Der Schock saß tief, als im Oktober 1973 Saudi-Arabien und sechs weitere Opec-Staaten der Welt den Ölhahn zudrehten. Aus Protest gegen die Unterstützung der USA und der Niederlande für Israel im Jom-Kippur-Krieg schränkten sie die Förderung ein und verdoppelten den Preis für ein Fass Öl auf gut fünf Dollar. Wenige Monate später mussten für ein Fass bereits zwölf Dollar bezahlt werden. Die Folgen waren dramatisch: In der Bundesrepublik verdoppelte sich die Arbeitslosigkeit und die Weltwirtschaft stürzte in eine tiefe Rezession.
Der Ölpreis dieser Tage erinnert fatal an die Situation Mitte der 70er Jahre. Mehr als verdreifacht hat sich der Preis pro Fass seit 2002. Und berücksichtigt man die Inflation, dann ist Öl zwar noch nicht so teuer wie nach der iranischen Revolution 1979, die Preise haben aber längst die Marke nach dem ersten Ölpreisschock überschritten. Auch wenn die Auswirkungen nicht so drastisch sind, wer Auto fährt oder mit Öl heizt, ächzt heute wie damals unter den hohen Preisen. Und der Wirtschaft wird die neue Energierechnung wohl einige Prozent an Wachstum kosten.
Hier enden allerdings die Parallelen zwischen der Ölkrise 1973 und der Lage heute. Denn anders als vor 30 Jahren hat niemand aus politischen Gründen den Ölhahn zugedreht, noch ist die weltweite Ölproduktion merklich gesunken - trotz der Wirbelstürme im Golf von Mexiko in den vergangen Monaten. Es ist vor allem die rasant gestiegene Nachfrage, die die Preise treibt. Sie kommt vor allem aus Asien. Alleine von 2003 zu 2004 stieg der weltweite Ölverbrauch um 3,6 Prozent - zu schnell um ausreichend Förderanlagen, Tanker und Raffinerien für den neuen Bedarf zu bauen. Und Entspannung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Glaubt man dem jüngsten Bericht der Internationalen Energieagentur in Paris, dann wird die Nachfrage nach Öl und auch nach Erdgas weiter rasant steigen. Faith Birol, Chefökonom bei der IEA.
" Im Weltenergiebericht 2005 schauen wir uns an, wie sich das globale Energiesystem in den kommenden 25 Jahren entwickeln wird. Was wir sehen ist, dass der Öl- und Gasverbrauch bis 2030 stark steigen wird. Der Ölverbrauch wird vor allem durch eine höhere Nachfrage im Transportsektor zunehmen und der Gasverbrauch vor allem bei der Produktion von Elektrizität."
Bis 2030 - so die Prognosen der Energieagentur - wird der weltweite Ölverbrauch um die Hälfte steigen, der Gasverbrauch gar um 75 Prozent. Selbst wenn die Verbraucherländer sich ernsthaft ans Energiesparen machen oder Alternativen wie Wind, Sonne oder Biomasse konsequent fördern. Öl und Erdgas werden mit einem Anteil von über zwei Drittel über die nächsten 25 Jahre den Weltenergiemarkt dominieren.
" Gleichzeitig wird die Binnenproduktion zurückgehen. Wir sehen, dass schon jetzt die Ölproduktion in der Nordsee zurückgeht und auch die Gasproduktion wird sich in den kommenden zehn Jahren reduzieren, so dass die Differenz zwischen heimischer Nachfrage und Produktion mehr und mehr von anderen Ländern getragen werden muss."
Die EU wird im Jahr 2030 statt heute 20 gerade noch 5 Prozent ihres Erdölverbrauchs selbst fördern. Es gibt viele Regionen, in denen heute nach Erdgas und Erdöl gesucht wird. Sei es vor der Küste Brasiliens, wo mittlerweile in einer Tiefe von 2000 Metern nach Öl gebohrt wird, oder die Ölsande in Kanada, die wie Braunkohle im Tagebau gewonnen werden. Die hohen Preise haben rund um die Welt gigantische Investition ausgelöst, nachdem mit Öl und Gas in den 80er und 90er Jahren kaum Geld zu verdienen war. Doch all diese neuen Förderstätten werden allenfalls versiegende Quellen wie die der Nordsee ersetzen. Die wachsende Nachfrage können sie nicht stillen. Enno Harks von der "Stiftung Wissenschaft und Politik" in Berlin:
" Es ist heute schon so, dass außerhalb der Sowjetunion, dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und des mittleren Ostens Förderung nicht mehr erhöht werden kann."
