonen. Für gewählte Volksvertreter hingegen gibt es derzeit nur ein einziges Bestechungsdelikt: den Stimmenkauf. Eberhard Kempf, Strafrechtler und Experte des Deutschen Anwaltvereins, erklärt: Bestraft werden könne nur ein korruptes Abstimmungsverhalten.

    "Die Stimmabgabe steht aber nicht unter Strafe, wenn ein Abgeordneter in seiner Fraktion, in Ausschüssen für ein bestimmtes Ziel eintritt – und sich aber dann, schlauerweise, der Stimmabgabe enthält. Weil er vorher sich schon genügend eingesetzt hat, muss er nicht auch noch dafür abstimmen – selbst wenn er dafür Geld bekommt, ist es nicht strafbar."

    Jerzy Montag: "Wir haben ja die paradoxe und völlig unbefriedigende Rechtslage, dass es in Deutschland verboten und strafbar ist, ausländische Abgeordnete zu bestechen. Aber inländische Abgeordnete zu bestechen, ist nicht strafbar. Dieses Paradoxon muss aufgelöst werden."

    Jerzy Montag ist rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag und Rechtsanwalt. Der Hintergrund seiner Kritik: Deutschland hat zwar seit 1997 ein Gesetz zur Bekämpfung internationaler Bestechung – es betrifft aber nicht deutsche Parlamentarier. Montag wundert sich über einen weiteren Widerspruch: 2003 hat die rot-grüne Bundesregierung die UN-Konvention gegen Korruption unterschrieben – eine Konvention, die auch die Bestrafung korrupter Abgeordneter fordert. Doch bis heute wurde das Abkommen nicht in Deutschland umgesetzt.

    Jerzy Montag: "Und es ist keine gute Nachbarschaft, dass wir bei diesen Verträgen zusammen mit so demokratischen Rechtsstaaten wie dem Sudan, dem Jemen und Myanmar noch nicht verwirklicht haben, was über hundert Staaten schon getan haben."

    Warum blockieren die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP die Umsetzung der Antikorruptions-Richtlinien? Diese Frage debattierte der Deutsche Bundestag zuletzt im vergangenen März - in einer äußerst emotionalen Sitzung. Andrea Voßhoff, die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, gab der Opposition die Schuld.

    "Dass diese Abkommen seinerzeit von der von SPD und Grünen getragenen Bundesregierung für Deutschland unterzeichnet, aber bislang nicht ratifiziert wurden, ist ein unbefriedigender Zustand. Wohl wahr! Worin besteht aber der unbefriedigende Zustand? Ist es die bisher fehlende Ratifizierung, oder ist es nicht vielmehr, dass die Unterzeichnung schon ein Webfehler war?"

    Berlin-Mitte, im Jakob-Kaiser-Haus. Ein großes, lichtdurchflutetes Büro mit einer Deutschlandfahne. Daneben, an einem Schreibtisch: eine schwarz gekleidete, grauhaarige 54-Jährige. Andrea Voßhoff. Im Interview begründet die Abgeordnete, warum sie den UN-Vertrag nicht erfüllen will.

    "Abgeordnete haben eine besondere Stellung auch nach dem Grundgesetz, sie sind nur ihrem Gewissen unterworfen. Und da die Tätigkeit von Abgeordneten sehr groß und sehr weit ist, würden wir bei einer entsprechenden strafrechtlichen Verschärfung, je nach Formulierung, der Justiz es überlassen zu bewerten, was ist legales politisches Handeln und was ist im Sinne des Strafrechts oder der Korruption strafbar."

    Doch wer, wenn nicht die Justiz, soll im Zweifelsfall entscheiden, ob Parlamentarier ein Essen, eine Übernachtung oder einen Hubschrauberflug annehmen dürfen? Die CDU-Abgeordnete sagt, ein neues Antikorruptionsgesetz könne zu ungerechtfertigten, politisch motivierten Anzeigen gegen Volksvertreter führen. Voßhoff verlangt eine klare Gesetzes-Formulierung. Eine Formulierung, die einerseits sauberes von unsauberem Abgeordnetenverhalten trennt – und andererseits die Freiheit des Mandatsträgers wahrt. Allerdings kann sich die studierte Juristin einen solchen Wortlaut gar nicht vorstellen.

