Freitagabend, kurz vor sieben. Im Ostertor, einem Stadtviertel von Bremen, wird das Viertelfest eröffnet – an sich ein Publikumsmagnet. Doch Ulrich Krause, Mathematiker an der Uni Bremen, blickt missmutig gen Himmel. Der ist voller Wolken, und gerade hat es angefangen, in Strömen zu regnen. Und es sieht nicht so aus, als würde es gleich aufhören.
"Im Moment sieht es nicht so aus. Aber es sieht auch so aus, als würde es in den nächsten zwei Momenten nicht aufhören."
Galgenhumor eines Wissenschaftlers. Denn das Experiment, das Krause gleich auf dem Stadtfest vorhat, droht ins Wasser zu fallen. Mit den Mitteln der Mathematik will Krause herausfinden, auf welche Weise sich Hunderte von Individuen zu einem Schwarm zusammentun. Wie zum Beispiel gelingt es einem Vogelschwarm, die waghalsigsten Flugmanöver zu vollführen und dennoch die Formation zu halten?
"Das große Rätsel ist: Wie schaffen die es, zusammenzubleiben? Wie koordinieren die sich? Ein Vogel sieht ja nur seine Nachbarvögel. Trotzdem entsteht insgesamt dieses tolle Phänomen."
Nun kennt man dieses Schwarmverhalten nicht nur aus der Tierwelt, bei Zugvögeln, Glühwürmchen oder Heringen. Auch Homo sapiens ist durchaus in der Lage, sich mit seinen Mitwesen zu synchronisieren.
"Die Frage hier am Viertelfest ist: Wie viel Hering steckt im Menschen? Es gibt schon viele bemerkenswerte Schwarmphänomene von Menschen. Wenn zum Beispiel irgendwo eine Panik ausbricht, dann ist es im allgemeinen nicht so, dass jeder für sich das Weite sucht, sondern das Wesen der Panik ist gerade, dass die Menschen versuchen, das im Schwarm zu machen."
Eine Panik will Krause auf dem Fest natürlich nicht auslösen. Um herauszufinden, inwieweit Menschen sich zu einem Schwarm synchronisieren, sollen vor einer Bühne möglichst viele Zuschauer miteinander kommunizieren – und zwar akustisch.
Jeder Zuschauer hat nämlich ein kleines Spielzeug in die Hand gedrückt bekommen: ein Blechinsekt, das laut und vernehmlich knackt, wenn man draufdrückt.
"Das ist dieses Knacken mit Blechinsekten. Schwarm heißt dabei, dass sie plötzlich alle synchron sind – so eine Art Sirren wie bei Zikaden oder Grillen."
Noch aber weiß Krause nicht, ob das Experiment überhaupt stattfinden kann. Nach wie vor regnet es in Strömen. Doch dann werden die Wissenschaftler zur Bühne gerufen – auch wenn sich statt der erwarteten 1000 nur etwa 50 Zuschauer versammelt haben. Der Showmaster, ein gewisser Dr. Balz, selbst ernannter Experte der Knackologie, macht Stimmung.
"Ich hoffe, Ihr habt alle ein Knackinsekt zur Hand. Es klingt auf jeden Fall so. Es geht los! Wir machen drei verschiedene Versuche. Die Regel Nummer eins beim ersten Versuch ist: Wer ein Knackinsekt hat, knacke!"
Mit einem Mikrofon nehmen die Forscher das Knacken auf. Später wollen sie es im Laptop analysieren.
"Regel Nummer zwei – das mache ich einmal vor. Genau zugucken, meine Damen und Herren!"
Dr. Balz knackt, dann macht er eine Sekunde Pause, dann knackt er noch mal.
"Und los!"
Erst knackt es ziemlich durcheinander. Aber dann, nach einer halben Minute, erkennt man tatsächlich einen Takt, einen Rhythmus.
"Einen Durchgang haben wir noch: Und da gibt es eine dritte Regel: Knacke, wenn dein Nachbar knackt!"
Auch hier beginnt es chaotisch, aber nach einiger Zeit ist ein Rhythmus hören. Dann die Analyse: Mathematiker Jan Lorenz schaut sich die Daten auf dem Laptop an.
"Ich bin schon der Meinung, dass eine Synchronisation stattgefunden hat beim letzten Versuch. Unser schnell gestricktes Synchronisationsmaß hat das auch gezeigt."
Nur: Der Computer sagt, das Knacken sei beim mittleren der drei Versuche am rhythmischsten gewesen. Jan Lorenz stutzt. Für ihn war ganz klar der letzte Versuch der beste.
"Da sind wir jetzt am überlegen, woran’s liegt, was an unserem Maß noch nicht perfekt ist. Das werden wir jetzt gleich besprechen."
Das Problem: Der Knack-Versuch mit den Blechinsekten ist kein wirklich aussagekräftiges Laborexperiment unter kontrollierten Bedingungen. Dennoch hofft Lorenz, bei der Datenanalyse auf wertvolle Hinweise zu stoßen, die nützlich sein könnten für künftige Computerexperimente. Eines aber steht für den Mathematiker jetzt schon fest:
"Auf jeden Fall hat’s Spaß gemacht."