Russland, Zentralasien, der Kaukasus, der Nahe Osten und bis zu einem gewissen Grad Nordafrika - das sind die Regionen, die noch über genug Reserven verfügen, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Dort lagern über zwei Drittel der wirtschaftlich ausbeutbaren Ölreserven und drei Viertel der weltweiten Gasreserven. Diese Konzentration hat weit reichende Konsequenzen für den Energiemarkt. Denn anders als in den 70er Jahren, als Europa mit der Ölförderung in der Nordsee die Abhängigkeit vom persischen Golf verringern konnte, wird das heute nicht mehr gelingen. Harks:
" Die eigentliche Bruchstelle für Saudi-Arabien ist heutzutage nicht mehr das Problem der 80er. Als der Ölpreis extrem hoch war, haben wir westlichen Nationen es geschafft, Öl aus anderen Weltgegenden herbeizubringen. Heute ist es sehr unwahrscheinlich, dass das noch mal gelingen wird. Das heißt, die Opec befindet sich in dem für sie phantastischen Zustand, dass der hohe Ölpreis ihr keine westliche Konkurrenz bringen wird. Mit der Folge, sie muss nicht unbedingt, wenn sie nicht will, in dem selben Maße ihre Produktion ausweiten, wie wir das gerne hätten."
Die Macht über den Ölpreis fällt also an die Opec und damit an die Staaten am Golf zurück. Diese Länder sind es auch, die gemeinsam mit Russland die immensen Investitionen schultern müssten um die Ölförderung an die steigende Nachfrage anzupassen. Eine gewaltige Summe von 1,5 Billionen US Dollar wäre dazu nach den Schätzungen der IEA alleine in den Golfstaaten nötig. Und es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum das Geld nicht fließen könnte. Noch einmal Faith Birol von der IEA:
" Einige dieser Länder wollen ihre Produktion nicht erhöhen und hätten lieber höhere Preise im Ölmarkt. Einige würden Öl für andere Dinge nutzen. Andere Länder wiederum würden gerne ihre Produktion erhöhen, haben aber keinen Zugang zu Kapital. Und es gibt eine Tendenz in diesen Staaten, dass sie sagen, das Öl ist ihre Nationale Reserve und sie müssen es für die nachfolgenden Generationen bewahren. Das ist natürlich legitim, denn es sind ja alles souveräne Staaten, die tun können was sie wollen."
Die IEA argumentiert zwar, dass sich die Ölstaaten selbst schaden würden, wenn sie nicht ausreichend in Förderanlagen investieren. Denn weniger Förderung bedeutet insgesamt auch weniger Einnahmen, selbst wenn der Preis durch knappes Öl steigt. Doch Geld muss nicht das einzige Motiv sein, das die Ölstaaten davon abhalten könnte, die Welt ausreichend mit Öl zu versorgen. Rudolf Adam von der "Bundesakademie für Sicherheitspolitik".
" Erpresserisch wäre vielleicht eine Übertreibung. Aber ich sehe eine politisch mit bedingte Wahlmöglichkeit der präferierten Lieferbeziehungen. Diese Länder können zunehmend wählen, ob sie nach Europa, ob sie nach Amerika, ob sie nach Indien oder nach China liefern, und sie können ihre Lieferungen mit andern Bedingungen verknüpfen und sich auf diese Weise politische und nicht politische Vorteile verschaffen."
Trotz der zunehmenden Abhängigkeit hat Europa, was die Ölimporte angeht, zumindest gegenüber Amerika und Asien einen Vorteil. Der Ölverbrauch wird voraussichtlich nicht weiter steigen. Bei Erdgas dagegen, dem zweitwichtigsten Energieträger, ist die Entwicklung weit dramatischer. Europas Gasimporte werden sich bis 2030 nahezu verdoppeln, weil die eigene Produktion zurückgeht, vor allem aber weil der Verbrauch dramatisch steigt. Joachim Ziesing vom "Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung" zum Siegeszug des Energieträgers Erdgas:
" Wir haben schon eine relativ große Gassättigung bei den privaten Haushalten und der Industrie. Wo das Gas in Deutschland heute noch eine geringe Rolle spielt, ist im Stromsektor. Das sind es nur 10 Prozent der gesamten Stromerzeugung. Und am gesamten Energieverbrauch haben wir einen Anteil von ungefähr 23 Prozent. Das heißt beim Stromsektor ist noch viel Potential, wenn man will. Und wir haben tatsächlich in den nächsten Jahren die Entscheidungsnotwendigkeiten angesichts der ganz großen Ersatzinvestitionsnotwendigkeiten im Kraftwerkssektor, dass bei diesen Ersatzinvestitionen, ich glaube, das Gas eine ganz große Rolle spielen wird."
In der gesamten EU muss in den kommenden Jahren ein Großteil der Kraftwerksleistung ersetzt werden. Alte Kohlekraftwerke gehen vom Netz und Kernkraftwerke werden vorzeitig abgeschaltet. Noch ist zwar nicht ausgemacht, wie viele der neuen Kraftwerke tatsächlich mit Erdgas betrieben werden. Doch Gas wird schon deshalb zum Zuge kommen, weil es gegenüber der in Deutschland vorherrschenden Kohle einen entscheidenden Vorteil hat. Joachim Ziesing sagt weshalb:
" Das Gas hat von allen fossilen Energieträgern den außerordentlich schönen Vorteil, dass es ein relativ kohlenstoffarmer Energieträger ist. Das heißt, es ist im Gegensatz zu den anderen Energieträgern mit sehr geringen Emissionen verbunden. Insofern ist es unter klimaschutzpolitischen Gesichtspunkten natürlich höchst wünschenswert."