    "Die Frage, ob es sozusagen unmöglich ist, eine Formulierung zu finden, will ich gar nicht mit ja beantworten. Aber ich habe auch noch keine gesehen und gefunden, die diese Risikolage in einer Weise eingrenzt, dass sie vertretbar ist."

    Eberhard Kempf: "Ich glaube, dass ist eine Scheinbegründung. Man will nicht gerne an eine Regulierung des eigenen Bereichs von Abgeordneten dran gehen. Obwohl man weiß: Überall wird gesündigt und eben auch bei der ein oder anderen Fraktion in Bundestag oder in den Landtagen."

    Nicht nur Experten, wie der Frankfurter Fachanwalt Eberhard Kempf, kritisieren den Kurs der Regierungsfraktionen. Druck geht auch von der Opposition im Bundestag aus.

    "Die Tatsache, dass Sie sich verschließen, eine Regelung zu finden, die setzt uns schon dem unberechtigten, unnötigen und absolut vermeidbaren Verdacht aus, wir hätten irgendetwas zu verbergen","

    analysiert etwa Eva Högl, Rechtspolitikerin der SPD.

    ""Dieses Signal, dieses deutliche Signal 'Nein, wir sind nicht bestechlich!' muss von uns, hier vom Deutschen Bundestag ausgehen. Das ist unsere Aufgabe, das Vertrauen herzustellen."

    Vor zwei Monaten schlug sogar die Spitze der deutschen Wirtschaft Alarm: In einem Brief an die Bundestagsfraktionen mahnten 35 Konzerne die Umsetzung der UN-Konvention an. Darunter Groß-Unternehmen wie Siemens, Daimler und MAN, die selbst Schmiergeldaffären hinter sich haben. Nun warnen die Top-Manager vor einem Gesichtsverlust der Bundesrepublik. Befürchten die Konzerne Umsatzeinbußen in aller Welt? Brief-Initiator Manfred Gentz, der Präsident der Internationalen Handelskammer Deutschland, verneint.

    "Es geht mehr um Glaubwürdigkeit und Image bei der ganzen Geschichte als um reale, messbare Schäden."

    Die Union, eigentlich als wirtschaftsfreundlich bekannt, reagiert auf den Vorstoß der Konzerne verärgert. CDU-Abgeordnete Andrea Voßhoff schimpft, sie hätte sich mehr Kommunikation mit den Managern gewünscht.

    "Das hätte ich im Sinne des teilweise aus dem Brief auch so ein bisschen populistisch sich abzeichnende - Stimmungsmache will ich nicht sagen – aber jedenfalls Darlegungen. Ich hätte mir gewünscht, die Vertreter hätten mal Vertreter der Fraktionen zu sich eingeladen, mit ihnen mal den Dialog zu führen, was und warum die Konvention bis heute nicht umgesetzt ist."

    Berlin-City, nahe dem Touristenmekka Hackescher Markt. Ein Altbau mit einer defekten Gegensprechanlage und einer graffitibeschmierten Eingangstür. Im Vorderhaus: ein Büro mit einer großen bunten Grafik an der Wand. Sie zeigt die Struktur der Geldströme, die beim milliardenschweren Korruptionsskandal des Ölkonzerns Elf geflossen sind. Willkommen bei Transparency International Deutschland. Vereins-Geschäftsführer Christian Humborg beobachtet, wie sich Deutschland in Sachen Abgeordnetenbestechung international isoliert. Die Nichtratifizierung der UN-Konvention führe ins diplomatische Abseits.

    "Bei einer der letzten Konferenzen zur UN-Konvention gegen Korruption, da saß Deutschland bei vielen wichtigen Gesprächsrunden vor der Tür, die durften überhaupt nicht mehr mitverhandeln und mussten sich dann per SMS aus dem Sitzungssaal berichten lassen, was da gerade verhandelt wird. Also bei so was muss Deutschland im Raum sitzen, wenn es international um Korruptionsbekämpfung geht."

