If you`re going to San Francisco
be sure to wear some flowers in your hair.
If you`re going to San Francisco
you're gonna meet some gentle people there.
Scott McKenzies Song von den Hippies und Blumenkindern in San Francisco hat das Amerika-Bild einer ganzen Generation in Deutschland mitgeprägt. Es ist das Bild eines friedfertigen Amerikas. Ganz anders sieht das Amerika des heutigen neokonservativen US-Publizisten George Kagan aus, nach dessen Vorstellungen besser Waffen zu Amerikanern passen als Blumen. Amerikaner stammten vom Mars ab, Europäer von der Venus, so sein bereits geflügeltes Wort. Werner Peters sympathisiert beileibe nicht mit Kagan, aber eine große Distanz zwischen Europa und USA die sieht auch er.
"Wir müssen Amerika halt eben als eine fremde Kultur anerkennen und sehen. Und das tun wir nicht. Wir glauben, das ist im Grunde genommen ein Stück Europa, ohne eben zur Kenntnis zu nehmen, ohne zu akzeptieren, dass dieses Land 300, 400 Jahre auf dem Buckel hat. Eine völlig andere Geschichte, völlig andere Tradition, mit völlig anderen Dingen sich hat auseinandersetzen müssen als wir das haben. Ich weise darauf hin, dass wir ein Land wie Japan auch in mancher Hinsicht kritisieren, und es kommt uns also sehr, sehr merkwürdig vor. Nichtsdestoweniger akzeptieren wir es zunächst einmal als eine fremde politische Kultur."
Peters wird nicht müde, immer wieder darzulegen, dass die Vereinigten Staaten gerade in Abgrenzung zu Europa gegründet wurden. Die Auswanderer wollten ja im gelobten Land eine Neue Welt erschaffen.
"Natürlich haben die Amerikaner von Anfang an neben den Handelsbeziehungen die geistigen, kulturellen, philosophischen, religiösen Bande nach Europa gepflegt und europäische Bildung und kulturelle Entwicklung importiert, aber dies ist nur ein - sicherlich wichtiger - aber vielleicht eher dünnerer Strang beim Aufbau der amerikanischen Gesellschaftskultur."
Wir glauben also zu oft, die USA zu kennen, aber zu unrecht. Und weil wir fälschlich meinten, die USA seien uns doch ähnlich, sei unser Entsetzen umso größer über das brachiale Vorgehen im Irak, über die Missachtung von Menschenrechten in CIA-Gefängnissen und in Guantanamo, über eine rigide Absage an das Kyoto-Klimaprotokoll.
Dass Amerika ein Land der Blumen und der Waffen sei, gehört zu den oft geschilderten Gegensätzen der Neuen Welt. Werner Peters, Philosoph und seit 40 Jahren immer wieder auf Reisen in den USA, schreibt in seinem Buch "Rätsel Amerika" eine kleine Ideengeschichte des Landes, schildert, wie sehr das Pendel der Bewegungen immer wieder umgeschlagen habe. Vier Grundtypen prägten die USA in ihrem Wesen: der christliche Missionar, der aggressive Landeroberer, der ideenreiche Unternehmer und der zurückhaltende Isolationist.
Sowohl den gegenwärtigen Landeroberer als auch den Missionar sieht Peters in den USA auf dem Rückzug. Nach der nächsten Wahl werde Bushs aggressive Außenpolitik korrigiert. Die christlichen Fundamentalisten würden in ihre Schranken verwiesen.
"Diese derzeitige fundamentalistische Bewegung, die eigentlich angesetzt hat in den späten vierziger Jahren, hat eine Radikalität erreicht, die nach allen Erfahrungen auch irgendwie jetzt umkippen wird. Denn eine Gesellschaft, die so abhängig ist vom Fortschritt wie die amerikanische, die kann sich das nicht leisten, dass ihre Kinder verdummen."
Werner Peters begründet seine Analyse, der christliche Fundamentalismus in den USA habe seinen Höhepunkt überschritten, aus der Geschichte heraus. Immer wieder habe es Wellen religiöser Erregung gegeben. Erste Anzeichen dafür sieht er auch schon - die Wahl von Nicht-Kreationisten in die "School Boards". Man würde gerne mehr davon in seinem Buch lesen. Eher doch ein "Rätsel" Amerikas bleibt, wie ein US-Verteidigungsminister das qualvolle "water boarding" billigen kann, bei dem der Häftling beim Verhör unter Wasser gedrückt wird? Werner Peters beantwortet diese Frage nicht im Detail, das Wort "Guantanamo" taucht in seinem Buch nur ein einziges Mal auf. Zu sehr verliert sich Peters da in historischen Streifzügen. Seine Ideentypologie unmittelbar als Folie auf Irak oder Guantanamo gelegt, das hätte manches deutlicher gemacht.