Noch wünschenswerter wäre es freilich, wenn Wind, Sonne und andere erneuerbare Energiequellen die alten Kohle- und Atomkraftwerke ersetzen könnten. Doch dafür geht die Entwicklung nicht schnell genug. Zwar ist in Deutschland in den letzten Jahren der Anteil der Erneuerbaren auf gut ein Prozent des Energieverbrauchs gewachsen. Doch das wird nicht reichen um bis zum noch gültigen Atomausstieg im Jahr 2020 den Strom aus der Kernkraft zu ersetzen. Die Folge: Klimaschutz und Atomausstieg zusammen werden die Importabhängigkeit für Energie drastisch erhöhen.
Wenn Öl und Gas die Energieversorgung der kommenden Jahre dominieren und die Rohstoffe gleichzeitig aus immer weniger Quellen kommen - wie sollen die Verbraucherländer darauf reagieren? Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat das Thema Ressourcenversorgung längst Eingang in sicherheitspolitischen Analysen gefunden. Die Sicherheitsstrategie der EU von 2003 etwa nennt die wachsende Importabhängigkeit bei Energie als eine wesentliche Bedrohung. Und in den ebenfalls 2003 erlassenen verteidigungspolitischen Richtlinien des rot-grünen Verteidigungsministers Peter Struck heißt es unter dem Stichwort "Deutsche Sicherheit: Chancen und Risiken":
Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund ihres hohen Außenhandelsvolumens und der damit verbundenen besonderen Abhängigkeit von empfindlichen Transportwegen und -mitteln zusätzlich verwundbar.
Dazu der Präsident der "Bundesakademie für Sicherheitspolitik", Rudolf Adam:
" Ich habe die Passage damals auch mit großem Interesse notiert, und es hat mich eigentlich gewundert, dass nicht stärker nachgefragt wurde, was damit eigentlich gemeint ist. Ich lege es für mich persönlich so aus, dass er damit schon Szenarien im Auge hat, dass es zu Handelsbarriere kommt und dass das erfordert, dass militärische Kräfte eingesetzt werden, um bestimmte Handelsrouten freizuhalten, um die Sicherheit bestimmter Transportwege zum Beispiel von Pipelines zu sichern, wenn diese zum Beispiel Objekt von terroristischen Anschlägen werden."
Blut für Öl - so direkt werden sich deutsche Soldaten auf absehbare Zeit wohl nicht für die Rohstoffversorgung einsetzen müssen. Indirekt sichert die Bundeswehr allerdings schon längst die Versorgungswege für Öl und Gas. Mit dem Nato-Einsatz "Enduring Freedom" am Horn von Afrika und dem persischen Golf, der vor wenigen Wochen vom Bundestag verlängert wurde, beteiligt sich die Bundeswehr zumindest indirekt an der Sicherung der Rohstoffversorgung - auch wenn es bei diesem Einsatz in erster Linie um die Bekämpfung von Waffenschmuggel geht.
Transportwege für Energie mag man mit Hilfe von Soldaten sichern. Wenn aber Staaten zerfallen oder durch innere Unruhen zerrüttet sind, dann hilft eine Armee nicht unbedingt weiter. Der Irak ist dafür ein augenfälliges Beispiel. Und am Golf gibt es eine Reihe von Staaten, die einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Fast alle Länder leiden unter immensen sozialen Spannungen. Die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt und selbst in Ländern wie Saudi-Arabien gelingt es bei weitem nicht, für alle Arbeit zu schaffen. Auch die politischen Beziehungen sind keineswegs stabil. Rudolf Adam von der "Bundesakademie für Sicherheitspolitik":
" Das ist sicherlich kein einfacher Prozess, aber ich glaube, dass er im Wesentlichen darin besteht, vor allen Dingen die Beziehungen zur nachwachsenden Generation stärker auszubauen. Wir dürfen uns in diesen Ländern nicht auf die alten herrschenden Eliten stützen, sondern wir müssen versuchen, dass wir auch den Kontakt zu den neuen nachwachsenden Gruppierungen finden."