    Diplomatischer Druck kommt auch aus Europa. Deutschland hat nämlich 1999 – noch vor Abfassung der UN-Konvention - das Antikorruptions-Abkommen des Europarates unterzeichnet. Dieses verlangt ebenfalls umfassende Strafgesetze gegen Abgeordnete. Da die Bundesrepublik aber untätig blieb, wurde sie bereits mehrfach gerügt vom Europarat – genauer: von der zuständigen Straßburger Arbeitsgruppe GRECO. Das Bundesjustizministerium hat sich zuletzt im vergangenen Juni gegenüber GRECO rechtfertigen müssen. Das Schreiben ist bislang geheim. Ein Regierungs-Insider berichtet aber Erstaunliches: Das Papier besage, dass die Bundesregierung grundsätzlich eine Ratifizierung der europäischen Konvention anstrebe. Und zwar durch, Zitat: "Änderungen der Vorschriften des deutschen Strafgesetzbuches zur Korruptionsbekämpfung". Mit anderen Worten: Die Regierung ist für ein neues Anti-Bestechungsgesetz – obwohl sich Vertreter der Bundestags-Mehrheit aus CDU, CSU und FDP dagegen ausgesprochen haben. Bei Transparency International wundert man sich über diesen Spagat.

    "Also in einem Land wie Deutschland, dass eigentlich so regiert wird, dass Regierung und Mehrheit im Parlament eine Einheit bilden, muss man sich schon sehr wundern, wenn tatsächlich die Regierung hier den Abgeordneten Empfehlungen gibt. Das ist ein seltsamer Vorgang, den es auch nicht so häufig gibt."

    Internationaler Druck, Druck von Juristen, Druck von der Opposition, Druck von der Wirtschaft, vielleicht auch Druck von der schwarz-gelben Regierung. Mittlerweile gibt es selbst innerhalb der Unionsfraktion Kritiker. So fordern Bundestagspräsident Norbert Lammert und Außenpolitiker Ruprecht Polenz, beide CDU, eine Strafrechtsänderung. Auch CSU-Wirtschaftsexperte Ernst Hinsken ist in dieser Frage aus der eigenen Reihe ausgeschert. Doch die zuständige Arbeitsgruppe der Unionsfraktion, die AG Recht, zeigt sich standhaft gegenüber der Protestfront. AG-Vorsitzende ist Andrea Voßhoff, die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion.

    "Es ist sicherlich verwirrend bzw. ist man in der Argumentation sehr schnell in der Defensive. Aber da hab ich bisher noch keine zufrieden stellende Lösung gesehen."

    Die Verwirrung scheint zuzunehmen. So erklärt ein Pressesprecher der Unionsfraktion auf telefonische Anfrage, das Nein zu einem neuen Antikorruptions-Gesetz sei nicht zementiert, in der Bundestags-Fraktion seien neue Überlegungen im Gange. Der Sprecher empfiehlt ein Gespräch mit dem Vizechef der Unionsfraktion, Günter Krings. Doch tatsächlich möchte Krings kein Interview zu diesem Thema geben. Also: Richtungswechsel ja oder nein? CDU-Politikerin Voßhoff will sich nicht festlegen.

    "Natürlich ist es vorstellbar, aber das heißt nicht zwingend, dass es dazu kommen muss."

    Norbert Lammert (Bundestagsdebatte): "Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 26 auf. Hier geht es um die erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Strafrechtsänderungsgesetzes 'Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung'."

    Im Bundestag haben alle Oppositionsfraktionen einen eigenen Gesetzentwurf eingereicht, um die internationalen Verträge in nationales Recht umzusetzen. Im März diskutierte das Parlament die Vorschläge. Schnell wurde klar: Die Materie ist tückisch, die Gesetzes-Initiatoren sind vorsichtig. Welche Zuwendungen dürfen sie denn nun künftig annehmen und welche nicht, fragen sich die Abgeordneten. Am Weitesten geht der Entwurf der Linkspartei. Er gestattet zwar weiterhin symbolische Geschenke, Abendessen und vergleichbare Vorteile – will aber alles Weitere verbieten. Die Grünen hingegen möchten lediglich rechtswidrige Vorteile unter Strafe stellen. Ihr zuständiger Sprecher, Jerzy Montag, definiert "rechtswidrig" wie folgt: Wenn Vorteil und Gegenleistung zusammen "verwerflich" wirken.