Das Engagement für ein differenziertes Amerika-Bild ist Peters eine Herzensangelegenheit. Als Amerika-Fan schätzt er das Demokratische und das Bürgerschaftliche an den USA - er selbst hat die Kölner Kommunitaristen gegründet und betreibt ein Künstlerhotel. Die Bush-Administration hält er für "brutal" und "unbändig". In erster Linie verkörpert "Rätsel Amerika" den Versuch, uns den verlorenen Glauben an Amerika zurückzugewinnen.
Denn die Faszination für die USA und insbesondere ihre Popkultur ist in Europa und weltweit geblieben. Popkultur interpretiert Peters als gelebte Demokratie. Essen bei McDonald`s zum Beispiel, das hielten konservative Europäer einfach nur für kulturlos. Aber vom Ansatz her sei McDonald`s demokratisch: einfach, volksnah und ohne Kellner, mit denen man sich auseinandersetzen muss.
"Demokratisierung bedeutet ja im Grunde genommen, dass jeder, die Dummen wie die Intelligenten, die Reichen und die Armen, dass sie die gleiche Stimme und die gleiche Möglichkeit haben, in die Gesellschaft hineinzuwirken und in die Politik - und eben, wie das jetzt im Fall der Popkultur ist, der Mode, im Bereich der Esskultur usw., die gesellschaftliche Kultur zu bestimmen. Wenn man sich zum Prinzip der Demokratie bekennt, dann muss man also auch diese, nennen wir es einfach einmal 'Schattenseiten', dass jeder sozusagen das gleiche Recht hat, anerkennen."
Natürlich werde das auch als US-Kulturimperialismus empfunden. Aber die Modernisierung der Esskultur, die industrielle Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln sei in den USA lediglich am frühesten erreicht worden.
Mancher Gedanke in Werner Peters Buch ist originell und neu, vieles hat man schon zuvor lesen können. "Rätsel Amerika" richtet sich also eher an ein breites Publikum, nicht an die Fachgemeinde. Es ist gut lesbar geschrieben und für den USA-Neuling eine erfrischende Lektüre. Peters' Optimismus muss man nicht immer teilen, aber dass sich nach der Ära Bush unser USA-Bild wieder aufhellen wird, das halten auch andere für durchaus wahrscheinlich.
Friedbert Meurer rezensierte: "Rätsel Amerika" von Werner Peters, erschienen bei Bouvier in Bonn, 289 Seiten zum Preis von 19,90 Euro.
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you're gonna meet some gentle people there.
Scott McKenzies Song von den Hippies und Blumenkindern in San Francisco hat das Amerika-Bild einer ganzen Generation in Deutschland mitgeprägt. Es ist das Bild eines friedfertigen Amerikas. Ganz anders sieht das Amerika des heutigen neokonservativen US-Publizisten George Kagan aus, nach dessen Vorstellungen besser Waffen zu Amerikanern passen als Blumen. Amerikaner stammten vom Mars ab, Europäer von der Venus, so sein bereits geflügeltes Wort. Werner Peters sympathisiert beileibe nicht mit Kagan, aber eine große Distanz zwischen Europa und USA die sieht auch er.
"Wir müssen Amerika halt eben als eine fremde Kultur anerkennen und sehen. Und das tun wir nicht. Wir glauben, das ist im Grunde genommen ein Stück Europa, ohne eben zur Kenntnis zu nehmen, ohne zu akzeptieren, dass dieses Land 300, 400 Jahre auf dem Buckel hat. Eine völlig andere Geschichte, völlig andere Tradition, mit völlig anderen Dingen sich hat auseinandersetzen müssen als wir das haben. Ich weise darauf hin, dass wir ein Land wie Japan auch in mancher Hinsicht kritisieren, und es kommt uns also sehr, sehr merkwürdig vor. Nichtsdestoweniger akzeptieren wir es zunächst einmal als eine fremde politische Kultur."
Peters wird nicht müde, immer wieder darzulegen, dass die Vereinigten Staaten gerade in Abgrenzung zu Europa gegründet wurden. Die Auswanderer wollten ja im gelobten Land eine Neue Welt erschaffen.
"Natürlich haben die Amerikaner von Anfang an neben den Handelsbeziehungen die geistigen, kulturellen, philosophischen, religiösen Bande nach Europa gepflegt und europäische Bildung und kulturelle Entwicklung importiert, aber dies ist nur ein - sicherlich wichtiger - aber vielleicht eher dünnerer Strang beim Aufbau der amerikanischen Gesellschaftskultur."
Wir glauben also zu oft, die USA zu kennen, aber zu unrecht. Und weil wir fälschlich meinten, die USA seien uns doch ähnlich, sei unser Entsetzen umso größer über das brachiale Vorgehen im Irak, über die Missachtung von Menschenrechten in CIA-Gefängnissen und in Guantanamo, über eine rigide Absage an das Kyoto-Klimaprotokoll.