Wie ein solcher Kontakt allerdings zu organisieren ist, ist noch völlig offen. Auch deshalb versuchen Deutschland und die EU die Energieversorgung in Anlehnung an einen anderen Partner zu sichern. Mögen die Staaten am Golf den weltweiten Ölmarkt dominieren. Für Deutschland ist Russland schon längst der wichtigste Lieferant. Ein Drittel seines Öl- und Gasverbrauchs bezieht Deutschland bereits von den Russen, Tendenz steigend. Die jetzt begonnene Erdgaspipeline unter der Ostsee ist Teil dieser strategischen Kooperation. Rainer Seele, Vorstand der BASF-Tochter "Wintershall", die gemeinsam mit Ruhrgas und der russischen Gasprom die Pipeline baut, sieht darin auf jeden Fall einen Beitrag zur Versorgungssicherheit:
" Ich glaube über viele, viele Jahre, über Jahrzehnte, hat sich die Zusammenarbeit zwischen Europa und Russland bewährt. Sie ist geprägt von einer sicheren Erdgasversorgung, und wir haben keinen Anlass, wenn wir zurückblicken, in irgend einer Form daran zu zweifeln, dass auch in der Zukunft dieses Verhältnis eine gute Basis ist für eine sichere Gasversorgung."
Friedemann Müller
" Russland war immer ein verlässlicher Partner, das ist unbestritten. Aber ein Konsument ist auch dann, wenn er mit seinem Supermarkt zufrieden ist, immer interessiert, dass es auch noch Alternativen gibt, damit nämliche dieser Anbieter nicht in ein monopolistisches Gebaren gerät, in dem er seine Marktmacht gegenüber dem Konsumenten ausnutzt."
Dass Russland seine Position als Energiesupermarkt der EU ausnutzt, wie Friedemann Müller von der "Stiftung Wissenschaft und Politik" fürchtet, ist nicht ausgeschlossen. Die Entwicklungen im russischen Energiesektor sind zumindest zweischneidig. Auf der einen Seite ist mit der "Wintershall" zum ersten Mal ein ausländisches Unternehmen an der Erschließung von Gasfeldern in Russland beteiligt. Auf der anderen Seite hat der Kreml mit der Zerschlagung des größten privaten Ölkonzerns "Yokos" gezeigt, dass er ein starkes Interesse daran hat, die entscheidende Industrie des Landes unter Kontrolle zu halten.
Und Russland versucht, potentielle neue Anbieter vom europäischen Markt fernzuhalten. Mit den zentralasiatischen Staaten Turkmenistan, Kasachstan und Usbekistan, die über beträchtliche Gasreserven verfügen, hat der russische Gaskonzern, Gasprom, vor zwei Jahren langfristige Lieferverträge abgeschlossen - zu sehr vorteilhaften Bedingungen: Gasprom kauft das zentralasiatische Gas billig an der Grenze und transportiert es auf eigene Rechnung nach Europa.
Doch wenn Deutschland die Abhängigkeit von den Golfstaaten nicht gegen die von Russland eintauschen will, was sind die Alternativen? Die großen Ölkonzerne bieten zumindest bei Erdgas eine Lösung an. Liquified Natural Gas kurz LNG oder Flüssiggas heißt die Technik, mit der Gas auf minus 160 Grad abgekühlt wird und komprimiert auch per Schiff aus entfernten Produzentenländern zu den Verbrauchermärkten geliefert werden kann.
Auch die schwarz-rote Koalition in Berlin möchte den Bau eines Flüssiggasterminals in Bremerhafen fördern. Würde Flüssiggas tatsächlich große Marktanteile gewinnen, dann könnte das die Verhältnisse auf dem europäischen Gasmarkt gründlich durcheinander bringen. Statt langfristiger Lieferverträge und Preise wie sie heute am Gasmarkt gang und gäbe sind, könnte ein Spotmarkt, wie bei Erdöl, künftig den Gaspreis bestimmen. Ein anderer Weg, dem Gas aus den Russischen Röhren mit anderem Röhrengas Konkurrenz zu machen. Dieser Überzeugung ist zumindest Friedemann Müller, der an der Karte beschreibt, welche Route eine solche Pipeline nehmen sollte:
" So, wenn wir eine Pipeline hätten hier vom südkaspischen Raum und turkmenisches, iranisches, aserbaidschanisches Gas bündeln könnten und durch die ganze Türkei von Ost nach West in die Region Istanbul, die selbst ein großer Nachfragemarkt ist, weiter nach Bulgarien und von dort zum zentraleuropäischen Netz. Wenn wir diese Pipeline bauen könnten, hätten wir verschiedene Ziele gleichzeitig erfüllt. Unter anderem, dass der südosteuropäische Raum an das sehr verästelte zentraleuropäische oder gesamteuropäische Netz angebunden wird. Wir hätten auch den Vorteil, dass die Türkei, die ein wachsender Konsument ist und derzeit fast zu 100 Prozent aus Russland versorgt wird, in Zukunft seine Versorgung diversifizieren kann und aus diesem südkaspischen Raum ebenfalls Erdgas bekommen kann."
Mit einer solchen Pipeline ließen sich die großen Gasvorräte in Iran und am Golf direkt anzapfen. Eine Region, die bislang kaum Erdgas exportiert, aber über gewaltige Vorräte verfügt. Zusammen mit den Reserven aus dem kaspischen Becken, liegt dort weit mehr Erdgas als in Russland.