    "Es ist parlamentarisch absolut üblich, zu sagen: Du möchtest gerne Ausschussvorsitzender werden und ich möchte und ich möchte gerne den Arbeitskreis XY leiten. Wenn Du mir hilfst, den einen Posten zu bekommen, werde ich Dir helfen, den anderen Posten zu bekommen. Das ist nicht verwerflich. Und ist natürlich auch, indirekt, mit finanziellen Vorteilen verbunden. Ich will, dass der Bundestag in völliger Freiheit arbeiten kann."

    Auch der Gesetzentwurf der SPD ist weit gefasst. Die Sozialdemokraten wollen Vorteile erlauben, die den parlamentarischen Gepflogenheiten entsprechen. Eine Formulierung, die im Bundestag und auch bei Juristen Kritik auslöst. Denn in jedem Kommunal-, Landes- und Bundesparlament herrschen andere Gepflogenheiten. Letztlich wollen die Sozialdemokraten jede Zuwendung gestatten, die zu keiner Verhaltens-Änderung eines Abgeordneten führt. Der Frankfurter Strafrechts-Experte Eberhard Kempf verweist auf die Konsequenzen: Nimmt ein Volksvertreter Geld für sein gewöhnliches, ohnehin geplantes Handeln – bleibt er straffrei.

    "Wenn aber ein Abgeordneter Geld dafür bekommt, dass er seine Meinung ändert und dann für etwas eintritt, was gar nicht seiner eigenen, persönlichen Überzeugung entspricht, dann macht er sich nach der Vorstellung des SPD-Entwurfs strafbar."

    Doch wie sollen Staatsanwälte erkennen, was der Volksvertreter vor einem Geldempfang gedacht und geplant hat? Und wie sollen sie erkennen, ob der Abgeordnete später eine Kehrtwende gemacht hat? Hier sieht der Experte des Deutschen Anwaltvereins durchaus Ermittlungsprobleme. Kempf betrachtet die Verhaltensänderung dennoch als geeignetes Kriterium für ein Strafgesetz.

    "Ich weiß nicht, wie man anders das Problem lösen können soll, dass man festhält an der Grundforderung, dass ein Abgeordneter sein Mandat frei und nur seinem Gewissen verantwortlich ausüben soll – und gleichzeitig verhindern will, dass er für sein Verhalten Geld bekommen soll."

    Das Resümee des Juristen: Eine Bestechung von Volksvertretern kann nur durch Auffälligkeiten bei Partei- und Abgeordneten-Spenden entdeckt werden. Oder durch Auffälligkeiten bei Nebeneinkünften. Die Frage der Transparenz ist kürzlich wieder in den Fokus gerückt - seit der Ernennung Peer Steinbrücks zum designierten SPD-Spitzenkandidaten. Fachanwalt Kempf erläutert:

    "Also der Abgeordnete, wie wir aus aktuellen Diskussionen wissen, kann natürlich eine Rede halten vor dem Bundesverband der deutschen Industrie oder dem Deutschen Gewerkschaftsbund gegen Honorar halten. Wenn aber das Geld bezahlt wird nicht für eine entsprechende Gegenleistung, dann spricht viel dafür, dass für diesen Betrag der Abgeordnete gekauft worden ist."

    Die fehlende Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption, die Kritik vom Europarat sowie die Gesetzesvorschläge der Opposition – Grund für eine Expertenanhörung, morgen, im Rechtsausschuss des Bundestages. Strafrechtler Kempf und weitere Spezialisten sollen die Parlamentarier beraten; auch Transparency International ist vertreten. Christian Humborg, der Berliner Geschäftsführer des Vereins, hat in diesem Zusammenhang eine Online-Unterschriftensammlung gestartet. Innerhalb weniger Tage schlossen sich rund 60.000 Menschen zwei Antikorruptions-Forderungen an: Die Bestechung von Abgeordneten wirksam zu bestrafen und deren Nebeneinkünfte offen zu legen. Und zwar vollständig.

    "Ich glaube, die Expertenanhörung im Bundestag kann auch noch mal dazu beitragen, die Argumente, die es gibt, noch einmal zu diskutieren und noch stärker in die Öffentlichkeit zu tragen. Es gab bisher einige Bundestagsdebatten, aber ansonsten hat es ja auch viele Diskussionen hinter verschlossenen Türen gegeben. Und ich finde es schade, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht die Möglichkeit haben, nachzuvollziehen, warum eigentlich ihre Abgeordneten so schwer damit tun, sich selbst zu regeln."