"Im Moment sieht es nicht so aus. Aber es sieht auch so aus, als würde es in den nächsten zwei Momenten nicht aufhören."
Galgenhumor eines Wissenschaftlers. Denn das Experiment, das Krause gleich auf dem Stadtfest vorhat, droht ins Wasser zu fallen. Mit den Mitteln der Mathematik will Krause herausfinden, auf welche Weise sich Hunderte von Individuen zu einem Schwarm zusammentun. Wie zum Beispiel gelingt es einem Vogelschwarm, die waghalsigsten Flugmanöver zu vollführen und dennoch die Formation zu halten?
"Das große Rätsel ist: Wie schaffen die es, zusammenzubleiben? Wie koordinieren die sich? Ein Vogel sieht ja nur seine Nachbarvögel. Trotzdem entsteht insgesamt dieses tolle Phänomen."
Nun kennt man dieses Schwarmverhalten nicht nur aus der Tierwelt, bei Zugvögeln, Glühwürmchen oder Heringen. Auch Homo sapiens ist durchaus in der Lage, sich mit seinen Mitwesen zu synchronisieren.
"Die Frage hier am Viertelfest ist: Wie viel Hering steckt im Menschen? Es gibt schon viele bemerkenswerte Schwarmphänomene von Menschen. Wenn zum Beispiel irgendwo eine Panik ausbricht, dann ist es im allgemeinen nicht so, dass jeder für sich das Weite sucht, sondern das Wesen der Panik ist gerade, dass die Menschen versuchen, das im Schwarm zu machen."
Eine Panik will Krause auf dem Fest natürlich nicht auslösen. Um herauszufinden, inwieweit Menschen sich zu einem Schwarm synchronisieren, sollen vor einer Bühne möglichst viele Zuschauer miteinander kommunizieren – und zwar akustisch.
Jeder Zuschauer hat nämlich ein kleines Spielzeug in die Hand gedrückt bekommen: ein Blechinsekt, das laut und vernehmlich knackt, wenn man draufdrückt.
"Das ist dieses Knacken mit Blechinsekten. Schwarm heißt dabei, dass sie plötzlich alle synchron sind – so eine Art Sirren wie bei Zikaden oder Grillen."
Noch aber weiß Krause nicht, ob das Experiment überhaupt stattfinden kann. Nach wie vor regnet es in Strömen. Doch dann werden die Wissenschaftler zur Bühne gerufen – auch wenn sich statt der erwarteten 1000 nur etwa 50 Zuschauer versammelt haben. Der Showmaster, ein gewisser Dr. Balz, selbst ernannter Experte der Knackologie, macht Stimmung.
"Ich hoffe, Ihr habt alle ein Knackinsekt zur Hand. Es klingt auf jeden Fall so. Es geht los! Wir machen drei verschiedene Versuche. Die Regel Nummer eins beim ersten Versuch ist: Wer ein Knackinsekt hat, knacke!"
Mit einem Mikrofon nehmen die Forscher das Knacken auf. Später wollen sie es im Laptop analysieren.
"Regel Nummer zwei – das mache ich einmal vor. Genau zugucken, meine Damen und Herren!"
Dr. Balz knackt, dann macht er eine Sekunde Pause, dann knackt er noch mal.
"Und los!"
Erst knackt es ziemlich durcheinander. Aber dann, nach einer halben Minute, erkennt man tatsächlich einen Takt, einen Rhythmus.
"Einen Durchgang haben wir noch: Und da gibt es eine dritte Regel: Knacke, wenn dein Nachbar knackt!"
Auch hier beginnt es chaotisch, aber nach einiger Zeit ist ein Rhythmus hören. Dann die Analyse: Mathematiker Jan Lorenz schaut sich die Daten auf dem Laptop an.
"Ich bin schon der Meinung, dass eine Synchronisation stattgefunden hat beim letzten Versuch. Unser schnell gestricktes Synchronisationsmaß hat das auch gezeigt."
Nur: Der Computer sagt, das Knacken sei beim mittleren der drei Versuche am rhythmischsten gewesen. Jan Lorenz stutzt. Für ihn war ganz klar der letzte Versuch der beste.
"Da sind wir jetzt am überlegen, woran’s liegt, was an unserem Maß noch nicht perfekt ist. Das werden wir jetzt gleich besprechen."
Das Problem: Der Knack-Versuch mit den Blechinsekten ist kein wirklich aussagekräftiges Laborexperiment unter kontrollierten Bedingungen. Dennoch hofft Lorenz, bei der Datenanalyse auf wertvolle Hinweise zu stoßen, die nützlich sein könnten für künftige Computerexperimente. Eines aber steht für den Mathematiker jetzt schon fest:
"Auf jeden Fall hat’s Spaß gemacht."