Politisch ist ein solches Projekt heute kaum vorstellbar. Niemand weiß, wie sich die politischen Verhältnisse im Iran entwickeln. Langfristig ist es aber die richtige Strategie, die Energieversorgung dadurch sicherer zum machen, indem man sie auf mehrere Schultern verteilt.
Der Ölpreis dieser Tage erinnert fatal an die Situation Mitte der 70er Jahre. Mehr als verdreifacht hat sich der Preis pro Fass seit 2002. Und berücksichtigt man die Inflation, dann ist Öl zwar noch nicht so teuer wie nach der iranischen Revolution 1979, die Preise haben aber längst die Marke nach dem ersten Ölpreisschock überschritten. Auch wenn die Auswirkungen nicht so drastisch sind, wer Auto fährt oder mit Öl heizt, ächzt heute wie damals unter den hohen Preisen. Und der Wirtschaft wird die neue Energierechnung wohl einige Prozent an Wachstum kosten.
Hier enden allerdings die Parallelen zwischen der Ölkrise 1973 und der Lage heute. Denn anders als vor 30 Jahren hat niemand aus politischen Gründen den Ölhahn zugedreht, noch ist die weltweite Ölproduktion merklich gesunken - trotz der Wirbelstürme im Golf von Mexiko in den vergangen Monaten. Es ist vor allem die rasant gestiegene Nachfrage, die die Preise treibt. Sie kommt vor allem aus Asien. Alleine von 2003 zu 2004 stieg der weltweite Ölverbrauch um 3,6 Prozent - zu schnell um ausreichend Förderanlagen, Tanker und Raffinerien für den neuen Bedarf zu bauen. Und Entspannung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Glaubt man dem jüngsten Bericht der Internationalen Energieagentur in Paris, dann wird die Nachfrage nach Öl und auch nach Erdgas weiter rasant steigen. Faith Birol, Chefökonom bei der IEA.
" Im Weltenergiebericht 2005 schauen wir uns an, wie sich das globale Energiesystem in den kommenden 25 Jahren entwickeln wird. Was wir sehen ist, dass der Öl- und Gasverbrauch bis 2030 stark steigen wird. Der Ölverbrauch wird vor allem durch eine höhere Nachfrage im Transportsektor zunehmen und der Gasverbrauch vor allem bei der Produktion von Elektrizität."
Bis 2030 - so die Prognosen der Energieagentur - wird der weltweite Ölverbrauch um die Hälfte steigen, der Gasverbrauch gar um 75 Prozent. Selbst wenn die Verbraucherländer sich ernsthaft ans Energiesparen machen oder Alternativen wie Wind, Sonne oder Biomasse konsequent fördern. Öl und Erdgas werden mit einem Anteil von über zwei Drittel über die nächsten 25 Jahre den Weltenergiemarkt dominieren.
" Gleichzeitig wird die Binnenproduktion zurückgehen. Wir sehen, dass schon jetzt die Ölproduktion in der Nordsee zurückgeht und auch die Gasproduktion wird sich in den kommenden zehn Jahren reduzieren, so dass die Differenz zwischen heimischer Nachfrage und Produktion mehr und mehr von anderen Ländern getragen werden muss."
Die EU wird im Jahr 2030 statt heute 20 gerade noch 5 Prozent ihres Erdölverbrauchs selbst fördern. Es gibt viele Regionen, in denen heute nach Erdgas und Erdöl gesucht wird. Sei es vor der Küste Brasiliens, wo mittlerweile in einer Tiefe von 2000 Metern nach Öl gebohrt wird, oder die Ölsande in Kanada, die wie Braunkohle im Tagebau gewonnen werden. Die hohen Preise haben rund um die Welt gigantische Investition ausgelöst, nachdem mit Öl und Gas in den 80er und 90er Jahren kaum Geld zu verdienen war. Doch all diese neuen Förderstätten werden allenfalls versiegende Quellen wie die der Nordsee ersetzen. Die wachsende Nachfrage können sie nicht stillen. Enno Harks von der "Stiftung Wissenschaft und Politik" in Berlin:
" Es ist heute schon so, dass außerhalb der Sowjetunion, dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion und des mittleren Ostens Förderung nicht mehr erhöht werden kann."
Russland, Zentralasien, der Kaukasus, der Nahe Osten und bis zu einem gewissen Grad Nordafrika - das sind die Regionen, die noch über genug Reserven verfügen, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Dort lagern über zwei Drittel der wirtschaftlich ausbeutbaren Ölreserven und drei Viertel der weltweiten Gasreserven. Diese Konzentration hat weit reichende Konsequenzen für den Energiemarkt. Denn anders als in den 70er Jahren, als Europa mit der Ölförderung in der Nordsee die Abhängigkeit vom persischen Golf verringern konnte, wird das heute nicht mehr gelingen. Harks:
" Die eigentliche Bruchstelle für Saudi-Arabien ist heutzutage nicht mehr das Problem der 80er. Als der Ölpreis extrem hoch war, haben wir westlichen Nationen es geschafft, Öl aus anderen Weltgegenden herbeizubringen. Heute ist es sehr unwahrscheinlich, dass das noch mal gelingen wird. Das heißt, die Opec befindet sich in dem für sie phantastischen Zustand, dass der hohe Ölpreis ihr keine westliche Konkurrenz bringen wird. Mit der Folge, sie muss nicht unbedingt, wenn sie nicht will, in dem selben Maße ihre Produktion ausweiten, wie wir das gerne hätten."