Dass Amerika ein Land der Blumen und der Waffen sei, gehört zu den oft geschilderten Gegensätzen der Neuen Welt. Werner Peters, Philosoph und seit 40 Jahren immer wieder auf Reisen in den USA, schreibt in seinem Buch "Rätsel Amerika" eine kleine Ideengeschichte des Landes, schildert, wie sehr das Pendel der Bewegungen immer wieder umgeschlagen habe. Vier Grundtypen prägten die USA in ihrem Wesen: der christliche Missionar, der aggressive Landeroberer, der ideenreiche Unternehmer und der zurückhaltende Isolationist.
Sowohl den gegenwärtigen Landeroberer als auch den Missionar sieht Peters in den USA auf dem Rückzug. Nach der nächsten Wahl werde Bushs aggressive Außenpolitik korrigiert. Die christlichen Fundamentalisten würden in ihre Schranken verwiesen.
"Diese derzeitige fundamentalistische Bewegung, die eigentlich angesetzt hat in den späten vierziger Jahren, hat eine Radikalität erreicht, die nach allen Erfahrungen auch irgendwie jetzt umkippen wird. Denn eine Gesellschaft, die so abhängig ist vom Fortschritt wie die amerikanische, die kann sich das nicht leisten, dass ihre Kinder verdummen."
Werner Peters begründet seine Analyse, der christliche Fundamentalismus in den USA habe seinen Höhepunkt überschritten, aus der Geschichte heraus. Immer wieder habe es Wellen religiöser Erregung gegeben. Erste Anzeichen dafür sieht er auch schon - die Wahl von Nicht-Kreationisten in die "School Boards". Man würde gerne mehr davon in seinem Buch lesen. Eher doch ein "Rätsel" Amerikas bleibt, wie ein US-Verteidigungsminister das qualvolle "water boarding" billigen kann, bei dem der Häftling beim Verhör unter Wasser gedrückt wird? Werner Peters beantwortet diese Frage nicht im Detail, das Wort "Guantanamo" taucht in seinem Buch nur ein einziges Mal auf. Zu sehr verliert sich Peters da in historischen Streifzügen. Seine Ideentypologie unmittelbar als Folie auf Irak oder Guantanamo gelegt, das hätte manches deutlicher gemacht.
Das Engagement für ein differenziertes Amerika-Bild ist Peters eine Herzensangelegenheit. Als Amerika-Fan schätzt er das Demokratische und das Bürgerschaftliche an den USA - er selbst hat die Kölner Kommunitaristen gegründet und betreibt ein Künstlerhotel. Die Bush-Administration hält er für "brutal" und "unbändig". In erster Linie verkörpert "Rätsel Amerika" den Versuch, uns den verlorenen Glauben an Amerika zurückzugewinnen.
Denn die Faszination für die USA und insbesondere ihre Popkultur ist in Europa und weltweit geblieben. Popkultur interpretiert Peters als gelebte Demokratie. Essen bei McDonald`s zum Beispiel, das hielten konservative Europäer einfach nur für kulturlos. Aber vom Ansatz her sei McDonald`s demokratisch: einfach, volksnah und ohne Kellner, mit denen man sich auseinandersetzen muss.
"Demokratisierung bedeutet ja im Grunde genommen, dass jeder, die Dummen wie die Intelligenten, die Reichen und die Armen, dass sie die gleiche Stimme und die gleiche Möglichkeit haben, in die Gesellschaft hineinzuwirken und in die Politik - und eben, wie das jetzt im Fall der Popkultur ist, der Mode, im Bereich der Esskultur usw., die gesellschaftliche Kultur zu bestimmen. Wenn man sich zum Prinzip der Demokratie bekennt, dann muss man also auch diese, nennen wir es einfach einmal 'Schattenseiten', dass jeder sozusagen das gleiche Recht hat, anerkennen."
Natürlich werde das auch als US-Kulturimperialismus empfunden. Aber die Modernisierung der Esskultur, die industrielle Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln sei in den USA lediglich am frühesten erreicht worden.
Mancher Gedanke in Werner Peters Buch ist originell und neu, vieles hat man schon zuvor lesen können. "Rätsel Amerika" richtet sich also eher an ein breites Publikum, nicht an die Fachgemeinde. Es ist gut lesbar geschrieben und für den USA-Neuling eine erfrischende Lektüre. Peters' Optimismus muss man nicht immer teilen, aber dass sich nach der Ära Bush unser USA-Bild wieder aufhellen wird, das halten auch andere für durchaus wahrscheinlich.
Friedbert Meurer rezensierte: "Rätsel Amerika" von Werner Peters, erschienen bei Bouvier in Bonn, 289 Seiten zum Preis von 19,90 Euro.