Die Macht über den Ölpreis fällt also an die Opec und damit an die Staaten am Golf zurück. Diese Länder sind es auch, die gemeinsam mit Russland die immensen Investitionen schultern müssten um die Ölförderung an die steigende Nachfrage anzupassen. Eine gewaltige Summe von 1,5 Billionen US Dollar wäre dazu nach den Schätzungen der IEA alleine in den Golfstaaten nötig. Und es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum das Geld nicht fließen könnte. Noch einmal Faith Birol von der IEA:
" Einige dieser Länder wollen ihre Produktion nicht erhöhen und hätten lieber höhere Preise im Ölmarkt. Einige würden Öl für andere Dinge nutzen. Andere Länder wiederum würden gerne ihre Produktion erhöhen, haben aber keinen Zugang zu Kapital. Und es gibt eine Tendenz in diesen Staaten, dass sie sagen, das Öl ist ihre Nationale Reserve und sie müssen es für die nachfolgenden Generationen bewahren. Das ist natürlich legitim, denn es sind ja alles souveräne Staaten, die tun können was sie wollen."
Die IEA argumentiert zwar, dass sich die Ölstaaten selbst schaden würden, wenn sie nicht ausreichend in Förderanlagen investieren. Denn weniger Förderung bedeutet insgesamt auch weniger Einnahmen, selbst wenn der Preis durch knappes Öl steigt. Doch Geld muss nicht das einzige Motiv sein, das die Ölstaaten davon abhalten könnte, die Welt ausreichend mit Öl zu versorgen. Rudolf Adam von der "Bundesakademie für Sicherheitspolitik".
" Erpresserisch wäre vielleicht eine Übertreibung. Aber ich sehe eine politisch mit bedingte Wahlmöglichkeit der präferierten Lieferbeziehungen. Diese Länder können zunehmend wählen, ob sie nach Europa, ob sie nach Amerika, ob sie nach Indien oder nach China liefern, und sie können ihre Lieferungen mit andern Bedingungen verknüpfen und sich auf diese Weise politische und nicht politische Vorteile verschaffen."
Trotz der zunehmenden Abhängigkeit hat Europa, was die Ölimporte angeht, zumindest gegenüber Amerika und Asien einen Vorteil. Der Ölverbrauch wird voraussichtlich nicht weiter steigen. Bei Erdgas dagegen, dem zweitwichtigsten Energieträger, ist die Entwicklung weit dramatischer. Europas Gasimporte werden sich bis 2030 nahezu verdoppeln, weil die eigene Produktion zurückgeht, vor allem aber weil der Verbrauch dramatisch steigt. Joachim Ziesing vom "Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung" zum Siegeszug des Energieträgers Erdgas:
" Wir haben schon eine relativ große Gassättigung bei den privaten Haushalten und der Industrie. Wo das Gas in Deutschland heute noch eine geringe Rolle spielt, ist im Stromsektor. Das sind es nur 10 Prozent der gesamten Stromerzeugung. Und am gesamten Energieverbrauch haben wir einen Anteil von ungefähr 23 Prozent. Das heißt beim Stromsektor ist noch viel Potential, wenn man will. Und wir haben tatsächlich in den nächsten Jahren die Entscheidungsnotwendigkeiten angesichts der ganz großen Ersatzinvestitionsnotwendigkeiten im Kraftwerkssektor, dass bei diesen Ersatzinvestitionen, ich glaube, das Gas eine ganz große Rolle spielen wird."
In der gesamten EU muss in den kommenden Jahren ein Großteil der Kraftwerksleistung ersetzt werden. Alte Kohlekraftwerke gehen vom Netz und Kernkraftwerke werden vorzeitig abgeschaltet. Noch ist zwar nicht ausgemacht, wie viele der neuen Kraftwerke tatsächlich mit Erdgas betrieben werden. Doch Gas wird schon deshalb zum Zuge kommen, weil es gegenüber der in Deutschland vorherrschenden Kohle einen entscheidenden Vorteil hat. Joachim Ziesing sagt weshalb:
" Das Gas hat von allen fossilen Energieträgern den außerordentlich schönen Vorteil, dass es ein relativ kohlenstoffarmer Energieträger ist. Das heißt, es ist im Gegensatz zu den anderen Energieträgern mit sehr geringen Emissionen verbunden. Insofern ist es unter klimaschutzpolitischen Gesichtspunkten natürlich höchst wünschenswert."
Noch wünschenswerter wäre es freilich, wenn Wind, Sonne und andere erneuerbare Energiequellen die alten Kohle- und Atomkraftwerke ersetzen könnten. Doch dafür geht die Entwicklung nicht schnell genug. Zwar ist in Deutschland in den letzten Jahren der Anteil der Erneuerbaren auf gut ein Prozent des Energieverbrauchs gewachsen. Doch das wird nicht reichen um bis zum noch gültigen Atomausstieg im Jahr 2020 den Strom aus der Kernkraft zu ersetzen. Die Folge: Klimaschutz und Atomausstieg zusammen werden die Importabhängigkeit für Energie drastisch erhöhen.
Wenn Öl und Gas die Energieversorgung der kommenden Jahre dominieren und die Rohstoffe gleichzeitig aus immer weniger Quellen kommen - wie sollen die Verbraucherländer darauf reagieren? Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat das Thema Ressourcenversorgung längst Eingang in sicherheitspolitischen Analysen gefunden. Die Sicherheitsstrategie der EU von 2003 etwa nennt die wachsende Importabhängigkeit bei Energie als eine wesentliche Bedrohung. Und in den ebenfalls 2003 erlassenen verteidigungspolitischen Richtlinien des rot-grünen Verteidigungsministers Peter Struck heißt es unter dem Stichwort "Deutsche Sicherheit: Chancen und Risiken":
Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund ihres hohen Außenhandelsvolumens und der damit verbundenen besonderen Abhängigkeit von empfindlichen Transportwegen und -mitteln zusätzlich verwundbar.
Dazu der Präsident der "Bundesakademie für Sicherheitspolitik", Rudolf Adam:
" Ich habe die Passage damals auch mit großem Interesse notiert, und es hat mich eigentlich gewundert, dass nicht stärker nachgefragt wurde, was damit eigentlich gemeint ist. Ich lege es für mich persönlich so aus, dass er damit schon Szenarien im Auge hat, dass es zu Handelsbarriere kommt und dass das erfordert, dass militärische Kräfte eingesetzt werden, um bestimmte Handelsrouten freizuhalten, um die Sicherheit bestimmter Transportwege zum Beispiel von Pipelines zu sichern, wenn diese zum Beispiel Objekt von terroristischen Anschlägen werden."
Blut für Öl - so direkt werden sich deutsche Soldaten auf absehbare Zeit wohl nicht für die Rohstoffversorgung einsetzen müssen. Indirekt sichert die Bundeswehr allerdings schon längst die Versorgungswege für Öl und Gas. Mit dem Nato-Einsatz "Enduring Freedom" am Horn von Afrika und dem persischen Golf, der vor wenigen Wochen vom Bundestag verlängert wurde, beteiligt sich die Bundeswehr zumindest indirekt an der Sicherung der Rohstoffversorgung - auch wenn es bei diesem Einsatz in erster Linie um die Bekämpfung von Waffenschmuggel geht.
Transportwege für Energie mag man mit Hilfe von Soldaten sichern. Wenn aber Staaten zerfallen oder durch innere Unruhen zerrüttet sind, dann hilft eine Armee nicht unbedingt weiter. Der Irak ist dafür ein augenfälliges Beispiel. Und am Golf gibt es eine Reihe von Staaten, die einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Fast alle Länder leiden unter immensen sozialen Spannungen. Die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt und selbst in Ländern wie Saudi-Arabien gelingt es bei weitem nicht, für alle Arbeit zu schaffen. Auch die politischen Beziehungen sind keineswegs stabil. Rudolf Adam von der "Bundesakademie für Sicherheitspolitik":
" Das ist sicherlich kein einfacher Prozess, aber ich glaube, dass er im Wesentlichen darin besteht, vor allen Dingen die Beziehungen zur nachwachsenden Generation stärker auszubauen. Wir dürfen uns in diesen Ländern nicht auf die alten herrschenden Eliten stützen, sondern wir müssen versuchen, dass wir auch den Kontakt zu den neuen nachwachsenden Gruppierungen finden."
Wie ein solcher Kontakt allerdings zu organisieren ist, ist noch völlig offen. Auch deshalb versuchen Deutschland und die EU die Energieversorgung in Anlehnung an einen anderen Partner zu sichern. Mögen die Staaten am Golf den weltweiten Ölmarkt dominieren. Für Deutschland ist Russland schon längst der wichtigste Lieferant. Ein Drittel seines Öl- und Gasverbrauchs bezieht Deutschland bereits von den Russen, Tendenz steigend. Die jetzt begonnene Erdgaspipeline unter der Ostsee ist Teil dieser strategischen Kooperation. Rainer Seele, Vorstand der BASF-Tochter "Wintershall", die gemeinsam mit Ruhrgas und der russischen Gasprom die Pipeline baut, sieht darin auf jeden Fall einen Beitrag zur Versorgungssicherheit:
" Ich glaube über viele, viele Jahre, über Jahrzehnte, hat sich die Zusammenarbeit zwischen Europa und Russland bewährt. Sie ist geprägt von einer sicheren Erdgasversorgung, und wir haben keinen Anlass, wenn wir zurückblicken, in irgend einer Form daran zu zweifeln, dass auch in der Zukunft dieses Verhältnis eine gute Basis ist für eine sichere Gasversorgung."
Friedemann Müller
" Russland war immer ein verlässlicher Partner, das ist unbestritten. Aber ein Konsument ist auch dann, wenn er mit seinem Supermarkt zufrieden ist, immer interessiert, dass es auch noch Alternativen gibt, damit nämliche dieser Anbieter nicht in ein monopolistisches Gebaren gerät, in dem er seine Marktmacht gegenüber dem Konsumenten ausnutzt."
Dass Russland seine Position als Energiesupermarkt der EU ausnutzt, wie Friedemann Müller von der "Stiftung Wissenschaft und Politik" fürchtet, ist nicht ausgeschlossen. Die Entwicklungen im russischen Energiesektor sind zumindest zweischneidig. Auf der einen Seite ist mit der "Wintershall" zum ersten Mal ein ausländisches Unternehmen an der Erschließung von Gasfeldern in Russland beteiligt. Auf der anderen Seite hat der Kreml mit der Zerschlagung des größten privaten Ölkonzerns "Yokos" gezeigt, dass er ein starkes Interesse daran hat, die entscheidende Industrie des Landes unter Kontrolle zu halten.
Und Russland versucht, potentielle neue Anbieter vom europäischen Markt fernzuhalten. Mit den zentralasiatischen Staaten Turkmenistan, Kasachstan und Usbekistan, die über beträchtliche Gasreserven verfügen, hat der russische Gaskonzern, Gasprom, vor zwei Jahren langfristige Lieferverträge abgeschlossen - zu sehr vorteilhaften Bedingungen: Gasprom kauft das zentralasiatische Gas billig an der Grenze und transportiert es auf eigene Rechnung nach Europa.
Doch wenn Deutschland die Abhängigkeit von den Golfstaaten nicht gegen die von Russland eintauschen will, was sind die Alternativen? Die großen Ölkonzerne bieten zumindest bei Erdgas eine Lösung an. Liquified Natural Gas kurz LNG oder Flüssiggas heißt die Technik, mit der Gas auf minus 160 Grad abgekühlt wird und komprimiert auch per Schiff aus entfernten Produzentenländern zu den Verbrauchermärkten geliefert werden kann.
Auch die schwarz-rote Koalition in Berlin möchte den Bau eines Flüssiggasterminals in Bremerhafen fördern. Würde Flüssiggas tatsächlich große Marktanteile gewinnen, dann könnte das die Verhältnisse auf dem europäischen Gasmarkt gründlich durcheinander bringen. Statt langfristiger Lieferverträge und Preise wie sie heute am Gasmarkt gang und gäbe sind, könnte ein Spotmarkt, wie bei Erdöl, künftig den Gaspreis bestimmen. Ein anderer Weg, dem Gas aus den Russischen Röhren mit anderem Röhrengas Konkurrenz zu machen. Dieser Überzeugung ist zumindest Friedemann Müller, der an der Karte beschreibt, welche Route eine solche Pipeline nehmen sollte:
" So, wenn wir eine Pipeline hätten hier vom südkaspischen Raum und turkmenisches, iranisches, aserbaidschanisches Gas bündeln könnten und durch die ganze Türkei von Ost nach West in die Region Istanbul, die selbst ein großer Nachfragemarkt ist, weiter nach Bulgarien und von dort zum zentraleuropäischen Netz. Wenn wir diese Pipeline bauen könnten, hätten wir verschiedene Ziele gleichzeitig erfüllt. Unter anderem, dass der südosteuropäische Raum an das sehr verästelte zentraleuropäische oder gesamteuropäische Netz angebunden wird. Wir hätten auch den Vorteil, dass die Türkei, die ein wachsender Konsument ist und derzeit fast zu 100 Prozent aus Russland versorgt wird, in Zukunft seine Versorgung diversifizieren kann und aus diesem südkaspischen Raum ebenfalls Erdgas bekommen kann."
Mit einer solchen Pipeline ließen sich die großen Gasvorräte in Iran und am Golf direkt anzapfen. Eine Region, die bislang kaum Erdgas exportiert, aber über gewaltige Vorräte verfügt. Zusammen mit den Reserven aus dem kaspischen Becken, liegt dort weit mehr Erdgas als in Russland.
Politisch ist ein solches Projekt heute kaum vorstellbar. Niemand weiß, wie sich die politischen Verhältnisse im Iran entwickeln. Langfristig ist es aber die richtige Strategie, die Energieversorgung dadurch sicherer zum machen, indem man sie auf mehrere Schultern verteilt.